Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XVIII. Diebstahl u. Unterschlagung.
die in §. 59. aufgestellten, welche nicht wie die des §. 60. an diesem Orte wiederholt sind.
§. 225.
Wer eine fremde bewegliche Sache, deren Besitz oder Gewahrsam er mit der Verpflichtung erlangt hat, sie zu verwahren, zu verwalten, zurückzugeben oder abzuliefern, zum Nachtheile des Eigenthümers, Besitzers oder Inhabers veräußert, verpfändet, verbraucht oder bei Seite schafft, macht sich einer Un- terschlagung schuldig.
§. 226.
Einer Unterschlagung wird es gleich geachtet, wenn derjenige, welcher eine fremde bewegliche Sache gefunden oder durch Zufall in seine Gewahrsam be- kommen hat, dieselbe zum Nachtheile des Eigenthümers, Besitzers oder Inha- bers veräußert, verpfändet, verbraucht oder bei Seite schafft, oder die Gewahr- sam derselben der Obrigkeit wider besseres Wissen ableugnet.
§. 227.
Die Unterschlagung, sowie der Versuch der Unterschlagung wird mit Ge- fängniß nicht unter Einem Monate und mit zeitiger Untersagung der Aus- übung der bürgerlichen Ehrenrechte bestraft.
Wird festgestellt, daß mildernde Umstände vorhanden sind, so kann die Strafe bis auf Einen Tag Gefängniß ermäßigt werden.
Ueber die Unterschlagung verfügte der Entwurf von 1836.
§. 594. "Wer eine fremde bewegliche Sache, die er in der Gewahrsam hat, in der Absicht, sich oder Andern einen Gewinn zu verschaffen, widerrechtlich sich zueignet, ist der Unterschlagung schuldig."
Bei Prüfung dieser Bestimmung kam es in der Staatsraths-Kom- mission vor Allem zur Frage, ob jede rechtswidrige Zueignung einer fremden beweglichen, in der Gewahrsam bereits befindlichen Sache un- ter den Begriff der Unterschlagung gestellt oder dieselbe auf die wider- rechtliche Zueignung anvertrauter Sachen, d. h. solcher, welche der In- haber auf den Grund eines die Rückgabe bedingenden Rechtsverhältnisses in Besitz oder Gewahrsam erhalten hat, beschränkt werden solle. Bei der Abfassung des revidirten Entwurfs habe man sich für die erstere Alternative entschieden, indem zur Rechtfertigung dieser Ansicht in den Motiven (S. 315.) angeführt worden sei, daß das Strafbare schon in der widerrechtlichen Zueignung liege, ohne Rücksicht darauf, ob die Sache eine anvertraute sei oder nicht. Von gleichen Grundsätzen seien die Strafgesetzbücher von Sachsen (Art. 242.) und Braunschweig (§. 220.) ausgegangen. Dagegen seien in den Gesetzbüchern von Hannover (Art. 304.) und Hessen (Art. 379.) die entgegengesetzten Principien
Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVIII. Diebſtahl u. Unterſchlagung.
die in §. 59. aufgeſtellten, welche nicht wie die des §. 60. an dieſem Orte wiederholt ſind.
§. 225.
Wer eine fremde bewegliche Sache, deren Beſitz oder Gewahrſam er mit der Verpflichtung erlangt hat, ſie zu verwahren, zu verwalten, zurückzugeben oder abzuliefern, zum Nachtheile des Eigenthümers, Beſitzers oder Inhabers veräußert, verpfändet, verbraucht oder bei Seite ſchafft, macht ſich einer Un- terſchlagung ſchuldig.
§. 226.
Einer Unterſchlagung wird es gleich geachtet, wenn derjenige, welcher eine fremde bewegliche Sache gefunden oder durch Zufall in ſeine Gewahrſam be- kommen hat, dieſelbe zum Nachtheile des Eigenthümers, Beſitzers oder Inha- bers veräußert, verpfändet, verbraucht oder bei Seite ſchafft, oder die Gewahr- ſam derſelben der Obrigkeit wider beſſeres Wiſſen ableugnet.
§. 227.
Die Unterſchlagung, ſowie der Verſuch der Unterſchlagung wird mit Ge- fängniß nicht unter Einem Monate und mit zeitiger Unterſagung der Aus- übung der bürgerlichen Ehrenrechte beſtraft.
Wird feſtgeſtellt, daß mildernde Umſtände vorhanden ſind, ſo kann die Strafe bis auf Einen Tag Gefängniß ermäßigt werden.
Ueber die Unterſchlagung verfügte der Entwurf von 1836.
§. 594. „Wer eine fremde bewegliche Sache, die er in der Gewahrſam hat, in der Abſicht, ſich oder Andern einen Gewinn zu verſchaffen, widerrechtlich ſich zueignet, iſt der Unterſchlagung ſchuldig.“
Bei Prüfung dieſer Beſtimmung kam es in der Staatsraths-Kom- miſſion vor Allem zur Frage, ob jede rechtswidrige Zueignung einer fremden beweglichen, in der Gewahrſam bereits befindlichen Sache un- ter den Begriff der Unterſchlagung geſtellt oder dieſelbe auf die wider- rechtliche Zueignung anvertrauter Sachen, d. h. ſolcher, welche der In- haber auf den Grund eines die Rückgabe bedingenden Rechtsverhältniſſes in Beſitz oder Gewahrſam erhalten hat, beſchränkt werden ſolle. Bei der Abfaſſung des revidirten Entwurfs habe man ſich für die erſtere Alternative entſchieden, indem zur Rechtfertigung dieſer Anſicht in den Motiven (S. 315.) angeführt worden ſei, daß das Strafbare ſchon in der widerrechtlichen Zueignung liege, ohne Rückſicht darauf, ob die Sache eine anvertraute ſei oder nicht. Von gleichen Grundſätzen ſeien die Strafgeſetzbücher von Sachſen (Art. 242.) und Braunſchweig (§. 220.) ausgegangen. Dagegen ſeien in den Geſetzbüchern von Hannover (Art. 304.) und Heſſen (Art. 379.) die entgegengeſetzten Principien
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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVIII. Diebſtahl u. Unterſchlagung.
die in §. 59. aufgeſtellten, welche nicht wie die des §. 60. an dieſem
Orte wiederholt ſind.
§. 225.
Wer eine fremde bewegliche Sache, deren Beſitz oder Gewahrſam er mit
der Verpflichtung erlangt hat, ſie zu verwahren, zu verwalten, zurückzugeben
oder abzuliefern, zum Nachtheile des Eigenthümers, Beſitzers oder Inhabers
veräußert, verpfändet, verbraucht oder bei Seite ſchafft, macht ſich einer Un-
terſchlagung ſchuldig.
§. 226.
Einer Unterſchlagung wird es gleich geachtet, wenn derjenige, welcher eine
fremde bewegliche Sache gefunden oder durch Zufall in ſeine Gewahrſam be-
kommen hat, dieſelbe zum Nachtheile des Eigenthümers, Beſitzers oder Inha-
bers veräußert, verpfändet, verbraucht oder bei Seite ſchafft, oder die Gewahr-
ſam derſelben der Obrigkeit wider beſſeres Wiſſen ableugnet.
§. 227.
Die Unterſchlagung, ſowie der Verſuch der Unterſchlagung wird mit Ge-
fängniß nicht unter Einem Monate und mit zeitiger Unterſagung der Aus-
übung der bürgerlichen Ehrenrechte beſtraft.
Wird feſtgeſtellt, daß mildernde Umſtände vorhanden ſind, ſo kann die
Strafe bis auf Einen Tag Gefängniß ermäßigt werden.
Ueber die Unterſchlagung verfügte der Entwurf von 1836.
§. 594. „Wer eine fremde bewegliche Sache, die er in der
Gewahrſam hat, in der Abſicht, ſich oder Andern einen Gewinn
zu verſchaffen, widerrechtlich ſich zueignet, iſt der Unterſchlagung
ſchuldig.“
Bei Prüfung dieſer Beſtimmung kam es in der Staatsraths-Kom-
miſſion vor Allem zur Frage, ob jede rechtswidrige Zueignung einer
fremden beweglichen, in der Gewahrſam bereits befindlichen Sache un-
ter den Begriff der Unterſchlagung geſtellt oder dieſelbe auf die wider-
rechtliche Zueignung anvertrauter Sachen, d. h. ſolcher, welche der In-
haber auf den Grund eines die Rückgabe bedingenden Rechtsverhältniſſes
in Beſitz oder Gewahrſam erhalten hat, beſchränkt werden ſolle. Bei
der Abfaſſung des revidirten Entwurfs habe man ſich für die erſtere
Alternative entſchieden, indem zur Rechtfertigung dieſer Anſicht in den
Motiven (S. 315.) angeführt worden ſei, daß das Strafbare ſchon in
der widerrechtlichen Zueignung liege, ohne Rückſicht darauf, ob die
Sache eine anvertraute ſei oder nicht. Von gleichen Grundſätzen ſeien
die Strafgeſetzbücher von Sachſen (Art. 242.) und Braunſchweig (§. 220.)
ausgegangen. Dagegen ſeien in den Geſetzbüchern von Hannover
(Art. 304.) und Heſſen (Art. 379.) die entgegengeſetzten Principien
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/438>, abgerufen am 22.12.2024.
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