heit, Ehre und Freiheit, der vierte endlich von den Uebertretungen in Beziehung auf das Vermögen.
Wenn nun an diese Betrachtungen über das System des Straf- gesetzbuchs noch einige Bemerkungen über dessen Form und Gehalt an- gereiht werden, so wird es kaum der ausdrücklichen Erklärung bedürfen, daß es hierbei auf keine eingehende Kritik des Gesetzbuchs abgesehen sein kann. Der Kommentar wird freilich bei der Erwägung des Einzelnen es später auch nicht vermeiden, den legislativen Werth der gesetzlichen Vorschriften einer Prüfung zu unterziehen, falls dazu die Veranlassung sich darbieten sollte; aber als seine nächste und wichtigste Aufgabe wird immer festgehalten werden, einen Beitrag zu dem richtigen Verständnisse des Gesetzbuchs aus diesem selbst, unter Benutzung der amtlichen Vor- arbeiten zu liefern. Hier kann es jedenfalls nur darauf ankommen, mit einigen Zügen die Eigenthümlichkeit dieses Werkes zu charakterisiren. Zu diesem Behuf ist zunächst das Bestreben hervorzuheben, die einzelnen Bestimmungen in möglichst klarer und einfacher Sprache so hinzustellen, daß sie an sich verständlich, auch dem Laien es möglich machen, sich Kenntniß davon zu verschaffen, welche Handlungen strafbar und mit welchen Strafen sie bedroht sind. Wäre es in dieser Hinsicht vielleicht wünschenswerth gewesen, daß der Gesetzgeber sich in der Fassung seiner Vorschriften mehr noch, als es geschehen, an das Publikum und nicht so häufig an den Richter gewandt hätte, so läßt sich doch daraus nicht der Vorwurf ableiten, der so manche ältere Gesetzgebungen trifft, daß überhaupt nur auf das Verständniß des Juristen gerechnet sei. Dieß kann hier um so weniger zutreffen, da in den letzten Stadien der Revision mit höchster Sorgfalt dahin gestrebt worden ist, dem Gesetzbuch eine solche Fassung zu geben, daß es sich dem Verfahren vor den Schwur- gerichtshöfen anpasse, was nicht bloß dadurch geschieht, daß einzelne Vorschriften in Fragen an die Geschwornen aufgelöst werden können, sondern auch die formelle Haltung im Allgemeinen bestimmen muß.
Außer diesem Zuge, in dem überhaupt ein Fortschritt der neueren Gesetzgebung und die Einwirkung einer volksthümlichen Gerichtsverfas- sung erkannt werden kann, ist noch ein anderer hervorzuheben, welcher wenigstens den übrigen deutschen Strafgesetzbüchern gegenüber diesem Preußischen einen bedeutenden Vorzug sichert. Das ist die Beschränkung auf diejenigen Vorschriften, welche erforderlich sind, um das Verständ- niß und die Durchführung des legislatorischen Willens zu sichern, unter dem Fernhalten aller solcher Bestimmungen, welche sich entweder als die nothwendigen Folgesätze der aufgestellten Principien von selbst ergeben, oder als die allgemeinen Voraussetzungen von denen auch der Gesetz-
Zweites Kapitel. Allgemeine Erörterungen.
heit, Ehre und Freiheit, der vierte endlich von den Uebertretungen in Beziehung auf das Vermögen.
Wenn nun an dieſe Betrachtungen über das Syſtem des Straf- geſetzbuchs noch einige Bemerkungen über deſſen Form und Gehalt an- gereiht werden, ſo wird es kaum der ausdrücklichen Erklärung bedürfen, daß es hierbei auf keine eingehende Kritik des Geſetzbuchs abgeſehen ſein kann. Der Kommentar wird freilich bei der Erwägung des Einzelnen es ſpäter auch nicht vermeiden, den legislativen Werth der geſetzlichen Vorſchriften einer Prüfung zu unterziehen, falls dazu die Veranlaſſung ſich darbieten ſollte; aber als ſeine nächſte und wichtigſte Aufgabe wird immer feſtgehalten werden, einen Beitrag zu dem richtigen Verſtändniſſe des Geſetzbuchs aus dieſem ſelbſt, unter Benutzung der amtlichen Vor- arbeiten zu liefern. Hier kann es jedenfalls nur darauf ankommen, mit einigen Zügen die Eigenthümlichkeit dieſes Werkes zu charakteriſiren. Zu dieſem Behuf iſt zunächſt das Beſtreben hervorzuheben, die einzelnen Beſtimmungen in möglichſt klarer und einfacher Sprache ſo hinzuſtellen, daß ſie an ſich verſtändlich, auch dem Laien es möglich machen, ſich Kenntniß davon zu verſchaffen, welche Handlungen ſtrafbar und mit welchen Strafen ſie bedroht ſind. Wäre es in dieſer Hinſicht vielleicht wünſchenswerth geweſen, daß der Geſetzgeber ſich in der Faſſung ſeiner Vorſchriften mehr noch, als es geſchehen, an das Publikum und nicht ſo häufig an den Richter gewandt hätte, ſo läßt ſich doch daraus nicht der Vorwurf ableiten, der ſo manche ältere Geſetzgebungen trifft, daß überhaupt nur auf das Verſtändniß des Juriſten gerechnet ſei. Dieß kann hier um ſo weniger zutreffen, da in den letzten Stadien der Reviſion mit höchſter Sorgfalt dahin geſtrebt worden iſt, dem Geſetzbuch eine ſolche Faſſung zu geben, daß es ſich dem Verfahren vor den Schwur- gerichtshöfen anpaſſe, was nicht bloß dadurch geſchieht, daß einzelne Vorſchriften in Fragen an die Geſchwornen aufgelöſt werden können, ſondern auch die formelle Haltung im Allgemeinen beſtimmen muß.
Außer dieſem Zuge, in dem überhaupt ein Fortſchritt der neueren Geſetzgebung und die Einwirkung einer volksthümlichen Gerichtsverfaſ- ſung erkannt werden kann, iſt noch ein anderer hervorzuheben, welcher wenigſtens den übrigen deutſchen Strafgeſetzbüchern gegenüber dieſem Preußiſchen einen bedeutenden Vorzug ſichert. Das iſt die Beſchränkung auf diejenigen Vorſchriften, welche erforderlich ſind, um das Verſtänd- niß und die Durchführung des legislatoriſchen Willens zu ſichern, unter dem Fernhalten aller ſolcher Beſtimmungen, welche ſich entweder als die nothwendigen Folgeſätze der aufgeſtellten Principien von ſelbſt ergeben, oder als die allgemeinen Vorausſetzungen von denen auch der Geſetz-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0032"n="22"/><fwplace="top"type="header">Zweites Kapitel. Allgemeine Erörterungen.</fw><lb/>
heit, Ehre und Freiheit, der <hirendition="#g">vierte</hi> endlich von den Uebertretungen in<lb/>
Beziehung auf das Vermögen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Wenn nun an dieſe Betrachtungen über das Syſtem des Straf-<lb/>
geſetzbuchs noch einige Bemerkungen über deſſen Form und Gehalt an-<lb/>
gereiht werden, ſo wird es kaum der ausdrücklichen Erklärung bedürfen,<lb/>
daß es hierbei auf keine eingehende Kritik des Geſetzbuchs abgeſehen ſein<lb/>
kann. Der Kommentar wird freilich bei der Erwägung des Einzelnen<lb/>
es ſpäter auch nicht vermeiden, den legislativen Werth der geſetzlichen<lb/>
Vorſchriften einer Prüfung zu unterziehen, falls dazu die Veranlaſſung<lb/>ſich darbieten ſollte; aber als ſeine nächſte und wichtigſte Aufgabe wird<lb/>
immer feſtgehalten werden, einen Beitrag zu dem richtigen Verſtändniſſe<lb/>
des Geſetzbuchs aus dieſem ſelbſt, unter Benutzung der amtlichen Vor-<lb/>
arbeiten zu liefern. Hier kann es jedenfalls nur darauf ankommen, mit<lb/>
einigen Zügen die Eigenthümlichkeit dieſes Werkes zu charakteriſiren.<lb/>
Zu dieſem Behuf iſt zunächſt das Beſtreben hervorzuheben, die einzelnen<lb/>
Beſtimmungen in möglichſt klarer und einfacher Sprache ſo hinzuſtellen,<lb/>
daß ſie an ſich verſtändlich, auch dem Laien es möglich machen, ſich<lb/>
Kenntniß davon zu verſchaffen, welche Handlungen ſtrafbar und mit<lb/>
welchen Strafen ſie bedroht ſind. Wäre es in dieſer Hinſicht vielleicht<lb/>
wünſchenswerth geweſen, daß der Geſetzgeber ſich in der Faſſung ſeiner<lb/>
Vorſchriften mehr noch, als es geſchehen, an das Publikum und nicht<lb/>ſo häufig an den Richter gewandt hätte, ſo läßt ſich doch daraus nicht<lb/>
der Vorwurf ableiten, der ſo manche ältere Geſetzgebungen trifft, daß<lb/>
überhaupt nur auf das Verſtändniß des Juriſten gerechnet ſei. Dieß kann<lb/>
hier um ſo weniger zutreffen, da in den letzten Stadien der Reviſion<lb/>
mit höchſter Sorgfalt dahin geſtrebt worden iſt, dem Geſetzbuch eine<lb/>ſolche Faſſung zu geben, daß es ſich dem Verfahren vor den Schwur-<lb/>
gerichtshöfen anpaſſe, was nicht bloß dadurch geſchieht, daß einzelne<lb/>
Vorſchriften in Fragen an die Geſchwornen aufgelöſt werden können,<lb/>ſondern auch die formelle Haltung im Allgemeinen beſtimmen muß.</p><lb/><p>Außer dieſem Zuge, in dem überhaupt ein Fortſchritt der neueren<lb/>
Geſetzgebung und die Einwirkung einer volksthümlichen Gerichtsverfaſ-<lb/>ſung erkannt werden kann, iſt noch ein anderer hervorzuheben, welcher<lb/>
wenigſtens den übrigen deutſchen Strafgeſetzbüchern gegenüber dieſem<lb/>
Preußiſchen einen bedeutenden Vorzug ſichert. Das iſt die Beſchränkung<lb/>
auf diejenigen Vorſchriften, welche erforderlich ſind, um das Verſtänd-<lb/>
niß und die Durchführung des legislatoriſchen Willens zu ſichern, unter<lb/>
dem Fernhalten aller ſolcher Beſtimmungen, welche ſich entweder als die<lb/>
nothwendigen Folgeſätze der aufgeſtellten Principien von ſelbſt ergeben,<lb/>
oder als die allgemeinen Vorausſetzungen von denen auch der Geſetz-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[22/0032]
Zweites Kapitel. Allgemeine Erörterungen.
heit, Ehre und Freiheit, der vierte endlich von den Uebertretungen in
Beziehung auf das Vermögen.
Wenn nun an dieſe Betrachtungen über das Syſtem des Straf-
geſetzbuchs noch einige Bemerkungen über deſſen Form und Gehalt an-
gereiht werden, ſo wird es kaum der ausdrücklichen Erklärung bedürfen,
daß es hierbei auf keine eingehende Kritik des Geſetzbuchs abgeſehen ſein
kann. Der Kommentar wird freilich bei der Erwägung des Einzelnen
es ſpäter auch nicht vermeiden, den legislativen Werth der geſetzlichen
Vorſchriften einer Prüfung zu unterziehen, falls dazu die Veranlaſſung
ſich darbieten ſollte; aber als ſeine nächſte und wichtigſte Aufgabe wird
immer feſtgehalten werden, einen Beitrag zu dem richtigen Verſtändniſſe
des Geſetzbuchs aus dieſem ſelbſt, unter Benutzung der amtlichen Vor-
arbeiten zu liefern. Hier kann es jedenfalls nur darauf ankommen, mit
einigen Zügen die Eigenthümlichkeit dieſes Werkes zu charakteriſiren.
Zu dieſem Behuf iſt zunächſt das Beſtreben hervorzuheben, die einzelnen
Beſtimmungen in möglichſt klarer und einfacher Sprache ſo hinzuſtellen,
daß ſie an ſich verſtändlich, auch dem Laien es möglich machen, ſich
Kenntniß davon zu verſchaffen, welche Handlungen ſtrafbar und mit
welchen Strafen ſie bedroht ſind. Wäre es in dieſer Hinſicht vielleicht
wünſchenswerth geweſen, daß der Geſetzgeber ſich in der Faſſung ſeiner
Vorſchriften mehr noch, als es geſchehen, an das Publikum und nicht
ſo häufig an den Richter gewandt hätte, ſo läßt ſich doch daraus nicht
der Vorwurf ableiten, der ſo manche ältere Geſetzgebungen trifft, daß
überhaupt nur auf das Verſtändniß des Juriſten gerechnet ſei. Dieß kann
hier um ſo weniger zutreffen, da in den letzten Stadien der Reviſion
mit höchſter Sorgfalt dahin geſtrebt worden iſt, dem Geſetzbuch eine
ſolche Faſſung zu geben, daß es ſich dem Verfahren vor den Schwur-
gerichtshöfen anpaſſe, was nicht bloß dadurch geſchieht, daß einzelne
Vorſchriften in Fragen an die Geſchwornen aufgelöſt werden können,
ſondern auch die formelle Haltung im Allgemeinen beſtimmen muß.
Außer dieſem Zuge, in dem überhaupt ein Fortſchritt der neueren
Geſetzgebung und die Einwirkung einer volksthümlichen Gerichtsverfaſ-
ſung erkannt werden kann, iſt noch ein anderer hervorzuheben, welcher
wenigſtens den übrigen deutſchen Strafgeſetzbüchern gegenüber dieſem
Preußiſchen einen bedeutenden Vorzug ſichert. Das iſt die Beſchränkung
auf diejenigen Vorſchriften, welche erforderlich ſind, um das Verſtänd-
niß und die Durchführung des legislatoriſchen Willens zu ſichern, unter
dem Fernhalten aller ſolcher Beſtimmungen, welche ſich entweder als die
nothwendigen Folgeſätze der aufgeſtellten Principien von ſelbſt ergeben,
oder als die allgemeinen Vorausſetzungen von denen auch der Geſetz-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/32>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.