II. Die Strafe wird vollstreckt durch Enthauptung. Die Ent- würfe von 1827. und 1830. nennen das Fallbeil als das Instrument, mit welchem die Hinrichtung zu vollziehen sei; und da in den späteren Entwürfen diese Bestimmung fehlte, so beantragte der vereinigte stän- dische Ausschuß fast einstimmig, daß die Enthauptung durch Anwendung des Fallbeils zu vollstrecken und dieß im Gesetz auszudrücken sei. z) Der Entwurf von 1850. hatte aber diesem Antrage keine Folge gegeben, und auch in das Gesetzbuch ist die Bestimmung nicht aufgenommen worden. Der Kommissionsbericht der zweiten Kammer sagt darüber:
"Der Entwurf setzt die Enthauptung als die einzig zulässige To- desstrafe fest, schweigt aber darüber, wie dieselbe zu vollstrecken ist. Daraus folgt, daß es bis auf Weiteres bei den bestehenden Bestimmun- gen verbleiben, mithin vorläufig im Bezirk des Appellations-Gerichts- hofes zu Köln das Fallbeil, im übrigen Umfange der Monarchie aber das Beil des Scharfrichters beibehalten werden soll. Die Kommission hält es nun allerdings für wünschenswerth, in der ganzen Monarchie nur eine Art der Enthauptung zuzulassen. Sie würde sich auch, wenn eine Bestimmung hierüber in das Strafgesetzbuch aufgenommen werden sollte, unbedenklich für die allgemeine Einführung des Fallbeils aus- sprechen. Sie erkennt indeß an, daß die öffentliche Meinung gegen diese Art der Hinrichtung noch vielfach eingenommen ist, a) und daß es des- halb den Vorzug verdient, die Herstellung einer gleichmäßigen Hinrich- tungsart einem späteren Gesetze vorzubehalten."
III. Das Rheinische Recht enthält die Vorschrift, daß die Todes- strafe an einer schwangeren Frau erst nach ihrer Entbindung zu voll- strecken ist. b) Dieß darf als sich von selbst verstehend angenommen werden, da auch die Leibesfrucht unter den Schutz der Gesetze gestellt ist, und die Vollziehung der Strafe an einer Schwangeren über die Ab- sicht des Gesetzes und des Urtheils hinausgehen würde.
IV. Die Oeffentlichkeit der Hinrichtungen, die bisher im Sinne der Abschreckungstheorie (Kriminalordnung §. 546.) unbedingt statt fand, ist in dem Strafgesetzbuch §. 8. wesentlich beschränkt worden, indem die s. g. Intramuran-Hinrichtung Aufnahme gefunden hat. Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Vollstreckung der Todesstrafe auf öffentlichen Plätzen, (die s. g. Extramuran-Hinrichtung) unter dem Zudrange großer Volks- massen mit manchen Uebelständen verbunden ist, daß zu leicht ein Schau- spiel für Neugierige daraus wird. In Nordamerika hat man daher an
z)Verhandlungen II. S. 161.
a) Die Richtigkeit dieser Behauptung wurde in der Kommission freilich von meh- reren Seiten in Abrede gestellt.
b)Code penal art. 27.
§§. 7. 8. 9. Die Todesſtrafe.
II. Die Strafe wird vollſtreckt durch Enthauptung. Die Ent- würfe von 1827. und 1830. nennen das Fallbeil als das Inſtrument, mit welchem die Hinrichtung zu vollziehen ſei; und da in den ſpäteren Entwürfen dieſe Beſtimmung fehlte, ſo beantragte der vereinigte ſtän- diſche Ausſchuß faſt einſtimmig, daß die Enthauptung durch Anwendung des Fallbeils zu vollſtrecken und dieß im Geſetz auszudrücken ſei. z) Der Entwurf von 1850. hatte aber dieſem Antrage keine Folge gegeben, und auch in das Geſetzbuch iſt die Beſtimmung nicht aufgenommen worden. Der Kommiſſionsbericht der zweiten Kammer ſagt darüber:
„Der Entwurf ſetzt die Enthauptung als die einzig zuläſſige To- desſtrafe feſt, ſchweigt aber darüber, wie dieſelbe zu vollſtrecken iſt. Daraus folgt, daß es bis auf Weiteres bei den beſtehenden Beſtimmun- gen verbleiben, mithin vorläufig im Bezirk des Appellations-Gerichts- hofes zu Köln das Fallbeil, im übrigen Umfange der Monarchie aber das Beil des Scharfrichters beibehalten werden ſoll. Die Kommiſſion hält es nun allerdings für wünſchenswerth, in der ganzen Monarchie nur eine Art der Enthauptung zuzulaſſen. Sie würde ſich auch, wenn eine Beſtimmung hierüber in das Strafgeſetzbuch aufgenommen werden ſollte, unbedenklich für die allgemeine Einführung des Fallbeils aus- ſprechen. Sie erkennt indeß an, daß die öffentliche Meinung gegen dieſe Art der Hinrichtung noch vielfach eingenommen iſt, a) und daß es des- halb den Vorzug verdient, die Herſtellung einer gleichmäßigen Hinrich- tungsart einem ſpäteren Geſetze vorzubehalten.“
III. Das Rheiniſche Recht enthält die Vorſchrift, daß die Todes- ſtrafe an einer ſchwangeren Frau erſt nach ihrer Entbindung zu voll- ſtrecken iſt. b) Dieß darf als ſich von ſelbſt verſtehend angenommen werden, da auch die Leibesfrucht unter den Schutz der Geſetze geſtellt iſt, und die Vollziehung der Strafe an einer Schwangeren über die Ab- ſicht des Geſetzes und des Urtheils hinausgehen würde.
IV. Die Oeffentlichkeit der Hinrichtungen, die bisher im Sinne der Abſchreckungstheorie (Kriminalordnung §. 546.) unbedingt ſtatt fand, iſt in dem Strafgeſetzbuch §. 8. weſentlich beſchränkt worden, indem die ſ. g. Intramuran-Hinrichtung Aufnahme gefunden hat. Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Vollſtreckung der Todesſtrafe auf öffentlichen Plätzen, (die ſ. g. Extramuran-Hinrichtung) unter dem Zudrange großer Volks- maſſen mit manchen Uebelſtänden verbunden iſt, daß zu leicht ein Schau- ſpiel für Neugierige daraus wird. In Nordamerika hat man daher an
z)Verhandlungen II. S. 161.
a) Die Richtigkeit dieſer Behauptung wurde in der Kommiſſion freilich von meh- reren Seiten in Abrede geſtellt.
b)Code pénal art. 27.
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II. Die Strafe wird vollſtreckt durch Enthauptung. Die Ent-
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mit welchem die Hinrichtung zu vollziehen ſei; und da in den ſpäteren
Entwürfen dieſe Beſtimmung fehlte, ſo beantragte der vereinigte ſtän-
diſche Ausſchuß faſt einſtimmig, daß die Enthauptung durch Anwendung
des Fallbeils zu vollſtrecken und dieß im Geſetz auszudrücken ſei. z)
Der Entwurf von 1850. hatte aber dieſem Antrage keine Folge gegeben,
und auch in das Geſetzbuch iſt die Beſtimmung nicht aufgenommen
worden. Der Kommiſſionsbericht der zweiten Kammer ſagt darüber:
„Der Entwurf ſetzt die Enthauptung als die einzig zuläſſige To-
desſtrafe feſt, ſchweigt aber darüber, wie dieſelbe zu vollſtrecken iſt.
Daraus folgt, daß es bis auf Weiteres bei den beſtehenden Beſtimmun-
gen verbleiben, mithin vorläufig im Bezirk des Appellations-Gerichts-
hofes zu Köln das Fallbeil, im übrigen Umfange der Monarchie aber
das Beil des Scharfrichters beibehalten werden ſoll. Die Kommiſſion
hält es nun allerdings für wünſchenswerth, in der ganzen Monarchie
nur eine Art der Enthauptung zuzulaſſen. Sie würde ſich auch, wenn
eine Beſtimmung hierüber in das Strafgeſetzbuch aufgenommen werden
ſollte, unbedenklich für die allgemeine Einführung des Fallbeils aus-
ſprechen. Sie erkennt indeß an, daß die öffentliche Meinung gegen dieſe
Art der Hinrichtung noch vielfach eingenommen iſt, a) und daß es des-
halb den Vorzug verdient, die Herſtellung einer gleichmäßigen Hinrich-
tungsart einem ſpäteren Geſetze vorzubehalten.“
III. Das Rheiniſche Recht enthält die Vorſchrift, daß die Todes-
ſtrafe an einer ſchwangeren Frau erſt nach ihrer Entbindung zu voll-
ſtrecken iſt. b) Dieß darf als ſich von ſelbſt verſtehend angenommen
werden, da auch die Leibesfrucht unter den Schutz der Geſetze geſtellt
iſt, und die Vollziehung der Strafe an einer Schwangeren über die Ab-
ſicht des Geſetzes und des Urtheils hinausgehen würde.
IV. Die Oeffentlichkeit der Hinrichtungen, die bisher im Sinne
der Abſchreckungstheorie (Kriminalordnung §. 546.) unbedingt ſtatt fand,
iſt in dem Strafgeſetzbuch §. 8. weſentlich beſchränkt worden, indem die
ſ. g. Intramuran-Hinrichtung Aufnahme gefunden hat. Die Erfahrung
hat gezeigt, daß die Vollſtreckung der Todesſtrafe auf öffentlichen Plätzen,
(die ſ. g. Extramuran-Hinrichtung) unter dem Zudrange großer Volks-
maſſen mit manchen Uebelſtänden verbunden iſt, daß zu leicht ein Schau-
ſpiel für Neugierige daraus wird. In Nordamerika hat man daher an
z) Verhandlungen II. S. 161.
a) Die Richtigkeit dieſer Behauptung wurde in der Kommiſſion freilich von meh-
reren Seiten in Abrede geſtellt.
b) Code pénal art. 27.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/105>, abgerufen am 27.11.2024.
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