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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. VI. Vergehen widerd. öffentl. Ordnung.
mungen zu erlassen, wie sie in Ansehung der aus der Kirche formell
ausgetretenen
Dissidenten in der Verordnung vom 30. März 1847.
bereits getroffen sind."

Aus welchen Gründen die Strafe im Verhältniß zu der Bestim-
mung des Entwurfs von 1847. erhöht worden ist, läßt sich aus den
Motiven nicht entnehmen.

B. Die in §. 105. normirten Fälle sind rein polizeilicher Natur;
der vereinigte ständische Ausschuß beschloß daher auch, dieselben nur
mit der Strafe der Uebertretungen zu belegen. a) In der Kommission
der zweiten Kammer wurde dieser Antrag aber abgelehnt, indem in
Uebereinstimmung mit den Motiven zum Entwurf von 1850. ange-
nommen wurde, daß für die schwereren Fälle eine höhere Strafe erfor-
derlich sei. Dagegen entschied sich die Kommission dafür, in Ueberein-
stimmung mit dem früher zu §. 12. Nr. 2. über den Verlust des
Adels gefaßten Beschluß, statt: "Standesauszeichnungen," den Ausdruck
"Adels-Prädikate" zu wählen, indem sie der Ansicht war, daß dadurch
jeder Widerspruch mit Art. 4. der Verfassungs-Urkunde vermieden werde. b)

§. 106.

Wer Urkunden, Register, Akten oder sonstige Gegenstände, welche sich an
einem öffentlichen Verwahrungsorte aufbewahrt finden, oder einem Beamten,
zu dessen Amte die Verwahrung derselben gehört, in amtlicher Eigenschaft
übergeben worden sind, vorsätzlich vernichtet oder bei Seite schafft, wird mit
Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft.

Ist die Handlung in gewinnsüchtiger Absicht begangen, so soll zugleich auf
zeitige Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

§. 107.

Wer die zur öffentlichen Bekanntmachung angeschlagenen Verordnungen,
Befehle, Patente oder Anzeigen öffentlicher Behörden oder Beamten vorsätzlich
abreißt, beschädigt, befleckt oder verunstaltet, ist mit Geldbuße bis zu Einhun-
dert Thalern oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten zu bestrafen.

§. 108.

Wer ein amtliches Siegel, welches von einer öffentlichen Behörde oder
einem öffentlichen Beamten angelegt ist, um Sachen zu verschließen, zu be-
zeichnen oder in Beschlag zu nehmen, ohne Befugniß vorsätzlich erbricht, ab-
löset oder beschädigt, wird mit Gefängniß von Einer Woche bis zu sechs
Monaten bestraft.



a) Verhandlungen. IV. S. 314-18.
b) Bericht der Kommission der zweiten Kammer zu §. 93. (105.)
Vgl. oben S. 107. 108.

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. VI. Vergehen widerd. öffentl. Ordnung.
mungen zu erlaſſen, wie ſie in Anſehung der aus der Kirche formell
ausgetretenen
Diſſidenten in der Verordnung vom 30. März 1847.
bereits getroffen ſind.“

Aus welchen Gründen die Strafe im Verhältniß zu der Beſtim-
mung des Entwurfs von 1847. erhöht worden iſt, läßt ſich aus den
Motiven nicht entnehmen.

B. Die in §. 105. normirten Fälle ſind rein polizeilicher Natur;
der vereinigte ſtändiſche Ausſchuß beſchloß daher auch, dieſelben nur
mit der Strafe der Uebertretungen zu belegen. a) In der Kommiſſion
der zweiten Kammer wurde dieſer Antrag aber abgelehnt, indem in
Uebereinſtimmung mit den Motiven zum Entwurf von 1850. ange-
nommen wurde, daß für die ſchwereren Fälle eine höhere Strafe erfor-
derlich ſei. Dagegen entſchied ſich die Kommiſſion dafür, in Ueberein-
ſtimmung mit dem früher zu §. 12. Nr. 2. über den Verluſt des
Adels gefaßten Beſchluß, ſtatt: „Standesauszeichnungen,“ den Ausdruck
„Adels-Prädikate“ zu wählen, indem ſie der Anſicht war, daß dadurch
jeder Widerſpruch mit Art. 4. der Verfaſſungs-Urkunde vermieden werde. b)

§. 106.

Wer Urkunden, Regiſter, Akten oder ſonſtige Gegenſtände, welche ſich an
einem öffentlichen Verwahrungsorte aufbewahrt finden, oder einem Beamten,
zu deſſen Amte die Verwahrung derſelben gehört, in amtlicher Eigenſchaft
übergeben worden ſind, vorſätzlich vernichtet oder bei Seite ſchafft, wird mit
Gefängniß nicht unter drei Monaten beſtraft.

Iſt die Handlung in gewinnſüchtiger Abſicht begangen, ſo ſoll zugleich auf
zeitige Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

§. 107.

Wer die zur öffentlichen Bekanntmachung angeſchlagenen Verordnungen,
Befehle, Patente oder Anzeigen öffentlicher Behörden oder Beamten vorſätzlich
abreißt, beſchädigt, befleckt oder verunſtaltet, iſt mit Geldbuße bis zu Einhun-
dert Thalern oder mit Gefängniß bis zu ſechs Monaten zu beſtrafen.

§. 108.

Wer ein amtliches Siegel, welches von einer öffentlichen Behörde oder
einem öffentlichen Beamten angelegt iſt, um Sachen zu verſchließen, zu be-
zeichnen oder in Beſchlag zu nehmen, ohne Befugniß vorſätzlich erbricht, ab-
löſet oder beſchädigt, wird mit Gefängniß von Einer Woche bis zu ſechs
Monaten beſtraft.



a) Verhandlungen. IV. S. 314-18.
b) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 93. (105.)
Vgl. oben S. 107. 108.
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[274/0284] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. VI. Vergehen widerd. öffentl. Ordnung. mungen zu erlaſſen, wie ſie in Anſehung der aus der Kirche formell ausgetretenen Diſſidenten in der Verordnung vom 30. März 1847. bereits getroffen ſind.“ Aus welchen Gründen die Strafe im Verhältniß zu der Beſtim- mung des Entwurfs von 1847. erhöht worden iſt, läßt ſich aus den Motiven nicht entnehmen. B. Die in §. 105. normirten Fälle ſind rein polizeilicher Natur; der vereinigte ſtändiſche Ausſchuß beſchloß daher auch, dieſelben nur mit der Strafe der Uebertretungen zu belegen. a) In der Kommiſſion der zweiten Kammer wurde dieſer Antrag aber abgelehnt, indem in Uebereinſtimmung mit den Motiven zum Entwurf von 1850. ange- nommen wurde, daß für die ſchwereren Fälle eine höhere Strafe erfor- derlich ſei. Dagegen entſchied ſich die Kommiſſion dafür, in Ueberein- ſtimmung mit dem früher zu §. 12. Nr. 2. über den Verluſt des Adels gefaßten Beſchluß, ſtatt: „Standesauszeichnungen,“ den Ausdruck „Adels-Prädikate“ zu wählen, indem ſie der Anſicht war, daß dadurch jeder Widerſpruch mit Art. 4. der Verfaſſungs-Urkunde vermieden werde. b) §. 106. Wer Urkunden, Regiſter, Akten oder ſonſtige Gegenſtände, welche ſich an einem öffentlichen Verwahrungsorte aufbewahrt finden, oder einem Beamten, zu deſſen Amte die Verwahrung derſelben gehört, in amtlicher Eigenſchaft übergeben worden ſind, vorſätzlich vernichtet oder bei Seite ſchafft, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten beſtraft. Iſt die Handlung in gewinnſüchtiger Abſicht begangen, ſo ſoll zugleich auf zeitige Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. §. 107. Wer die zur öffentlichen Bekanntmachung angeſchlagenen Verordnungen, Befehle, Patente oder Anzeigen öffentlicher Behörden oder Beamten vorſätzlich abreißt, beſchädigt, befleckt oder verunſtaltet, iſt mit Geldbuße bis zu Einhun- dert Thalern oder mit Gefängniß bis zu ſechs Monaten zu beſtrafen. §. 108. Wer ein amtliches Siegel, welches von einer öffentlichen Behörde oder einem öffentlichen Beamten angelegt iſt, um Sachen zu verſchließen, zu be- zeichnen oder in Beſchlag zu nehmen, ohne Befugniß vorſätzlich erbricht, ab- löſet oder beſchädigt, wird mit Gefängniß von Einer Woche bis zu ſechs Monaten beſtraft. a) Verhandlungen. IV. S. 314-18. b) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 93. (105.) Vgl. oben S. 107. 108.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/284>, abgerufen am 24.11.2024.