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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§§. 218-224. Schwerer Diebstahl; Rückfall.

b) oder jenen Begriff in der Art zu präzisiren, daß darunter
nur ein "gefährliches Einsteigen" zu verstehen sei, also in
Hinsicht auf die Einfriedigung hinzuzufügen: "Ist die über-
stiegene Einfriedigung unter 6 Fuß, so ist ein gefährliches
Einsteigen nicht vorhanden."

"Beide Vorschläge sind indeß abgelehnt worden. Die Begriffs-
bestimmung an sich ist nämlich von der Kommission unter allen Um-
ständen für erforderlich erachtet, damit aber auch anerkannt worden, daß
sie sich einfach nur auf die Bezeichnung des Objekts an sich, also des
durch das Einsteigen zu überwindenden Hindernisses zu erstrecken habe,
daß dagegen darauf zu verzichten sei, irgend eine Qualifizirung sowohl
in der Ausübung der Handlung, als in der Beschreibung oder Bezeich-
nung des Hindernisses hinzuzufügen, weil besonders in dieser letzteren
Hinsicht eine passende objektive Grenze für die Merkmale gar nicht zu
finden sei, ohne solche bestimmte Merkmale aber wiederum die Bezeich-
nung der Handlung allein, etwa als einer "gefährlichen" völlig vage
sein müsse. Man ist jedoch der Ueberzeugung, daß sich in der Praxis
der Begriff so genügend feststellen und beschränken werde, um den Vor-
wurf unnöthiger Härte auszuschließen." a)

Die Schwierigkeit liegt hauptsächlich darin, daß im einzelnen Fall
festgestellt werden muß, wann das Uebersteigen einer Befriedigung, welche
den betreffenden Raum umschließt, als Einsteigen in dem Sinne zu be-
trachten ist, daß der Diebstahl dadurch zu einem schweren wird. Die
Gefährlichkeit der Handlung kann dabei nicht mehr den Ausschlag ge-
ben; nach der Auffassung des Gesetzbuchs ist es der Hausfriedensbruch,
welcher zu dem Diebstahl hinzutretend, diesen qualifizirt. Es wird da-
her jedesmal darauf ankommen, ob die Handlung des Einsteigens von
der Beschaffenheit ist, daß dadurch eine Verletzung des Hausrechts (das
Haus in dem weiteren Sinn von Haus und Hof genommen, s. oben
§. 214. Note u) bewirkt worden; das Uebersteigen von Befriedigungen
wird daher nur dann geeignet sein, den Diebstahl zu einem schweren zu
machen, wenn dieselben zur Schutzwehr gegen das Eindringen von
Menschen bestimmt sind (Entwurf von 1843. §. 409.). Eine solche
Schutzwehr braucht aber nicht gerade von der Art zu sein, daß sie dem
Eindringenden ein schwer zu beseitigendes physisches Hinderniß bereitet;
es genügt, wenn aus der Art und Weise der Einrichtung der Zweck
erkannt werden kann. Daher wird auch bei der Entscheidung solcher
Fragen die Berücksichtigung der besonderen örtlichen Verhältnisse von
Wichtigkeit sein, und bei den Verhandlungen vor den Schwurgerichts-

a) Bericht der Kommission der ersten Kammer zu §. 218.
§§. 218-224. Schwerer Diebſtahl; Rückfall.

b) oder jenen Begriff in der Art zu präziſiren, daß darunter
nur ein „gefährliches Einſteigen“ zu verſtehen ſei, alſo in
Hinſicht auf die Einfriedigung hinzuzufügen: „Iſt die über-
ſtiegene Einfriedigung unter 6 Fuß, ſo iſt ein gefährliches
Einſteigen nicht vorhanden.“

„Beide Vorſchläge ſind indeß abgelehnt worden. Die Begriffs-
beſtimmung an ſich iſt nämlich von der Kommiſſion unter allen Um-
ſtänden für erforderlich erachtet, damit aber auch anerkannt worden, daß
ſie ſich einfach nur auf die Bezeichnung des Objekts an ſich, alſo des
durch das Einſteigen zu überwindenden Hinderniſſes zu erſtrecken habe,
daß dagegen darauf zu verzichten ſei, irgend eine Qualifizirung ſowohl
in der Ausübung der Handlung, als in der Beſchreibung oder Bezeich-
nung des Hinderniſſes hinzuzufügen, weil beſonders in dieſer letzteren
Hinſicht eine paſſende objektive Grenze für die Merkmale gar nicht zu
finden ſei, ohne ſolche beſtimmte Merkmale aber wiederum die Bezeich-
nung der Handlung allein, etwa als einer „gefährlichen“ völlig vage
ſein müſſe. Man iſt jedoch der Ueberzeugung, daß ſich in der Praxis
der Begriff ſo genügend feſtſtellen und beſchränken werde, um den Vor-
wurf unnöthiger Härte auszuſchließen.“ a)

Die Schwierigkeit liegt hauptſächlich darin, daß im einzelnen Fall
feſtgeſtellt werden muß, wann das Ueberſteigen einer Befriedigung, welche
den betreffenden Raum umſchließt, als Einſteigen in dem Sinne zu be-
trachten iſt, daß der Diebſtahl dadurch zu einem ſchweren wird. Die
Gefährlichkeit der Handlung kann dabei nicht mehr den Ausſchlag ge-
ben; nach der Auffaſſung des Geſetzbuchs iſt es der Hausfriedensbruch,
welcher zu dem Diebſtahl hinzutretend, dieſen qualifizirt. Es wird da-
her jedesmal darauf ankommen, ob die Handlung des Einſteigens von
der Beſchaffenheit iſt, daß dadurch eine Verletzung des Hausrechts (das
Haus in dem weiteren Sinn von Haus und Hof genommen, ſ. oben
§. 214. Note u) bewirkt worden; das Ueberſteigen von Befriedigungen
wird daher nur dann geeignet ſein, den Diebſtahl zu einem ſchweren zu
machen, wenn dieſelben zur Schutzwehr gegen das Eindringen von
Menſchen beſtimmt ſind (Entwurf von 1843. §. 409.). Eine ſolche
Schutzwehr braucht aber nicht gerade von der Art zu ſein, daß ſie dem
Eindringenden ein ſchwer zu beſeitigendes phyſiſches Hinderniß bereitet;
es genügt, wenn aus der Art und Weiſe der Einrichtung der Zweck
erkannt werden kann. Daher wird auch bei der Entſcheidung ſolcher
Fragen die Berückſichtigung der beſonderen örtlichen Verhältniſſe von
Wichtigkeit ſein, und bei den Verhandlungen vor den Schwurgerichts-

a) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 218.
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[423/0433] §§. 218-224. Schwerer Diebſtahl; Rückfall. b) oder jenen Begriff in der Art zu präziſiren, daß darunter nur ein „gefährliches Einſteigen“ zu verſtehen ſei, alſo in Hinſicht auf die Einfriedigung hinzuzufügen: „Iſt die über- ſtiegene Einfriedigung unter 6 Fuß, ſo iſt ein gefährliches Einſteigen nicht vorhanden.“ „Beide Vorſchläge ſind indeß abgelehnt worden. Die Begriffs- beſtimmung an ſich iſt nämlich von der Kommiſſion unter allen Um- ſtänden für erforderlich erachtet, damit aber auch anerkannt worden, daß ſie ſich einfach nur auf die Bezeichnung des Objekts an ſich, alſo des durch das Einſteigen zu überwindenden Hinderniſſes zu erſtrecken habe, daß dagegen darauf zu verzichten ſei, irgend eine Qualifizirung ſowohl in der Ausübung der Handlung, als in der Beſchreibung oder Bezeich- nung des Hinderniſſes hinzuzufügen, weil beſonders in dieſer letzteren Hinſicht eine paſſende objektive Grenze für die Merkmale gar nicht zu finden ſei, ohne ſolche beſtimmte Merkmale aber wiederum die Bezeich- nung der Handlung allein, etwa als einer „gefährlichen“ völlig vage ſein müſſe. Man iſt jedoch der Ueberzeugung, daß ſich in der Praxis der Begriff ſo genügend feſtſtellen und beſchränken werde, um den Vor- wurf unnöthiger Härte auszuſchließen.“ a) Die Schwierigkeit liegt hauptſächlich darin, daß im einzelnen Fall feſtgeſtellt werden muß, wann das Ueberſteigen einer Befriedigung, welche den betreffenden Raum umſchließt, als Einſteigen in dem Sinne zu be- trachten iſt, daß der Diebſtahl dadurch zu einem ſchweren wird. Die Gefährlichkeit der Handlung kann dabei nicht mehr den Ausſchlag ge- ben; nach der Auffaſſung des Geſetzbuchs iſt es der Hausfriedensbruch, welcher zu dem Diebſtahl hinzutretend, dieſen qualifizirt. Es wird da- her jedesmal darauf ankommen, ob die Handlung des Einſteigens von der Beſchaffenheit iſt, daß dadurch eine Verletzung des Hausrechts (das Haus in dem weiteren Sinn von Haus und Hof genommen, ſ. oben §. 214. Note u) bewirkt worden; das Ueberſteigen von Befriedigungen wird daher nur dann geeignet ſein, den Diebſtahl zu einem ſchweren zu machen, wenn dieſelben zur Schutzwehr gegen das Eindringen von Menſchen beſtimmt ſind (Entwurf von 1843. §. 409.). Eine ſolche Schutzwehr braucht aber nicht gerade von der Art zu ſein, daß ſie dem Eindringenden ein ſchwer zu beſeitigendes phyſiſches Hinderniß bereitet; es genügt, wenn aus der Art und Weiſe der Einrichtung der Zweck erkannt werden kann. Daher wird auch bei der Entſcheidung ſolcher Fragen die Berückſichtigung der beſonderen örtlichen Verhältniſſe von Wichtigkeit ſein, und bei den Verhandlungen vor den Schwurgerichts- a) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 218.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/433>, abgerufen am 22.12.2024.