Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XVI. Körperverletzung.
digung an der Gesundheit gleichgestellt worden, ist theils in der niedri- geren Strafe, theils in der Ausschließung des Verfahrens von Amts wegen anerkannt. Für die zwei Fälle, in denen dasselbe nach Absatz 2. zugelassen ist, erscheint schon im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit eine Ausnahme nöthig.
§. 199.
Wer, ohne vorschriftsmäßig approbirt zu sein, gegen Belohnung, oder einem besonderen, an ihn erlassenen polizeilichen Verbote zuwider, die Heilung einer äußeren oder inneren Krankheit oder eine geburtshülfliche Handlung unter- nimmt, wird mit Geldbuße von fünf bis zu funfzig Thalern oder mit Ge- fängniß bis zu sechs Monaten bestraft.
Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn eine solche Handlung in einem Falle vorgenommen wird, in welchem zu dem dringend nöthigen Bei- stande eine approbirte Medizinalperson nicht herbeigeschafft werden kann.
Das Allgemeine Landrecht (Th. II. Tit. 20. §. 702-10.) stellt das unbefugte Kuriren und die unbefugte Ausübung der Geburtshülfe nur dann unter Strafe, wenn es gewerbsmäßig geschieht. Statt dessen wählte man später den Ausdruck "gegen Entschädigung." Mehrere Landtage beantragen nun noch den Zusatz "oder Geschenke," weil sonst das Gesetz zu leicht umgangen werden könne. Aber darauf wurde nicht eingegangen, weil eine an sich unsträfliche Handlung dadurch nicht strafbar werde, daß hinterher etwa bei glücklichem Erfolg ein weder ge- fordertes noch erwartetes Geschenk aus bloßer Dankbarkeit gegeben und auch angenommen wird. i) -- Die Ausdrücke "gewerbsmäßig" und "gegen Entschädigung" sind aber doch nicht, wie die Motive zum Ent- wurf von 1850. annehmen, für gleichbedeutend zu halten. Denn wer nach ausdrücklichem oder stillschweigendem Uebereinkommen gegen eine Belohnung unbefugt kurirt, ist schon strafbar, wenn nur Ein Fall dieser Art vorliegt, während in dem Begriff des Gewerbsmäßigen die Wie- derholung solcher Fälle und zwar in einer gewissen Regelmäßigkeit gesetzt ist. -- Hat jemand sich aber auch ohne Rücksicht auf den Gelderwerb durch sein unberufenes Kuriren der öffentlichen Sicherheit gefährlich ge- zeigt, so steht es der Behörde zu, ihm dieses ausdrücklich zu verbieten, und die Uebertretung eines solchen Verbotes wird mit derselben Strafe geahndet, wie das Kuriren gegen Entschädigung.
Während aber einerseits die Bestimmungen dieses Paragraphen durch die Vorschriften über den Betrug, welche bei den s. g. Wunder- doktoren häufig anwendbar sind, ergänzt werden, treten sie andererseits
i)Revision von 1845. III. S. 92
Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVI. Körperverletzung.
digung an der Geſundheit gleichgeſtellt worden, iſt theils in der niedri- geren Strafe, theils in der Ausſchließung des Verfahrens von Amts wegen anerkannt. Für die zwei Fälle, in denen daſſelbe nach Abſatz 2. zugelaſſen iſt, erſcheint ſchon im Intereſſe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit eine Ausnahme nöthig.
§. 199.
Wer, ohne vorſchriftsmäßig approbirt zu ſein, gegen Belohnung, oder einem beſonderen, an ihn erlaſſenen polizeilichen Verbote zuwider, die Heilung einer äußeren oder inneren Krankheit oder eine geburtshülfliche Handlung unter- nimmt, wird mit Geldbuße von fünf bis zu funfzig Thalern oder mit Ge- fängniß bis zu ſechs Monaten beſtraft.
Dieſe Beſtimmung findet keine Anwendung, wenn eine ſolche Handlung in einem Falle vorgenommen wird, in welchem zu dem dringend nöthigen Bei- ſtande eine approbirte Medizinalperſon nicht herbeigeſchafft werden kann.
Das Allgemeine Landrecht (Th. II. Tit. 20. §. 702-10.) ſtellt das unbefugte Kuriren und die unbefugte Ausübung der Geburtshülfe nur dann unter Strafe, wenn es gewerbsmäßig geſchieht. Statt deſſen wählte man ſpäter den Ausdruck „gegen Entſchädigung.“ Mehrere Landtage beantragen nun noch den Zuſatz „oder Geſchenke,“ weil ſonſt das Geſetz zu leicht umgangen werden könne. Aber darauf wurde nicht eingegangen, weil eine an ſich unſträfliche Handlung dadurch nicht ſtrafbar werde, daß hinterher etwa bei glücklichem Erfolg ein weder ge- fordertes noch erwartetes Geſchenk aus bloßer Dankbarkeit gegeben und auch angenommen wird. i) — Die Ausdrücke „gewerbsmäßig“ und „gegen Entſchädigung“ ſind aber doch nicht, wie die Motive zum Ent- wurf von 1850. annehmen, für gleichbedeutend zu halten. Denn wer nach ausdrücklichem oder ſtillſchweigendem Uebereinkommen gegen eine Belohnung unbefugt kurirt, iſt ſchon ſtrafbar, wenn nur Ein Fall dieſer Art vorliegt, während in dem Begriff des Gewerbsmäßigen die Wie- derholung ſolcher Fälle und zwar in einer gewiſſen Regelmäßigkeit geſetzt iſt. — Hat jemand ſich aber auch ohne Rückſicht auf den Gelderwerb durch ſein unberufenes Kuriren der öffentlichen Sicherheit gefährlich ge- zeigt, ſo ſteht es der Behörde zu, ihm dieſes ausdrücklich zu verbieten, und die Uebertretung eines ſolchen Verbotes wird mit derſelben Strafe geahndet, wie das Kuriren gegen Entſchädigung.
Während aber einerſeits die Beſtimmungen dieſes Paragraphen durch die Vorſchriften über den Betrug, welche bei den ſ. g. Wunder- doktoren häufig anwendbar ſind, ergänzt werden, treten ſie andererſeits
i)Reviſion von 1845. III. S. 92
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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVI. Körperverletzung.
digung an der Geſundheit gleichgeſtellt worden, iſt theils in der niedri-
geren Strafe, theils in der Ausſchließung des Verfahrens von Amts
wegen anerkannt. Für die zwei Fälle, in denen daſſelbe nach Abſatz 2.
zugelaſſen iſt, erſcheint ſchon im Intereſſe der öffentlichen Ordnung
und Sicherheit eine Ausnahme nöthig.
§. 199.
Wer, ohne vorſchriftsmäßig approbirt zu ſein, gegen Belohnung, oder einem
beſonderen, an ihn erlaſſenen polizeilichen Verbote zuwider, die Heilung einer
äußeren oder inneren Krankheit oder eine geburtshülfliche Handlung unter-
nimmt, wird mit Geldbuße von fünf bis zu funfzig Thalern oder mit Ge-
fängniß bis zu ſechs Monaten beſtraft.
Dieſe Beſtimmung findet keine Anwendung, wenn eine ſolche Handlung in
einem Falle vorgenommen wird, in welchem zu dem dringend nöthigen Bei-
ſtande eine approbirte Medizinalperſon nicht herbeigeſchafft werden kann.
Das Allgemeine Landrecht (Th. II. Tit. 20. §. 702-10.) ſtellt
das unbefugte Kuriren und die unbefugte Ausübung der Geburtshülfe
nur dann unter Strafe, wenn es gewerbsmäßig geſchieht. Statt deſſen
wählte man ſpäter den Ausdruck „gegen Entſchädigung.“ Mehrere
Landtage beantragen nun noch den Zuſatz „oder Geſchenke,“ weil ſonſt
das Geſetz zu leicht umgangen werden könne. Aber darauf wurde nicht
eingegangen, weil eine an ſich unſträfliche Handlung dadurch nicht
ſtrafbar werde, daß hinterher etwa bei glücklichem Erfolg ein weder ge-
fordertes noch erwartetes Geſchenk aus bloßer Dankbarkeit gegeben und
auch angenommen wird. i) — Die Ausdrücke „gewerbsmäßig“ und
„gegen Entſchädigung“ ſind aber doch nicht, wie die Motive zum Ent-
wurf von 1850. annehmen, für gleichbedeutend zu halten. Denn wer
nach ausdrücklichem oder ſtillſchweigendem Uebereinkommen gegen eine
Belohnung unbefugt kurirt, iſt ſchon ſtrafbar, wenn nur Ein Fall dieſer
Art vorliegt, während in dem Begriff des Gewerbsmäßigen die Wie-
derholung ſolcher Fälle und zwar in einer gewiſſen Regelmäßigkeit geſetzt
iſt. — Hat jemand ſich aber auch ohne Rückſicht auf den Gelderwerb
durch ſein unberufenes Kuriren der öffentlichen Sicherheit gefährlich ge-
zeigt, ſo ſteht es der Behörde zu, ihm dieſes ausdrücklich zu verbieten,
und die Uebertretung eines ſolchen Verbotes wird mit derſelben Strafe
geahndet, wie das Kuriren gegen Entſchädigung.
Während aber einerſeits die Beſtimmungen dieſes Paragraphen
durch die Vorſchriften über den Betrug, welche bei den ſ. g. Wunder-
doktoren häufig anwendbar ſind, ergänzt werden, treten ſie andererſeits
i) Reviſion von 1845. III. S. 92
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/392>, abgerufen am 23.11.2024.
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