d. Der zur That Gereizte muß sie "auf der Stelle" begangen haben, ohne daß er sich zur Ueberlegung Zeit ließ: denn nur für den Todtschlag und nicht für den Mord soll hier ein Entschuldigungsgrund geboten werden. Es darf also zwischen der Anreizung und dem Todt- schlage kein solcher Zwischenraum liegen, daß die unmittelbare Wirkung der ersteren auf die Handlung des Todtschlägers ihre Kraft verliert. "Auf der Stelle" (illico) bezeichnet nicht so wohl denselben Ort, als die Kontinuität der Handlungen.
e. Auf den an einem leiblichen Ascendenten verübten Todtschlag bezieht sich die Bestimmung des §. 177. überhaupt nicht, wie sich schon aus der Stellung des §. 179. und aus den Worten "so bleibt die lebenslängliche Zuchthausstrafe ausgeschlossen" ergiebt; s. auch unten §. 196.
f. Die Strafmilderung ist erheblich; statt der absoluten Strafe des §. 176. tritt Gefängniß von zwei bis fünf Jahren ein. Auch ist dabei die Bestimmung des §. 196. ins Auge zu fassen: ging die Ab- sicht nicht auf Tödtung, sondern trat diese nur in Folge einer Miß- handlung oder Körperverletzung ein, so findet noch eine weitere Ermäßi- gung der Strafe statt.
III. Den Gegensatz zu dieser Strafmilderung bildet die Vorschrift des §. 178., nach welcher statt der gewöhnlichen Strafe des lebens- länglichen Zuchthauses die Todesstrafe eintreten soll, wenn der Todt- schlag bei Unternehmung eines Verbrechens oder Vergehens verübt worden ist. Auch die Quelle dieser Bestimmung ist das Französische Recht; doch ist die Härte desselben, welche auch nach der Milderung im Gesetz vom 28. April 1832. nicht zu verkennen ist, in das Strafgesetz- buch nicht übergegangen. c) Dieses hält nämlich allgemein an dem Grundsatze fest, daß der Todtschlag, welcher gleichzeitig mit einem an- deren Delikt verübt worden, noch nicht die Todesstrafe begründe, sondern daß ein innerer Zusammenhang zwischen den verschiedenen Handlun- gen bestehen müsse, indem vorausgesetzt wird, daß der Todtschlag bei Unternehmung eines Verbrechens oder Vergehens verübt worden, entweder
c)Code penal. Art. 304. Le meurtre emportera la peine de mort, lorsqu'il aura precede, accompagne ou suivi un autre crime ou delit. -- Loi 28 Avril 1832. Le meurtre emportera la peine de mort, lorsqu'il aura precede, accompagne ou suivi un autre crime. -- Le meurtre emportera egalement la peine de mort, lorsqu'il aura eu pour objet, soit de preparer, faciliter ou executer un delit, soit de favoriser la fuite ou d'assurer l'impunite des auteurs ou complices de ce delit. cf. Chauveau et Helie Faustin. l. c. chap. XLIII. §. VII. p. 112-16.
§. 176-179. Todtſchlag.
d. Der zur That Gereizte muß ſie „auf der Stelle“ begangen haben, ohne daß er ſich zur Ueberlegung Zeit ließ: denn nur für den Todtſchlag und nicht für den Mord ſoll hier ein Entſchuldigungsgrund geboten werden. Es darf alſo zwiſchen der Anreizung und dem Todt- ſchlage kein ſolcher Zwiſchenraum liegen, daß die unmittelbare Wirkung der erſteren auf die Handlung des Todtſchlägers ihre Kraft verliert. „Auf der Stelle“ (illico) bezeichnet nicht ſo wohl denſelben Ort, als die Kontinuität der Handlungen.
e. Auf den an einem leiblichen Aſcendenten verübten Todtſchlag bezieht ſich die Beſtimmung des §. 177. überhaupt nicht, wie ſich ſchon aus der Stellung des §. 179. und aus den Worten „ſo bleibt die lebenslängliche Zuchthausſtrafe ausgeſchloſſen“ ergiebt; ſ. auch unten §. 196.
f. Die Strafmilderung iſt erheblich; ſtatt der abſoluten Strafe des §. 176. tritt Gefängniß von zwei bis fünf Jahren ein. Auch iſt dabei die Beſtimmung des §. 196. ins Auge zu faſſen: ging die Ab- ſicht nicht auf Tödtung, ſondern trat dieſe nur in Folge einer Miß- handlung oder Körperverletzung ein, ſo findet noch eine weitere Ermäßi- gung der Strafe ſtatt.
III. Den Gegenſatz zu dieſer Strafmilderung bildet die Vorſchrift des §. 178., nach welcher ſtatt der gewöhnlichen Strafe des lebens- länglichen Zuchthauſes die Todesſtrafe eintreten ſoll, wenn der Todt- ſchlag bei Unternehmung eines Verbrechens oder Vergehens verübt worden iſt. Auch die Quelle dieſer Beſtimmung iſt das Franzöſiſche Recht; doch iſt die Härte deſſelben, welche auch nach der Milderung im Geſetz vom 28. April 1832. nicht zu verkennen iſt, in das Strafgeſetz- buch nicht übergegangen. c) Dieſes hält nämlich allgemein an dem Grundſatze feſt, daß der Todtſchlag, welcher gleichzeitig mit einem an- deren Delikt verübt worden, noch nicht die Todesſtrafe begründe, ſondern daß ein innerer Zuſammenhang zwiſchen den verſchiedenen Handlun- gen beſtehen müſſe, indem vorausgeſetzt wird, daß der Todtſchlag bei Unternehmung eines Verbrechens oder Vergehens verübt worden, entweder
c)Code pénal. Art. 304. Le meurtre emportera la peine de mort, lorsqu'il aura précédé, accompagné ou suivi un autre crime ou délit. — Loi 28 Avril 1832. Le meurtre emportera la peine de mort, lorsqu'il aura précédé, accompagné ou suivi un autre crime. — Le meurtre emportera également la peine de mort, lorsqu'il aura eu pour objet, soit de préparer, faciliter ou exécuter un délit, soit de favoriser la fuite ou d'assurer l'impunité des auteurs ou complices de ce délit. cf. Chauveau et Hélie Faustin. l. c. chap. XLIII. §. VII. p. 112-16.
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§. 176-179. Todtſchlag.
d. Der zur That Gereizte muß ſie „auf der Stelle“ begangen
haben, ohne daß er ſich zur Ueberlegung Zeit ließ: denn nur für den
Todtſchlag und nicht für den Mord ſoll hier ein Entſchuldigungsgrund
geboten werden. Es darf alſo zwiſchen der Anreizung und dem Todt-
ſchlage kein ſolcher Zwiſchenraum liegen, daß die unmittelbare Wirkung
der erſteren auf die Handlung des Todtſchlägers ihre Kraft verliert.
„Auf der Stelle“ (illico) bezeichnet nicht ſo wohl denſelben Ort, als die
Kontinuität der Handlungen.
e. Auf den an einem leiblichen Aſcendenten verübten Todtſchlag
bezieht ſich die Beſtimmung des §. 177. überhaupt nicht, wie ſich ſchon
aus der Stellung des §. 179. und aus den Worten „ſo bleibt die
lebenslängliche Zuchthausſtrafe ausgeſchloſſen“ ergiebt; ſ. auch unten
§. 196.
f. Die Strafmilderung iſt erheblich; ſtatt der abſoluten Strafe
des §. 176. tritt Gefängniß von zwei bis fünf Jahren ein. Auch iſt
dabei die Beſtimmung des §. 196. ins Auge zu faſſen: ging die Ab-
ſicht nicht auf Tödtung, ſondern trat dieſe nur in Folge einer Miß-
handlung oder Körperverletzung ein, ſo findet noch eine weitere Ermäßi-
gung der Strafe ſtatt.
III. Den Gegenſatz zu dieſer Strafmilderung bildet die Vorſchrift
des §. 178., nach welcher ſtatt der gewöhnlichen Strafe des lebens-
länglichen Zuchthauſes die Todesſtrafe eintreten ſoll, wenn der Todt-
ſchlag bei Unternehmung eines Verbrechens oder Vergehens verübt
worden iſt. Auch die Quelle dieſer Beſtimmung iſt das Franzöſiſche
Recht; doch iſt die Härte deſſelben, welche auch nach der Milderung im
Geſetz vom 28. April 1832. nicht zu verkennen iſt, in das Strafgeſetz-
buch nicht übergegangen. c) Dieſes hält nämlich allgemein an dem
Grundſatze feſt, daß der Todtſchlag, welcher gleichzeitig mit einem an-
deren Delikt verübt worden, noch nicht die Todesſtrafe begründe, ſondern
daß ein innerer Zuſammenhang zwiſchen den verſchiedenen Handlun-
gen beſtehen müſſe, indem vorausgeſetzt wird, daß der Todtſchlag
bei Unternehmung eines Verbrechens oder Vergehens verübt worden,
entweder
c) Code pénal. Art. 304. Le meurtre emportera la peine de mort,
lorsqu'il aura précédé, accompagné ou suivi un autre crime ou délit. —
Loi 28 Avril 1832. Le meurtre emportera la peine de mort, lorsqu'il
aura précédé, accompagné ou suivi un autre crime. — Le meurtre
emportera également la peine de mort, lorsqu'il aura eu pour objet, soit
de préparer, faciliter ou exécuter un délit, soit de favoriser la fuite ou
d'assurer l'impunité des auteurs ou complices de ce délit. cf. Chauveau
et Hélie Faustin. l. c. chap. XLIII. §. VII. p. 112-16.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/363>, abgerufen am 23.07.2024.
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