Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.§. VII. Die mildernden Umstände. den können, z. B. ob und welcher Anreiz zum Verbrechen Statt fand,ob und wie große Hindernisse bei Ausführung der That überwunden werden mußten. Wohin man gelangt, wenn man einmal im Gesetz- buche die Zumessungsgründe spezifizirt, das beweisen die zahlreichen Er- innerungen gegen die einzelnen Nummern des §. 107, welche dem Einen nicht genügend und erschöpfend, dem Andern nicht durchweg richtig und unter einander übereinstimmend zu sein scheinen. Enthält sich das Gesetz solcher Bestimmungen nicht gänzlich, so provozirt es allerdings selbst immer neue Spezialitäten und Verwickelungen. Es wird hier genügen, von jenen gegen die einzelnen Nummern gerichteten Erinnerungen die von den Ständen ausgegangenen beiläufig anzuführen. In Nr. 4. be- antragt der Westphälische Landtag eine Beschränkung der "landesherr- lichen Schlösser" auf das zur Zeit des verübten Verbrechens vom Könige bewohnte Schloß. Schlesien will hier (in Nr. 4.) noch der Amtslokale gedacht wissen; Brandenburg möchte in Nr. 10. den Strafgrad noch davon abhängig machen, ob der Verbrecher mit mehr oder weniger List und Verwegenheit zur That schritt." -- "Der Entwurf von 1830. hatte keine solche Aufzählung von Zu- Diese Ansicht wurde auch in den weiteren Stadien der Revision §. VII. Die mildernden Umstände. Noch in dem Entwurfe von 1843. findet sich eine Reihe von Vor- x) Sächs. Kriminalgesetzb., Art. 42 ff. -- Württemb. Art. 107 ff. --
Braunschweig. §. 63 ff. -- Hannov. Art. 91 ff. -- Hess. Art. 118 ff. -- Bad. Entw. §. 142 ff. §. VII. Die mildernden Umſtände. den können, z. B. ob und welcher Anreiz zum Verbrechen Statt fand,ob und wie große Hinderniſſe bei Ausführung der That überwunden werden mußten. Wohin man gelangt, wenn man einmal im Geſetz- buche die Zumeſſungsgründe ſpezifizirt, das beweiſen die zahlreichen Er- innerungen gegen die einzelnen Nummern des §. 107, welche dem Einen nicht genügend und erſchöpfend, dem Andern nicht durchweg richtig und unter einander übereinſtimmend zu ſein ſcheinen. Enthält ſich das Geſetz ſolcher Beſtimmungen nicht gänzlich, ſo provozirt es allerdings ſelbſt immer neue Spezialitäten und Verwickelungen. Es wird hier genügen, von jenen gegen die einzelnen Nummern gerichteten Erinnerungen die von den Ständen ausgegangenen beiläufig anzuführen. In Nr. 4. be- antragt der Weſtphäliſche Landtag eine Beſchränkung der „landesherr- lichen Schlöſſer“ auf das zur Zeit des verübten Verbrechens vom Könige bewohnte Schloß. Schleſien will hier (in Nr. 4.) noch der Amtslokale gedacht wiſſen; Brandenburg möchte in Nr. 10. den Strafgrad noch davon abhängig machen, ob der Verbrecher mit mehr oder weniger Liſt und Verwegenheit zur That ſchritt.“ — „Der Entwurf von 1830. hatte keine ſolche Aufzählung von Zu- Dieſe Anſicht wurde auch in den weiteren Stadien der Reviſion §. VII. Die mildernden Umſtände. Noch in dem Entwurfe von 1843. findet ſich eine Reihe von Vor- x) Sächſ. Kriminalgeſetzb., Art. 42 ff. — Württemb. Art. 107 ff. —
Braunſchweig. §. 63 ff. — Hannov. Art. 91 ff. — Heſſ. Art. 118 ff. — Bad. Entw. §. 142 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0039" n="29"/><fw place="top" type="header">§. VII. Die mildernden Umſtände.</fw><lb/> den können, z. B. ob und welcher Anreiz zum Verbrechen Statt fand,<lb/> ob und wie große Hinderniſſe bei Ausführung der That überwunden<lb/> werden mußten. Wohin man gelangt, wenn man einmal im Geſetz-<lb/> buche die Zumeſſungsgründe ſpezifizirt, das beweiſen die zahlreichen Er-<lb/> innerungen gegen die einzelnen Nummern des §. 107, welche dem Einen<lb/> nicht genügend und erſchöpfend, dem Andern nicht durchweg richtig und<lb/> unter einander übereinſtimmend zu ſein ſcheinen. Enthält ſich das Geſetz<lb/> ſolcher Beſtimmungen nicht gänzlich, ſo provozirt es allerdings ſelbſt<lb/> immer neue Spezialitäten und Verwickelungen. Es wird hier genügen,<lb/> von jenen gegen die einzelnen Nummern gerichteten Erinnerungen die<lb/> von den Ständen ausgegangenen beiläufig anzuführen. In Nr. 4. be-<lb/> antragt der Weſtphäliſche Landtag eine Beſchränkung der „landesherr-<lb/> lichen Schlöſſer“ auf das zur Zeit des verübten Verbrechens vom Könige<lb/> bewohnte Schloß. Schleſien will hier (in Nr. 4.) noch der Amtslokale<lb/> gedacht wiſſen; Brandenburg möchte in Nr. 10. den Strafgrad noch<lb/> davon abhängig machen, ob der Verbrecher mit mehr oder weniger Liſt<lb/> und Verwegenheit zur That ſchritt.“ —</p><lb/> <p>„Der Entwurf von 1830. hatte keine ſolche Aufzählung von Zu-<lb/> meſſungsgründen aufgenommen. Dies läßt ſich nur billigen, obgleich<lb/> auch andere neuere Geſetzbücher ſich der Aufſtellung allgemeiner Grund-<lb/> ſätze über die Zumeſſung, mit oder ohne Kaſuiſtik, mit oder ohne Un-<lb/> terſcheidung des ſubjektiven und des objektiven Moments der Strafbar-<lb/> keit, zugewendet haben. <note place="foot" n="x)"><hi rendition="#g">Sächſ. Kriminalgeſetzb.</hi>, Art. 42 ff. — <hi rendition="#g">Württemb.</hi> Art. 107 ff. —<lb/><hi rendition="#g">Braunſchweig.</hi> §. 63 ff. — <hi rendition="#g">Hannov.</hi> Art. 91 ff. —<lb/><hi rendition="#g">Heſſ.</hi> Art. 118 ff. — <hi rendition="#g">Bad.</hi> Entw. §. 142 ff.</note> — — Aus dieſen Gründen ſind in dem<lb/> revidirten Entwurf die §§. 106-109. nicht aufgenommen worden. Auch<lb/> iſt im ſpeziellen Theile durchweg an dem Grundſatze feſtgehalten, bloße<lb/> Zumeſſungsgründe nicht aufzuführen.“</p><lb/> <p>Dieſe Anſicht wurde auch in den weiteren Stadien der Reviſion<lb/> feſtgehalten, und der Richter iſt bei dem Schweigen des Geſetzbuchs<lb/> auf „die Doktrin, den geſunden Menſchenverſtand und das Leben“ zur<lb/> Herſtellung des richtigen Strafmaaßes innerhalb der geſetzlichen Gren-<lb/> zen in jedem einzelnen Fall verwieſen.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. VII.</head><lb/> <argument> <p><hi rendition="#g">Die mildernden Umſtände</hi>.</p> </argument><lb/> <p>Noch in dem Entwurfe von 1843. findet ſich eine Reihe von Vor-<lb/> ſchriften über die Fälle, wo eine Milderung der Strafe unter das im<lb/> Geſetz beſtimmte Maaß oder eine Schärfung über daſſelbe hinaus ein-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [29/0039]
§. VII. Die mildernden Umſtände.
den können, z. B. ob und welcher Anreiz zum Verbrechen Statt fand,
ob und wie große Hinderniſſe bei Ausführung der That überwunden
werden mußten. Wohin man gelangt, wenn man einmal im Geſetz-
buche die Zumeſſungsgründe ſpezifizirt, das beweiſen die zahlreichen Er-
innerungen gegen die einzelnen Nummern des §. 107, welche dem Einen
nicht genügend und erſchöpfend, dem Andern nicht durchweg richtig und
unter einander übereinſtimmend zu ſein ſcheinen. Enthält ſich das Geſetz
ſolcher Beſtimmungen nicht gänzlich, ſo provozirt es allerdings ſelbſt
immer neue Spezialitäten und Verwickelungen. Es wird hier genügen,
von jenen gegen die einzelnen Nummern gerichteten Erinnerungen die
von den Ständen ausgegangenen beiläufig anzuführen. In Nr. 4. be-
antragt der Weſtphäliſche Landtag eine Beſchränkung der „landesherr-
lichen Schlöſſer“ auf das zur Zeit des verübten Verbrechens vom Könige
bewohnte Schloß. Schleſien will hier (in Nr. 4.) noch der Amtslokale
gedacht wiſſen; Brandenburg möchte in Nr. 10. den Strafgrad noch
davon abhängig machen, ob der Verbrecher mit mehr oder weniger Liſt
und Verwegenheit zur That ſchritt.“ —
„Der Entwurf von 1830. hatte keine ſolche Aufzählung von Zu-
meſſungsgründen aufgenommen. Dies läßt ſich nur billigen, obgleich
auch andere neuere Geſetzbücher ſich der Aufſtellung allgemeiner Grund-
ſätze über die Zumeſſung, mit oder ohne Kaſuiſtik, mit oder ohne Un-
terſcheidung des ſubjektiven und des objektiven Moments der Strafbar-
keit, zugewendet haben. x) — — Aus dieſen Gründen ſind in dem
revidirten Entwurf die §§. 106-109. nicht aufgenommen worden. Auch
iſt im ſpeziellen Theile durchweg an dem Grundſatze feſtgehalten, bloße
Zumeſſungsgründe nicht aufzuführen.“
Dieſe Anſicht wurde auch in den weiteren Stadien der Reviſion
feſtgehalten, und der Richter iſt bei dem Schweigen des Geſetzbuchs
auf „die Doktrin, den geſunden Menſchenverſtand und das Leben“ zur
Herſtellung des richtigen Strafmaaßes innerhalb der geſetzlichen Gren-
zen in jedem einzelnen Fall verwieſen.
§. VII.
Die mildernden Umſtände.
Noch in dem Entwurfe von 1843. findet ſich eine Reihe von Vor-
ſchriften über die Fälle, wo eine Milderung der Strafe unter das im
Geſetz beſtimmte Maaß oder eine Schärfung über daſſelbe hinaus ein-
x) Sächſ. Kriminalgeſetzb., Art. 42 ff. — Württemb. Art. 107 ff. —
Braunſchweig. §. 63 ff. — Hannov. Art. 91 ff. —
Heſſ. Art. 118 ff. — Bad. Entw. §. 142 ff.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |