ein besonderer Schutz sich rechtfertige, welcher nur den nicht öffentlichen zu Theil werde, wenn sie bewohnt seien. q)
4) Der zu einem bewohnten oder demselben gleichgestellten Ge- bäude gehörige umschlossene Raum und alle darin befindlichen Gebäude jeder Art. "Ein Raum ist umschlossen, wenn man in denselben nur durch den Gebrauch von Schlüsseln oder durch Einbrechen oder Ein- steigen gelangen kann" (§. 221.). -- Durch diese Bestimmung wird der altgermanische Begriff der Wexe in der Bedeutung von Haus und Hof, welchen auch das Rheinische Recht für den Diebstahl wieder praktisch gemacht hat, wiederholt zur Anwendung gebracht. Der umschlossene Raum wird hier aber in einem engeren Sinne aufgefaßt, als das be- friedigte Besitzthum in §. 214.; denn jener Raum wird §. 221. nur insofern unter denselben Schutz wie das bewohnte Gebäude gestellt, wenn er dazu gehört, was nicht allein auf die Eigenschaft der juristi- schen Zubehörung, sondern namentlich auch auf die räumliche Verbin- dung zu beziehen ist. r) Auch die befriedigte Umgebung einer Kirche wird in diesem Sinne zu den umschlossenen Räumen zu rechnen sein.
5) Das Gebäude ist bewohnt, wenn es überhaupt Bewohner hat; ob diese zur Zeit des Diebstahls in demselben gerade anwesend waren, ist für die Begründung der gesetzlichen Straferhöhung ohne Bedeutung (§. 220.).
b. Die Nachtzeit ist hier nicht genauer bezeichnet worden; es un- terliegt aber keinem Bedenken, die §. 28. aufgestellte Begriffsbestimmung auch auf den vorliegenden Fall zur Anwendung zu bringen. In dieser Allgemeinheit ist übrigens das Stehlen bei Nachtzeit früher nicht qua- lifizirt worden, indem besonders nur das Einschleichen des Diebes her- vorgehoben wurde; s. Entwurf von 1847. §. 270. Nr. 7.
c. Die Verübung des Diebstahls durch mehrere Theilnehmer wird für den Fall, daß sie in einem bewohnten Gebäude stattgefunden, als Erschwerungsgrund betrachtet, ohne daß die besonderen Voraussetzungen, welche §. 218. Nr. 8. genannt sind, vorzuliegen brauchen.
III. Es wird in einem Gebäude oder in einem umschlossenen Raume vermittelst Einbruchs oder Einsteigens gestohlen. Für diesen Fall wird es nicht mehr, wie in den frühereren Entwürfen, erfordert, daß das Gebäude ein bewohntes sei, ja nicht einmal, daß es zur Woh- nung bestimmt ist; auch Magazine, Speicher, Scheunen u. dgl. sind also gegen einen durch Einbruch oder Einsteigen verübten Diebstahl unter den besonderen Schutz des Gesetzes gestellt.
q) a. a. O. S. 201.
r)Chauveau et Helie Faustin. Theorie du Code penal. IV. chap. LX. p. 38.
§§. 218-224. Schwerer Diebſtahl; Rückfall.
ein beſonderer Schutz ſich rechtfertige, welcher nur den nicht öffentlichen zu Theil werde, wenn ſie bewohnt ſeien. q)
4) Der zu einem bewohnten oder demſelben gleichgeſtellten Ge- bäude gehörige umſchloſſene Raum und alle darin befindlichen Gebäude jeder Art. „Ein Raum iſt umſchloſſen, wenn man in denſelben nur durch den Gebrauch von Schlüſſeln oder durch Einbrechen oder Ein- ſteigen gelangen kann“ (§. 221.). — Durch dieſe Beſtimmung wird der altgermaniſche Begriff der Wexe in der Bedeutung von Haus und Hof, welchen auch das Rheiniſche Recht für den Diebſtahl wieder praktiſch gemacht hat, wiederholt zur Anwendung gebracht. Der umſchloſſene Raum wird hier aber in einem engeren Sinne aufgefaßt, als das be- friedigte Beſitzthum in §. 214.; denn jener Raum wird §. 221. nur inſofern unter denſelben Schutz wie das bewohnte Gebäude geſtellt, wenn er dazu gehört, was nicht allein auf die Eigenſchaft der juriſti- ſchen Zubehörung, ſondern namentlich auch auf die räumliche Verbin- dung zu beziehen iſt. r) Auch die befriedigte Umgebung einer Kirche wird in dieſem Sinne zu den umſchloſſenen Räumen zu rechnen ſein.
5) Das Gebäude iſt bewohnt, wenn es überhaupt Bewohner hat; ob dieſe zur Zeit des Diebſtahls in demſelben gerade anweſend waren, iſt für die Begründung der geſetzlichen Straferhöhung ohne Bedeutung (§. 220.).
b. Die Nachtzeit iſt hier nicht genauer bezeichnet worden; es un- terliegt aber keinem Bedenken, die §. 28. aufgeſtellte Begriffsbeſtimmung auch auf den vorliegenden Fall zur Anwendung zu bringen. In dieſer Allgemeinheit iſt übrigens das Stehlen bei Nachtzeit früher nicht qua- lifizirt worden, indem beſonders nur das Einſchleichen des Diebes her- vorgehoben wurde; ſ. Entwurf von 1847. §. 270. Nr. 7.
c. Die Verübung des Diebſtahls durch mehrere Theilnehmer wird für den Fall, daß ſie in einem bewohnten Gebäude ſtattgefunden, als Erſchwerungsgrund betrachtet, ohne daß die beſonderen Vorausſetzungen, welche §. 218. Nr. 8. genannt ſind, vorzuliegen brauchen.
III. Es wird in einem Gebäude oder in einem umſchloſſenen Raume vermittelſt Einbruchs oder Einſteigens geſtohlen. Für dieſen Fall wird es nicht mehr, wie in den frühereren Entwürfen, erfordert, daß das Gebäude ein bewohntes ſei, ja nicht einmal, daß es zur Woh- nung beſtimmt iſt; auch Magazine, Speicher, Scheunen u. dgl. ſind alſo gegen einen durch Einbruch oder Einſteigen verübten Diebſtahl unter den beſonderen Schutz des Geſetzes geſtellt.
q) a. a. O. S. 201.
r)Chauveau et Hélie Faustin. Théorie du Code pénal. IV. chap. LX. p. 38.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0429"n="419"/><fwplace="top"type="header">§§. 218-224. Schwerer Diebſtahl; Rückfall.</fw><lb/>
ein beſonderer Schutz ſich rechtfertige, welcher nur den nicht öffentlichen<lb/>
zu Theil werde, wenn ſie bewohnt ſeien. <noteplace="foot"n="q)">a. a. O. S. 201.</note></p><lb/><p>4) Der zu einem bewohnten oder demſelben gleichgeſtellten Ge-<lb/>
bäude gehörige umſchloſſene Raum und alle darin befindlichen Gebäude<lb/>
jeder Art. „Ein Raum iſt umſchloſſen, wenn man in denſelben nur<lb/>
durch den Gebrauch von Schlüſſeln oder durch Einbrechen oder Ein-<lb/>ſteigen gelangen kann“ (§. 221.). — Durch dieſe Beſtimmung wird der<lb/>
altgermaniſche Begriff der Wexe in der Bedeutung von Haus und Hof,<lb/>
welchen auch das Rheiniſche Recht für den Diebſtahl wieder praktiſch<lb/>
gemacht hat, wiederholt zur Anwendung gebracht. Der umſchloſſene<lb/>
Raum wird hier aber in einem engeren Sinne aufgefaßt, als das be-<lb/>
friedigte Beſitzthum in §. 214.; denn jener Raum wird §. 221. nur<lb/>
inſofern unter denſelben Schutz wie das bewohnte Gebäude geſtellt,<lb/>
wenn er dazu gehört, was nicht allein auf die Eigenſchaft der juriſti-<lb/>ſchen Zubehörung, ſondern namentlich auch auf die räumliche Verbin-<lb/>
dung zu beziehen iſt. <noteplace="foot"n="r)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">Chauveau et Hélie Faustin</hi>. Théorie du Code pénal. IV. chap.<lb/>
LX. p.</hi> 38.</note> Auch die befriedigte Umgebung einer Kirche<lb/>
wird in dieſem Sinne zu den umſchloſſenen Räumen zu rechnen ſein.</p><lb/><p>5) Das Gebäude iſt bewohnt, wenn es überhaupt Bewohner hat;<lb/>
ob dieſe zur Zeit des Diebſtahls in demſelben gerade anweſend waren,<lb/>
iſt für die Begründung der geſetzlichen Straferhöhung ohne Bedeutung<lb/>
(§. 220.).</p><lb/><p><hirendition="#aq">b.</hi> Die Nachtzeit iſt hier nicht genauer bezeichnet worden; es un-<lb/>
terliegt aber keinem Bedenken, die §. 28. aufgeſtellte Begriffsbeſtimmung<lb/>
auch auf den vorliegenden Fall zur Anwendung zu bringen. In dieſer<lb/>
Allgemeinheit iſt übrigens das Stehlen bei Nachtzeit früher nicht qua-<lb/>
lifizirt worden, indem beſonders nur das Einſchleichen des Diebes her-<lb/>
vorgehoben wurde; ſ. Entwurf von 1847. §. 270. Nr. 7.</p><lb/><p><hirendition="#aq">c.</hi> Die Verübung des Diebſtahls durch mehrere Theilnehmer wird<lb/>
für den Fall, daß ſie in einem bewohnten Gebäude ſtattgefunden, als<lb/>
Erſchwerungsgrund betrachtet, ohne daß die beſonderen Vorausſetzungen,<lb/>
welche §. 218. Nr. 8. genannt ſind, vorzuliegen brauchen.</p><lb/><p>III. Es wird in einem Gebäude oder in einem umſchloſſenen<lb/>
Raume vermittelſt Einbruchs oder Einſteigens geſtohlen. Für dieſen<lb/>
Fall wird es nicht mehr, wie in den frühereren Entwürfen, erfordert,<lb/>
daß das Gebäude ein bewohntes ſei, ja nicht einmal, daß es zur Woh-<lb/>
nung beſtimmt iſt; auch Magazine, Speicher, Scheunen u. dgl. ſind alſo<lb/>
gegen einen durch Einbruch oder Einſteigen verübten Diebſtahl unter<lb/>
den beſonderen Schutz des Geſetzes geſtellt.</p><lb/></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[419/0429]
§§. 218-224. Schwerer Diebſtahl; Rückfall.
ein beſonderer Schutz ſich rechtfertige, welcher nur den nicht öffentlichen
zu Theil werde, wenn ſie bewohnt ſeien. q)
4) Der zu einem bewohnten oder demſelben gleichgeſtellten Ge-
bäude gehörige umſchloſſene Raum und alle darin befindlichen Gebäude
jeder Art. „Ein Raum iſt umſchloſſen, wenn man in denſelben nur
durch den Gebrauch von Schlüſſeln oder durch Einbrechen oder Ein-
ſteigen gelangen kann“ (§. 221.). — Durch dieſe Beſtimmung wird der
altgermaniſche Begriff der Wexe in der Bedeutung von Haus und Hof,
welchen auch das Rheiniſche Recht für den Diebſtahl wieder praktiſch
gemacht hat, wiederholt zur Anwendung gebracht. Der umſchloſſene
Raum wird hier aber in einem engeren Sinne aufgefaßt, als das be-
friedigte Beſitzthum in §. 214.; denn jener Raum wird §. 221. nur
inſofern unter denſelben Schutz wie das bewohnte Gebäude geſtellt,
wenn er dazu gehört, was nicht allein auf die Eigenſchaft der juriſti-
ſchen Zubehörung, ſondern namentlich auch auf die räumliche Verbin-
dung zu beziehen iſt. r) Auch die befriedigte Umgebung einer Kirche
wird in dieſem Sinne zu den umſchloſſenen Räumen zu rechnen ſein.
5) Das Gebäude iſt bewohnt, wenn es überhaupt Bewohner hat;
ob dieſe zur Zeit des Diebſtahls in demſelben gerade anweſend waren,
iſt für die Begründung der geſetzlichen Straferhöhung ohne Bedeutung
(§. 220.).
b. Die Nachtzeit iſt hier nicht genauer bezeichnet worden; es un-
terliegt aber keinem Bedenken, die §. 28. aufgeſtellte Begriffsbeſtimmung
auch auf den vorliegenden Fall zur Anwendung zu bringen. In dieſer
Allgemeinheit iſt übrigens das Stehlen bei Nachtzeit früher nicht qua-
lifizirt worden, indem beſonders nur das Einſchleichen des Diebes her-
vorgehoben wurde; ſ. Entwurf von 1847. §. 270. Nr. 7.
c. Die Verübung des Diebſtahls durch mehrere Theilnehmer wird
für den Fall, daß ſie in einem bewohnten Gebäude ſtattgefunden, als
Erſchwerungsgrund betrachtet, ohne daß die beſonderen Vorausſetzungen,
welche §. 218. Nr. 8. genannt ſind, vorzuliegen brauchen.
III. Es wird in einem Gebäude oder in einem umſchloſſenen
Raume vermittelſt Einbruchs oder Einſteigens geſtohlen. Für dieſen
Fall wird es nicht mehr, wie in den frühereren Entwürfen, erfordert,
daß das Gebäude ein bewohntes ſei, ja nicht einmal, daß es zur Woh-
nung beſtimmt iſt; auch Magazine, Speicher, Scheunen u. dgl. ſind alſo
gegen einen durch Einbruch oder Einſteigen verübten Diebſtahl unter
den beſonderen Schutz des Geſetzes geſtellt.
q) a. a. O. S. 201.
r) Chauveau et Hélie Faustin. Théorie du Code pénal. IV. chap.
LX. p. 38.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/429>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.