Th. II. V. d. einzeln. Verbr. u. Verg. Tit. IV. Verbr. u. Verg. i. Bezieh. etc.
auch wenn es nur gegen einen einzelnen Staatsbürger verübt wor- den ist.
2) Mit den Worten "zu wählen oder zu stimmen" sind die ver- schiedenen Arten der Thätigkeit bei der Ausübung staatsbürgerlicher Rechte bezeichnet worden, welche unter den besonderen Schutz des Ge- setzes gestellt sind. Wer also jemanden mit Gewalt verhindern würde, eine Rede zu halten, könnte nicht nach den hier aufgestellten Bestim- mungen bestraft werden.
3) Die Strafe des Vergehens, welche auch bei dem Versuch zur Anwendung kommt, ist Gefängniß von Einem bis zu fünf Jahren.
II. Fälschung oder Betrug bei der Sammlung von Wahl- oder Stimmzetteln oder Zeichen, so wie bei der Führung des Wahlprotokolls (§. 85.).
Die einzelnen Handlungen, welche unter die Strafbestimmung die- ses Paragraphen fallen, sind im demselben genau bezeichnet. Die Strafe ist Gefängniß und zeitige Untersagung der Ausübung der bür- gerlichen Ehrenrechte. Bei der Zumessung der Gefängnißstrafe wird aber unterschieden, ob der Thäter mit der Sammlung der Zettel oder Zeichen oder mit einer anderen Verrichtung bei dem Wahlgeschäft beauftragt war oder nicht. Im ersten Fall wird er mit Gefängniß von Einem bis zu drei Jahren bestraft; im zweiten Fall ist die Dauer der Strafe nur von drei Monaten bis zu zwei Jahren festgestellt. Die höhere Strafe im ersten Fall rechtfertigt sich dadurch, daß mit dem Vergehen die Verletzung einer Amtspflicht oder eines besonderen Vertrauens ver- bunden ist. t)
III. Jemand kauft oder verkauft eine Wahlstimme (§. 86.) -- Hier ist von einer dritten Art der strafbaren Einwirkung auf die öffent- lichen Wahlen die Rede; zu Gewalt, Fälschung und Betrug kommt die Bestechung. Dieses Verbrechen ist aber nicht in dem weiteren Sinne genommen, wie es §. 311-13. für andere Fällen aufgefaßt wor- den; nur der Kauf oder Verkauf von Wahlstimmen ist unter Strafe gestellt. Es müssen die allgemeinen gesetzlichen Bedingungen des Kaufgeschäftes vorliegen, wenn auf eine Strafe erkannt werden soll, -- sogar eine bestimmte Kaufsumme, da nicht einmal die weitere Fassung des Code penal wiederholt worden ist. u) In unzureichender Weise kann wohl kaum durch die Strafgesetzgebung den Wahlbestechungen, de- nen freilich überhaupt schwer beizukommen ist, entgegengewirkt werden,
t) Vgl. Code penal. Art. 111. 112.
u)Code penal. Art. 113. -- a un prix quelconque --. cf. Chau- veau et Helie Faustin l. c. II. chap. XIX. p. 26.
Th. II. V. d. einzeln. Verbr. u. Verg. Tit. IV. Verbr. u. Verg. i. Bezieh. ꝛc.
auch wenn es nur gegen einen einzelnen Staatsbürger verübt wor- den iſt.
2) Mit den Worten „zu wählen oder zu ſtimmen“ ſind die ver- ſchiedenen Arten der Thätigkeit bei der Ausübung ſtaatsbürgerlicher Rechte bezeichnet worden, welche unter den beſonderen Schutz des Ge- ſetzes geſtellt ſind. Wer alſo jemanden mit Gewalt verhindern würde, eine Rede zu halten, könnte nicht nach den hier aufgeſtellten Beſtim- mungen beſtraft werden.
3) Die Strafe des Vergehens, welche auch bei dem Verſuch zur Anwendung kommt, iſt Gefängniß von Einem bis zu fünf Jahren.
II. Fälſchung oder Betrug bei der Sammlung von Wahl- oder Stimmzetteln oder Zeichen, ſo wie bei der Führung des Wahlprotokolls (§. 85.).
Die einzelnen Handlungen, welche unter die Strafbeſtimmung die- ſes Paragraphen fallen, ſind im demſelben genau bezeichnet. Die Strafe iſt Gefängniß und zeitige Unterſagung der Ausübung der bür- gerlichen Ehrenrechte. Bei der Zumeſſung der Gefängnißſtrafe wird aber unterſchieden, ob der Thäter mit der Sammlung der Zettel oder Zeichen oder mit einer anderen Verrichtung bei dem Wahlgeſchäft beauftragt war oder nicht. Im erſten Fall wird er mit Gefängniß von Einem bis zu drei Jahren beſtraft; im zweiten Fall iſt die Dauer der Strafe nur von drei Monaten bis zu zwei Jahren feſtgeſtellt. Die höhere Strafe im erſten Fall rechtfertigt ſich dadurch, daß mit dem Vergehen die Verletzung einer Amtspflicht oder eines beſonderen Vertrauens ver- bunden iſt. t)
III. Jemand kauft oder verkauft eine Wahlſtimme (§. 86.) — Hier iſt von einer dritten Art der ſtrafbaren Einwirkung auf die öffent- lichen Wahlen die Rede; zu Gewalt, Fälſchung und Betrug kommt die Beſtechung. Dieſes Verbrechen iſt aber nicht in dem weiteren Sinne genommen, wie es §. 311-13. für andere Fällen aufgefaßt wor- den; nur der Kauf oder Verkauf von Wahlſtimmen iſt unter Strafe geſtellt. Es müſſen die allgemeinen geſetzlichen Bedingungen des Kaufgeſchäftes vorliegen, wenn auf eine Strafe erkannt werden ſoll, — ſogar eine beſtimmte Kaufſumme, da nicht einmal die weitere Faſſung des Code pénal wiederholt worden iſt. u) In unzureichender Weiſe kann wohl kaum durch die Strafgeſetzgebung den Wahlbeſtechungen, de- nen freilich überhaupt ſchwer beizukommen iſt, entgegengewirkt werden,
t) Vgl. Code pénal. Art. 111. 112.
u)Code pénal. Art. 113. — à un prix quelconque —. cf. Chau- veau et Hélie Faustin l. c. II. chap. XIX. p. 26.
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Th. II. V. d. einzeln. Verbr. u. Verg. Tit. IV. Verbr. u. Verg. i. Bezieh. ꝛc.
auch wenn es nur gegen einen einzelnen Staatsbürger verübt wor-
den iſt.
2) Mit den Worten „zu wählen oder zu ſtimmen“ ſind die ver-
ſchiedenen Arten der Thätigkeit bei der Ausübung ſtaatsbürgerlicher
Rechte bezeichnet worden, welche unter den beſonderen Schutz des Ge-
ſetzes geſtellt ſind. Wer alſo jemanden mit Gewalt verhindern würde,
eine Rede zu halten, könnte nicht nach den hier aufgeſtellten Beſtim-
mungen beſtraft werden.
3) Die Strafe des Vergehens, welche auch bei dem Verſuch zur
Anwendung kommt, iſt Gefängniß von Einem bis zu fünf Jahren.
II. Fälſchung oder Betrug bei der Sammlung von Wahl- oder
Stimmzetteln oder Zeichen, ſo wie bei der Führung des Wahlprotokolls
(§. 85.).
Die einzelnen Handlungen, welche unter die Strafbeſtimmung die-
ſes Paragraphen fallen, ſind im demſelben genau bezeichnet. Die
Strafe iſt Gefängniß und zeitige Unterſagung der Ausübung der bür-
gerlichen Ehrenrechte. Bei der Zumeſſung der Gefängnißſtrafe wird aber
unterſchieden, ob der Thäter mit der Sammlung der Zettel oder Zeichen
oder mit einer anderen Verrichtung bei dem Wahlgeſchäft beauftragt
war oder nicht. Im erſten Fall wird er mit Gefängniß von Einem
bis zu drei Jahren beſtraft; im zweiten Fall iſt die Dauer der Strafe
nur von drei Monaten bis zu zwei Jahren feſtgeſtellt. Die höhere
Strafe im erſten Fall rechtfertigt ſich dadurch, daß mit dem Vergehen
die Verletzung einer Amtspflicht oder eines beſonderen Vertrauens ver-
bunden iſt. t)
III. Jemand kauft oder verkauft eine Wahlſtimme (§. 86.) —
Hier iſt von einer dritten Art der ſtrafbaren Einwirkung auf die öffent-
lichen Wahlen die Rede; zu Gewalt, Fälſchung und Betrug kommt die
Beſtechung. Dieſes Verbrechen iſt aber nicht in dem weiteren Sinne
genommen, wie es §. 311-13. für andere Fällen aufgefaßt wor-
den; nur der Kauf oder Verkauf von Wahlſtimmen iſt unter
Strafe geſtellt. Es müſſen die allgemeinen geſetzlichen Bedingungen
des Kaufgeſchäftes vorliegen, wenn auf eine Strafe erkannt werden ſoll,
— ſogar eine beſtimmte Kaufſumme, da nicht einmal die weitere Faſſung
des Code pénal wiederholt worden iſt. u) In unzureichender Weiſe
kann wohl kaum durch die Strafgeſetzgebung den Wahlbeſtechungen, de-
nen freilich überhaupt ſchwer beizukommen iſt, entgegengewirkt werden,
t) Vgl. Code pénal. Art. 111. 112.
u) Code pénal. Art. 113. — à un prix quelconque —. cf. Chau-
veau et Hélie Faustin l. c. II. chap. XIX. p. 26.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/260>, abgerufen am 24.11.2024.
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