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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§. 132. Fahrlässiger Meineid.

Der Bruch eines promissorischen Eides wird in der Regel nicht
als ein besonderes Vergehen bestraft, wenn auch namentlich bei den
allgemeinen Versprechungs-Eiden eine Verletzung derselben die Folge
haben kann, daß sie eine Strafe z. B. wegen Amtsverbrechens nach sich
zieht. Nur für die im §. 131. aufgeführten Fälle war im Interesse der
Rechtssicherheit eine Strafbestimmung nöthig. Auf den Kalumnieneid,
der schon jetzt in der Praxis kaum noch zur Anwendung kommt und
bei einer Revision des Prozeßrechts ganz verschwinden wird, war die-
selbe aber nicht auszudehnen. o)

§. 132.

Wer aus Fahrlässigkeit in eigenen oder fremden Angelegenheiten etwas
Unwahres eidlich versichert, oder eine unwahre, an die Stelle eines Eides
tretende Versicherung abgiebt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft.

Die Strafe wird ausgeschlossen, wenn der Thäter, bevor eine Anzeige
gegen ihn gemacht oder eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet worden, und
ehe noch ein Rechtsnachtheil für einen Anderen daraus entstanden ist, seine
unwahre Versicherung bei derjenigen Behörde, welcher er sie abgegeben hat,
widerruft.



Die große Bedeutung, welche der Eid für das ganze Rechtsleben
so wie für die Interessen der Einzelnen hat, erfordert es, daß nicht
allein der Meineid und die falsche Versicherung an Eides statt bestraft
wird, sondern daß auch die Fahrlässigkeit bei der Abgebung einer solchen
Erklärung nicht ungeahndet bleibt. Dieselbe ist daher, wie bei den
meisten gemeingefährlichen Verbrechen und Vergehen, auch hier unter
Strafe gestellt. Wird jedoch die unwahre Versicherung, ehe noch für
einen Andern ein Rechtsnachtheil daraus erwachsen ist, von dem Thäter
aus eigenem Antrieb bei derjenigen Behörde, welcher er sie abgegeben
hat, widerrufen, so bleibt er straflos. Eine ähnliche Bestimmung enthält
schon das Allgem. Landrecht (Th. II. Tit. 20. §. 1411 a und 1411 b);
sie konnte füglich beibehalten werden, während die Ausdehnung derselben
auch auf den vorsätzlichen Meineid mit der Wirkung, daß die Selbst-
anzeige eine Strafermäßigung zur Folge haben solle (Entwurf von
1847. §. 157.), mit dem Strafsystem des Gesetzbuchs nicht in Einklang
stehen würde und daher mit Recht weggelassen worden ist.




o) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommission. II. S. 87.
-- Revision von 1845. II. S. 86.
Beseler Kommentar. 20
§. 132. Fahrläſſiger Meineid.

Der Bruch eines promiſſoriſchen Eides wird in der Regel nicht
als ein beſonderes Vergehen beſtraft, wenn auch namentlich bei den
allgemeinen Verſprechungs-Eiden eine Verletzung derſelben die Folge
haben kann, daß ſie eine Strafe z. B. wegen Amtsverbrechens nach ſich
zieht. Nur für die im §. 131. aufgeführten Fälle war im Intereſſe der
Rechtsſicherheit eine Strafbeſtimmung nöthig. Auf den Kalumnieneid,
der ſchon jetzt in der Praxis kaum noch zur Anwendung kommt und
bei einer Reviſion des Prozeßrechts ganz verſchwinden wird, war die-
ſelbe aber nicht auszudehnen. o)

§. 132.

Wer aus Fahrläſſigkeit in eigenen oder fremden Angelegenheiten etwas
Unwahres eidlich verſichert, oder eine unwahre, an die Stelle eines Eides
tretende Verſicherung abgiebt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre beſtraft.

Die Strafe wird ausgeſchloſſen, wenn der Thäter, bevor eine Anzeige
gegen ihn gemacht oder eine Unterſuchung gegen ihn eingeleitet worden, und
ehe noch ein Rechtsnachtheil für einen Anderen daraus entſtanden iſt, ſeine
unwahre Verſicherung bei derjenigen Behörde, welcher er ſie abgegeben hat,
widerruft.



Die große Bedeutung, welche der Eid für das ganze Rechtsleben
ſo wie für die Intereſſen der Einzelnen hat, erfordert es, daß nicht
allein der Meineid und die falſche Verſicherung an Eides ſtatt beſtraft
wird, ſondern daß auch die Fahrläſſigkeit bei der Abgebung einer ſolchen
Erklärung nicht ungeahndet bleibt. Dieſelbe iſt daher, wie bei den
meiſten gemeingefährlichen Verbrechen und Vergehen, auch hier unter
Strafe geſtellt. Wird jedoch die unwahre Verſicherung, ehe noch für
einen Andern ein Rechtsnachtheil daraus erwachſen iſt, von dem Thäter
aus eigenem Antrieb bei derjenigen Behörde, welcher er ſie abgegeben
hat, widerrufen, ſo bleibt er ſtraflos. Eine ähnliche Beſtimmung enthält
ſchon das Allgem. Landrecht (Th. II. Tit. 20. §. 1411 a und 1411 b);
ſie konnte füglich beibehalten werden, während die Ausdehnung derſelben
auch auf den vorſätzlichen Meineid mit der Wirkung, daß die Selbſt-
anzeige eine Strafermäßigung zur Folge haben ſolle (Entwurf von
1847. §. 157.), mit dem Strafſyſtem des Geſetzbuchs nicht in Einklang
ſtehen würde und daher mit Recht weggelaſſen worden iſt.




o) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. II. S. 87.
Reviſion von 1845. II. S. 86.
Beſeler Kommentar. 20
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[297/0307] §. 132. Fahrläſſiger Meineid. Der Bruch eines promiſſoriſchen Eides wird in der Regel nicht als ein beſonderes Vergehen beſtraft, wenn auch namentlich bei den allgemeinen Verſprechungs-Eiden eine Verletzung derſelben die Folge haben kann, daß ſie eine Strafe z. B. wegen Amtsverbrechens nach ſich zieht. Nur für die im §. 131. aufgeführten Fälle war im Intereſſe der Rechtsſicherheit eine Strafbeſtimmung nöthig. Auf den Kalumnieneid, der ſchon jetzt in der Praxis kaum noch zur Anwendung kommt und bei einer Reviſion des Prozeßrechts ganz verſchwinden wird, war die- ſelbe aber nicht auszudehnen. o) §. 132. Wer aus Fahrläſſigkeit in eigenen oder fremden Angelegenheiten etwas Unwahres eidlich verſichert, oder eine unwahre, an die Stelle eines Eides tretende Verſicherung abgiebt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre beſtraft. Die Strafe wird ausgeſchloſſen, wenn der Thäter, bevor eine Anzeige gegen ihn gemacht oder eine Unterſuchung gegen ihn eingeleitet worden, und ehe noch ein Rechtsnachtheil für einen Anderen daraus entſtanden iſt, ſeine unwahre Verſicherung bei derjenigen Behörde, welcher er ſie abgegeben hat, widerruft. Die große Bedeutung, welche der Eid für das ganze Rechtsleben ſo wie für die Intereſſen der Einzelnen hat, erfordert es, daß nicht allein der Meineid und die falſche Verſicherung an Eides ſtatt beſtraft wird, ſondern daß auch die Fahrläſſigkeit bei der Abgebung einer ſolchen Erklärung nicht ungeahndet bleibt. Dieſelbe iſt daher, wie bei den meiſten gemeingefährlichen Verbrechen und Vergehen, auch hier unter Strafe geſtellt. Wird jedoch die unwahre Verſicherung, ehe noch für einen Andern ein Rechtsnachtheil daraus erwachſen iſt, von dem Thäter aus eigenem Antrieb bei derjenigen Behörde, welcher er ſie abgegeben hat, widerrufen, ſo bleibt er ſtraflos. Eine ähnliche Beſtimmung enthält ſchon das Allgem. Landrecht (Th. II. Tit. 20. §. 1411 a und 1411 b); ſie konnte füglich beibehalten werden, während die Ausdehnung derſelben auch auf den vorſätzlichen Meineid mit der Wirkung, daß die Selbſt- anzeige eine Strafermäßigung zur Folge haben ſolle (Entwurf von 1847. §. 157.), mit dem Strafſyſtem des Geſetzbuchs nicht in Einklang ſtehen würde und daher mit Recht weggelaſſen worden iſt. o) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. II. S. 87. — Reviſion von 1845. II. S. 86. Beſeler Kommentar. 20

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/307>, abgerufen am 23.11.2024.