Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

§§. 218-224. Schwerer Diebstahl; Rückfall.
werden aber bei der Normirung der Rückfallsstrafen wegen Diebstahls
die allgemeinen Grundsätze insoweit maaßgebend sein, als nicht be-
stimmte Ausnahmen von denselben ausdrücklich vorgeschrieben worden
sind. m)

I. Für den ersten Rückfall, also den zweiten Diebstahl kommen
die allgemeinen Vorschriften des §. 58. zur Anwendung.

II. Haben weitere Rückfälle stattgefunden, so hat die Zahl dersel-
ben nur auf die Strafzumessung Einfluß; die gesetzliche Strafe für den
dritten und vierten Diebstahl u. s. w. ist daher die nämliche. n)

III. Von der Bestimmung, daß die Rückfallsstrafe nur dann ein-
tritt, wenn dasselbe Verbrechen oder Vergehen wiederholt begangen
worden (§. 58.), findet eine Ausnahme statt, wenn der Thäter bereits
zweimal oder mehrere Male rechtskräftig durch einen Preußischen Ge-
richtshof wegen Diebstahls oder Raubes verurtheilt worden ist. Beide
Delikte werden also, insofern es sich um die Bestrafung des dritten und
weiteren Diebstahls handelt, als gleiche betrachtet; über den Raub vgl.
§. 233. Nr. 1.

IV. Ist der Diebstahl, durch welchen die Strafe des wiederholten
Rückfalls verwirkt wird, ein einfacher (§§. 216. und 217.), so tritt
Zuchthaus von zwei bis zu funfzehn Jahren, ist er ein schwerer im
Sinne des §. 218., so tritt Zuchthaus von fünf bis zu zwanzig Jah-
ren ein; in beiden Fällen soll auch auf Stellung unter Polizei-Aufsicht
erkannt werden. Die lebenslängliche Zuchthausstrafe, welche noch der
Entwurf von 1843. §. 415. beim dritten Rückfall zuließ, ist in Folge
der dagegen erhobenen Bedenken auf den Vorschlag des Ministeriums
für die Gesetz-Revision in der angegebenen Weise ermäßigt worden: sie
wurde unverhältnißmäßig hart gefunden; kein neueres Strafgesetzbuch
habe sie für diesen Fall vorgeschrieben. o)

V. Von welcher Beschaffenheit die früheren bereits abgeurtheilten
Diebstähle waren, kommt bei der Bestrafung des wiederholten Rückfalls
nicht in Betracht; es genügt, daß überhaupt wegen Diebstahls oder Rau-
bes bereits zweimal oder mehrere Male ein rechtskräftiges Erkenntniß
ergangen ist.

VI. Im Uebrigen finden auch bei der Bestrafung des wiederhol-
ten Rückfalls die allgemeinen Grundsätze Anwendung, namentlich auch

m) Vgl. Berathungs-Protokolle a. a. O. S. 363. -- Protokolle
des Staatsraths
, Sitzung vom 13. April 1842. -- Revision von 1845. III.
S. 15. -- Verhandlungen der Staatsraths-Kommission von 1846.
S. 149.
n) Da die lebenslängliche Zuchthausstrafe beim vierten Diebstahl aufgehoben ist,
so kann nun allerdings ein fünfter Diebstahl u. s. w. vorkommen.
o) Revision a. a. O. S. 16.
28*

§§. 218-224. Schwerer Diebſtahl; Rückfall.
werden aber bei der Normirung der Rückfallsſtrafen wegen Diebſtahls
die allgemeinen Grundſätze inſoweit maaßgebend ſein, als nicht be-
ſtimmte Ausnahmen von denſelben ausdrücklich vorgeſchrieben worden
ſind. m)

I. Für den erſten Rückfall, alſo den zweiten Diebſtahl kommen
die allgemeinen Vorſchriften des §. 58. zur Anwendung.

II. Haben weitere Rückfälle ſtattgefunden, ſo hat die Zahl derſel-
ben nur auf die Strafzumeſſung Einfluß; die geſetzliche Strafe für den
dritten und vierten Diebſtahl u. ſ. w. iſt daher die nämliche. n)

III. Von der Beſtimmung, daß die Rückfallsſtrafe nur dann ein-
tritt, wenn daſſelbe Verbrechen oder Vergehen wiederholt begangen
worden (§. 58.), findet eine Ausnahme ſtatt, wenn der Thäter bereits
zweimal oder mehrere Male rechtskräftig durch einen Preußiſchen Ge-
richtshof wegen Diebſtahls oder Raubes verurtheilt worden iſt. Beide
Delikte werden alſo, inſofern es ſich um die Beſtrafung des dritten und
weiteren Diebſtahls handelt, als gleiche betrachtet; über den Raub vgl.
§. 233. Nr. 1.

IV. Iſt der Diebſtahl, durch welchen die Strafe des wiederholten
Rückfalls verwirkt wird, ein einfacher (§§. 216. und 217.), ſo tritt
Zuchthaus von zwei bis zu funfzehn Jahren, iſt er ein ſchwerer im
Sinne des §. 218., ſo tritt Zuchthaus von fünf bis zu zwanzig Jah-
ren ein; in beiden Fällen ſoll auch auf Stellung unter Polizei-Aufſicht
erkannt werden. Die lebenslängliche Zuchthausſtrafe, welche noch der
Entwurf von 1843. §. 415. beim dritten Rückfall zuließ, iſt in Folge
der dagegen erhobenen Bedenken auf den Vorſchlag des Miniſteriums
für die Geſetz-Reviſion in der angegebenen Weiſe ermäßigt worden: ſie
wurde unverhältnißmäßig hart gefunden; kein neueres Strafgeſetzbuch
habe ſie für dieſen Fall vorgeſchrieben. o)

V. Von welcher Beſchaffenheit die früheren bereits abgeurtheilten
Diebſtähle waren, kommt bei der Beſtrafung des wiederholten Rückfalls
nicht in Betracht; es genügt, daß überhaupt wegen Diebſtahls oder Rau-
bes bereits zweimal oder mehrere Male ein rechtskräftiges Erkenntniß
ergangen iſt.

VI. Im Uebrigen finden auch bei der Beſtrafung des wiederhol-
ten Rückfalls die allgemeinen Grundſätze Anwendung, namentlich auch

m) Vgl. Berathungs-Protokolle a. a. O. S. 363. — Protokolle
des Staatsraths
, Sitzung vom 13. April 1842. — Reviſion von 1845. III.
S. 15. — Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von 1846.
S. 149.
n) Da die lebenslängliche Zuchthausſtrafe beim vierten Diebſtahl aufgehoben iſt,
ſo kann nun allerdings ein fünfter Diebſtahl u. ſ. w. vorkommen.
o) Reviſion a. a. O. S. 16.
28*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0437" n="427"/><fw place="top" type="header">§§. 218-224. Schwerer Dieb&#x017F;tahl;          Rückfall.</fw><lb/>
werden aber bei der Normirung der Rückfalls&#x017F;trafen wegen          Dieb&#x017F;tahls<lb/>
die allgemeinen Grund&#x017F;ätze in&#x017F;oweit          maaßgebend &#x017F;ein, als nicht be-<lb/>
&#x017F;timmte Ausnahmen von          den&#x017F;elben ausdrücklich vorge&#x017F;chrieben worden<lb/>
&#x017F;ind.           <note place="foot" n="m)">Vgl. <hi rendition="#g">Berathungs-Protokolle</hi> a. a. O. S.           363. &#x2014; <hi rendition="#g">Protokolle<lb/>
des Staatsraths</hi>, Sitzung vom 13.           April 1842. &#x2014; <hi rendition="#g">Revi&#x017F;ion von</hi> 1845. III.<lb/>
S. 15. &#x2014; <hi rendition="#g">Verhandlungen der            Staatsraths-Kommi&#x017F;&#x017F;ion von</hi> 1846.<lb/>
S. 149.</note>         </p><lb/>
                <p>I. Für den er&#x017F;ten Rückfall, al&#x017F;o den zweiten Dieb&#x017F;tahl          kommen<lb/>
die allgemeinen Vor&#x017F;chriften des §. 58. zur Anwendung.</p><lb/>
                <p>II. Haben weitere Rückfälle &#x017F;tattgefunden, &#x017F;o hat die Zahl          der&#x017F;el-<lb/>
ben nur auf die Strafzume&#x017F;&#x017F;ung Einfluß; die          ge&#x017F;etzliche Strafe für den<lb/>
dritten und vierten Dieb&#x017F;tahl u.          &#x017F;. w. i&#x017F;t daher die nämliche. <note place="foot" n="n)">Da die           lebenslängliche Zuchthaus&#x017F;trafe beim vierten Dieb&#x017F;tahl aufgehoben           i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;o kann nun allerdings ein fünfter Dieb&#x017F;tahl u.           &#x017F;. w. vorkommen.</note>         </p><lb/>
                <p>III. Von der Be&#x017F;timmung, daß die Rückfalls&#x017F;trafe nur dann          ein-<lb/>
tritt, wenn <hi rendition="#g">da&#x017F;&#x017F;elbe</hi> Verbrechen oder          Vergehen wiederholt begangen<lb/>
worden (§. 58.), findet eine Ausnahme &#x017F;tatt,          wenn der Thäter bereits<lb/>
zweimal oder mehrere Male rechtskräftig durch einen          Preußi&#x017F;chen Ge-<lb/>
richtshof wegen Dieb&#x017F;tahls <hi rendition="#g">oder Raubes</hi> verurtheilt worden i&#x017F;t. Beide<lb/>
Delikte werden          al&#x017F;o, in&#x017F;ofern es &#x017F;ich um die Be&#x017F;trafung des          dritten und<lb/>
weiteren Dieb&#x017F;tahls handelt, als gleiche betrachtet; über den          Raub vgl.<lb/>
§. 233. Nr. 1.</p><lb/>
                <p>IV. I&#x017F;t der Dieb&#x017F;tahl, durch welchen die Strafe des          wiederholten<lb/>
Rückfalls verwirkt wird, ein einfacher (§§. 216. und 217.), &#x017F;o          tritt<lb/>
Zuchthaus von zwei bis zu funfzehn Jahren, i&#x017F;t er ein          &#x017F;chwerer im<lb/>
Sinne des §. 218., &#x017F;o tritt Zuchthaus von fünf bis zu          zwanzig Jah-<lb/>
ren ein; in beiden Fällen &#x017F;oll auch auf Stellung unter          Polizei-Auf&#x017F;icht<lb/>
erkannt werden. Die lebenslängliche          Zuchthaus&#x017F;trafe, welche noch der<lb/>
Entwurf von 1843. §. 415. beim dritten          Rückfall zuließ, i&#x017F;t in Folge<lb/>
der dagegen erhobenen Bedenken auf den          Vor&#x017F;chlag des Mini&#x017F;teriums<lb/>
für die          Ge&#x017F;etz-Revi&#x017F;ion in der angegebenen Wei&#x017F;e ermäßigt worden:          &#x017F;ie<lb/>
wurde unverhältnißmäßig hart gefunden; kein neueres          Strafge&#x017F;etzbuch<lb/>
habe &#x017F;ie für die&#x017F;en Fall          vorge&#x017F;chrieben. <note place="foot" n="o)"><hi rendition="#g">Revi&#x017F;ion</hi> a. a. O. S. 16.</note>         </p><lb/>
                <p>V. Von welcher Be&#x017F;chaffenheit die früheren bereits          abgeurtheilten<lb/>
Dieb&#x017F;tähle waren, kommt bei der Be&#x017F;trafung des          wiederholten Rückfalls<lb/>
nicht in Betracht; es genügt, daß überhaupt wegen          Dieb&#x017F;tahls oder Rau-<lb/>
bes bereits zweimal oder mehrere Male ein          rechtskräftiges Erkenntniß<lb/>
ergangen i&#x017F;t.</p><lb/>
                <p>VI. Im Uebrigen finden auch bei der Be&#x017F;trafung des wiederhol-<lb/>
ten          Rückfalls die allgemeinen Grund&#x017F;ätze Anwendung, namentlich auch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">28*</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[427/0437] §§. 218-224. Schwerer Diebſtahl; Rückfall. werden aber bei der Normirung der Rückfallsſtrafen wegen Diebſtahls die allgemeinen Grundſätze inſoweit maaßgebend ſein, als nicht be- ſtimmte Ausnahmen von denſelben ausdrücklich vorgeſchrieben worden ſind. m) I. Für den erſten Rückfall, alſo den zweiten Diebſtahl kommen die allgemeinen Vorſchriften des §. 58. zur Anwendung. II. Haben weitere Rückfälle ſtattgefunden, ſo hat die Zahl derſel- ben nur auf die Strafzumeſſung Einfluß; die geſetzliche Strafe für den dritten und vierten Diebſtahl u. ſ. w. iſt daher die nämliche. n) III. Von der Beſtimmung, daß die Rückfallsſtrafe nur dann ein- tritt, wenn daſſelbe Verbrechen oder Vergehen wiederholt begangen worden (§. 58.), findet eine Ausnahme ſtatt, wenn der Thäter bereits zweimal oder mehrere Male rechtskräftig durch einen Preußiſchen Ge- richtshof wegen Diebſtahls oder Raubes verurtheilt worden iſt. Beide Delikte werden alſo, inſofern es ſich um die Beſtrafung des dritten und weiteren Diebſtahls handelt, als gleiche betrachtet; über den Raub vgl. §. 233. Nr. 1. IV. Iſt der Diebſtahl, durch welchen die Strafe des wiederholten Rückfalls verwirkt wird, ein einfacher (§§. 216. und 217.), ſo tritt Zuchthaus von zwei bis zu funfzehn Jahren, iſt er ein ſchwerer im Sinne des §. 218., ſo tritt Zuchthaus von fünf bis zu zwanzig Jah- ren ein; in beiden Fällen ſoll auch auf Stellung unter Polizei-Aufſicht erkannt werden. Die lebenslängliche Zuchthausſtrafe, welche noch der Entwurf von 1843. §. 415. beim dritten Rückfall zuließ, iſt in Folge der dagegen erhobenen Bedenken auf den Vorſchlag des Miniſteriums für die Geſetz-Reviſion in der angegebenen Weiſe ermäßigt worden: ſie wurde unverhältnißmäßig hart gefunden; kein neueres Strafgeſetzbuch habe ſie für dieſen Fall vorgeſchrieben. o) V. Von welcher Beſchaffenheit die früheren bereits abgeurtheilten Diebſtähle waren, kommt bei der Beſtrafung des wiederholten Rückfalls nicht in Betracht; es genügt, daß überhaupt wegen Diebſtahls oder Rau- bes bereits zweimal oder mehrere Male ein rechtskräftiges Erkenntniß ergangen iſt. VI. Im Uebrigen finden auch bei der Beſtrafung des wiederhol- ten Rückfalls die allgemeinen Grundſätze Anwendung, namentlich auch m) Vgl. Berathungs-Protokolle a. a. O. S. 363. — Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 13. April 1842. — Reviſion von 1845. III. S. 15. — Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von 1846. S. 149. n) Da die lebenslängliche Zuchthausſtrafe beim vierten Diebſtahl aufgehoben iſt, ſo kann nun allerdings ein fünfter Diebſtahl u. ſ. w. vorkommen. o) Reviſion a. a. O. S. 16. 28*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/437
Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/437>, abgerufen am 22.12.2024.