Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XVIII. Diebstahl u. Unterschlagung.
bedingen, nicht vollständig bezeichnet worden seien; die Ausdrücke des Gesetzbuchs "verwahren, verwalten" u. s. w. paßten nicht auf die Ver- arbeitung gelieferter Stoffe zu einem neuen Werke, es müsse daher noch hinzugefügt werden, "zu verarbeiten". Die Kommission war aber mit Recht der Ansicht, daß der Fall der Spezifikation zur Genüge durch die Worte "zurückzugeben oder abzuliefern" bezeichnet sei, und daß es daher keines Zusatzes bedürfe. x)
III. Der Unterschlagung anvertrauter Sachen wird es gleichgeach- tet, wenn jemand, der eine fremde Sache gefunden oder durch Zufall, z. B. durch eine unrichtige Ablieferung, in seine Gewahrsam bekommen hat, zum Nachtheile des Berechtigten darüber verfügt (§. 226.). Die gesetzlichen Bestimmungen sind hier dieselben wie bei der eigentlichen Un- terschlagung, während der Entwurf von 1847. eine nicht unwesentliche Abweichung enthielt, indem er verfügte:
§. 273. "Einer Unterschlagung wird es gleichgeachtet, wenn der- jenige, welcher eine Sache gefunden oder durch bloßen Zufall in seine Gewahrsam bekommen hat, dieselbe dem Eigenthümer zu entziehen sucht, indem er sie veräußert, verpfändet, verbraucht oder auf andere Weise sich oder Anderen zueignet, oder die Gewahrsam der Sache der Obrigkeit wider besseres Wissen abläugnet."
Gegen die Worte, "dem Eigenthümer zu entziehen sucht", wurden aber bereits in dem vereinigten ständischen Ausschuß gegründete Bedenken er- hoben, und sie konnten auch um so weniger beibehalten werden, weil in denselben der Thatbestand des Vergehens und der Versuch in unkla- rer Weise vermischt werden. -- Aber auch in dieser Fassung wurde die Bestimmung in der Kommission der zweiten Kammer angefochten, indem besonders hervorgehoben wurde, daß die Unterschlagung den Mißbrauch des Vertrauens in sich schließe, was bei der Verfügung über gefundene Sachen nicht der Fall sei. Die Kommission hielt jedoch so wenig wie früher der Staatsrath diesen Einwand für begründet, und stellte viel- mehr die im Entwurf von 1850. weggebliebene Bestimmung wieder her, daß es der verbotenen Verfügung über die Sache gleich gelten solle, wenn die Gewahrsam derselben der Obrigkeit wider besseres Wissen ab- geleugnet werde. y) Die Kommission der ersten Kammer trat diesem Be- schlusse bei und fand auch die Bemerkung, daß es doch ausgedrückt werden müsse, daß der Finder die Sache für eine verlorene und nicht für eine herrenlose gehalten habe, nicht begründet, weil die allgemeinen Grund- sätze über den Dolus auch bei diesem Vergehen ihre Geltung behielten. z)
x)Bericht der Kommission der ersten Kammer zu §. 225.
y)Bericht der Kommission der zweiten Kammer zu §. 209. (226.)
z)Bericht der Kommission der ersten Kammer zu §. 226.
Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVIII. Diebſtahl u. Unterſchlagung.
bedingen, nicht vollſtändig bezeichnet worden ſeien; die Ausdrücke des Geſetzbuchs „verwahren, verwalten“ u. ſ. w. paßten nicht auf die Ver- arbeitung gelieferter Stoffe zu einem neuen Werke, es müſſe daher noch hinzugefügt werden, „zu verarbeiten“. Die Kommiſſion war aber mit Recht der Anſicht, daß der Fall der Spezifikation zur Genüge durch die Worte „zurückzugeben oder abzuliefern“ bezeichnet ſei, und daß es daher keines Zuſatzes bedürfe. x)
III. Der Unterſchlagung anvertrauter Sachen wird es gleichgeach- tet, wenn jemand, der eine fremde Sache gefunden oder durch Zufall, z. B. durch eine unrichtige Ablieferung, in ſeine Gewahrſam bekommen hat, zum Nachtheile des Berechtigten darüber verfügt (§. 226.). Die geſetzlichen Beſtimmungen ſind hier dieſelben wie bei der eigentlichen Un- terſchlagung, während der Entwurf von 1847. eine nicht unweſentliche Abweichung enthielt, indem er verfügte:
§. 273. „Einer Unterſchlagung wird es gleichgeachtet, wenn der- jenige, welcher eine Sache gefunden oder durch bloßen Zufall in ſeine Gewahrſam bekommen hat, dieſelbe dem Eigenthümer zu entziehen ſucht, indem er ſie veräußert, verpfändet, verbraucht oder auf andere Weiſe ſich oder Anderen zueignet, oder die Gewahrſam der Sache der Obrigkeit wider beſſeres Wiſſen abläugnet.“
Gegen die Worte, „dem Eigenthümer zu entziehen ſucht“, wurden aber bereits in dem vereinigten ſtändiſchen Ausſchuß gegründete Bedenken er- hoben, und ſie konnten auch um ſo weniger beibehalten werden, weil in denſelben der Thatbeſtand des Vergehens und der Verſuch in unkla- rer Weiſe vermiſcht werden. — Aber auch in dieſer Faſſung wurde die Beſtimmung in der Kommiſſion der zweiten Kammer angefochten, indem beſonders hervorgehoben wurde, daß die Unterſchlagung den Mißbrauch des Vertrauens in ſich ſchließe, was bei der Verfügung über gefundene Sachen nicht der Fall ſei. Die Kommiſſion hielt jedoch ſo wenig wie früher der Staatsrath dieſen Einwand für begründet, und ſtellte viel- mehr die im Entwurf von 1850. weggebliebene Beſtimmung wieder her, daß es der verbotenen Verfügung über die Sache gleich gelten ſolle, wenn die Gewahrſam derſelben der Obrigkeit wider beſſeres Wiſſen ab- geleugnet werde. y) Die Kommiſſion der erſten Kammer trat dieſem Be- ſchluſſe bei und fand auch die Bemerkung, daß es doch ausgedrückt werden müſſe, daß der Finder die Sache für eine verlorene und nicht für eine herrenloſe gehalten habe, nicht begründet, weil die allgemeinen Grund- ſätze über den Dolus auch bei dieſem Vergehen ihre Geltung behielten. z)
x)Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 225.
y)Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 209. (226.)
z)Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 226.
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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVIII. Diebſtahl u. Unterſchlagung.
bedingen, nicht vollſtändig bezeichnet worden ſeien; die Ausdrücke des
Geſetzbuchs „verwahren, verwalten“ u. ſ. w. paßten nicht auf die Ver-
arbeitung gelieferter Stoffe zu einem neuen Werke, es müſſe daher noch
hinzugefügt werden, „zu verarbeiten“. Die Kommiſſion war aber mit
Recht der Anſicht, daß der Fall der Spezifikation zur Genüge durch die
Worte „zurückzugeben oder abzuliefern“ bezeichnet ſei, und daß es daher
keines Zuſatzes bedürfe. x)
III. Der Unterſchlagung anvertrauter Sachen wird es gleichgeach-
tet, wenn jemand, der eine fremde Sache gefunden oder durch Zufall,
z. B. durch eine unrichtige Ablieferung, in ſeine Gewahrſam bekommen
hat, zum Nachtheile des Berechtigten darüber verfügt (§. 226.). Die
geſetzlichen Beſtimmungen ſind hier dieſelben wie bei der eigentlichen Un-
terſchlagung, während der Entwurf von 1847. eine nicht unweſentliche
Abweichung enthielt, indem er verfügte:
§. 273. „Einer Unterſchlagung wird es gleichgeachtet, wenn der-
jenige, welcher eine Sache gefunden oder durch bloßen Zufall in ſeine
Gewahrſam bekommen hat, dieſelbe dem Eigenthümer zu entziehen ſucht,
indem er ſie veräußert, verpfändet, verbraucht oder auf andere Weiſe ſich
oder Anderen zueignet, oder die Gewahrſam der Sache der Obrigkeit
wider beſſeres Wiſſen abläugnet.“
Gegen die Worte, „dem Eigenthümer zu entziehen ſucht“, wurden aber
bereits in dem vereinigten ſtändiſchen Ausſchuß gegründete Bedenken er-
hoben, und ſie konnten auch um ſo weniger beibehalten werden, weil
in denſelben der Thatbeſtand des Vergehens und der Verſuch in unkla-
rer Weiſe vermiſcht werden. — Aber auch in dieſer Faſſung wurde die
Beſtimmung in der Kommiſſion der zweiten Kammer angefochten, indem
beſonders hervorgehoben wurde, daß die Unterſchlagung den Mißbrauch
des Vertrauens in ſich ſchließe, was bei der Verfügung über gefundene
Sachen nicht der Fall ſei. Die Kommiſſion hielt jedoch ſo wenig wie
früher der Staatsrath dieſen Einwand für begründet, und ſtellte viel-
mehr die im Entwurf von 1850. weggebliebene Beſtimmung wieder her,
daß es der verbotenen Verfügung über die Sache gleich gelten ſolle,
wenn die Gewahrſam derſelben der Obrigkeit wider beſſeres Wiſſen ab-
geleugnet werde. y) Die Kommiſſion der erſten Kammer trat dieſem Be-
ſchluſſe bei und fand auch die Bemerkung, daß es doch ausgedrückt
werden müſſe, daß der Finder die Sache für eine verlorene und nicht für
eine herrenloſe gehalten habe, nicht begründet, weil die allgemeinen Grund-
ſätze über den Dolus auch bei dieſem Vergehen ihre Geltung behielten. z)
x) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 225.
y) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 209. (226.)
z) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 226.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/442>, abgerufen am 23.07.2024.
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