Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.es kam wirklich auf ihn zu. Wie es ganz nahe war erkannte er an der untersetzten Gestalt und dem großen Barte den Immeker, der einen Handkorb trug. Freudig schritt Fritz auf ihn zu und sagte: Ich komme von Euch, Herrmann Baldrian. Ich weiß, antwortete der Immeker. Ihr seid weit in der Irre herumgelaufen. -- Wer hat's Euch denn gesagt? fragte Fritz erstaunt. -- Der Immeker lächelte bedeutungsvoll und schwieg. Beruhigt Euch, Keiner im Dorf, fuhr er dann fort. Da er Fritzens gespannte Miene bemerkte, setzte er hinzu: Die Wolke, in die Euer Schatten fiel. Fritz sah ihn betroffen an, er glaubte sich zu erinnern, wie eine kleine Wolke am blauen Himmel über die Sonne gezogen, als der Finke in der Eiche sang. Das kam ihm so wunderbar vor, daß er verstummte. Ihr habt einen Diebstahl zu beklagen? fuhr der Immeker fort. Fritz schüttelte den Kopf; einen Diebstahl nicht, sagte er, sich hinter den Ohren krauend. -- Doch, doch! nickte der Immeker. Sie stahlen Euch ein Herz? fuhr er wie fragend fort. Fritz staunte den Mann der Wüste an. Ich begreife nicht, sagte er endlich, wie Ihr Alles wissen könnt! -- Wenn Ihr's begriffet, warf der Immeker hin, so wär's das rechte Wunder! -- Sie gingen ein paar Schritte weiter. Sagt mir, brach Fritz das Schweigen, dessen schwer bedrücktes Herz nicht wußte, wie er seinen Vortrag es kam wirklich auf ihn zu. Wie es ganz nahe war erkannte er an der untersetzten Gestalt und dem großen Barte den Immeker, der einen Handkorb trug. Freudig schritt Fritz auf ihn zu und sagte: Ich komme von Euch, Herrmann Baldrian. Ich weiß, antwortete der Immeker. Ihr seid weit in der Irre herumgelaufen. — Wer hat's Euch denn gesagt? fragte Fritz erstaunt. — Der Immeker lächelte bedeutungsvoll und schwieg. Beruhigt Euch, Keiner im Dorf, fuhr er dann fort. Da er Fritzens gespannte Miene bemerkte, setzte er hinzu: Die Wolke, in die Euer Schatten fiel. Fritz sah ihn betroffen an, er glaubte sich zu erinnern, wie eine kleine Wolke am blauen Himmel über die Sonne gezogen, als der Finke in der Eiche sang. Das kam ihm so wunderbar vor, daß er verstummte. Ihr habt einen Diebstahl zu beklagen? fuhr der Immeker fort. Fritz schüttelte den Kopf; einen Diebstahl nicht, sagte er, sich hinter den Ohren krauend. — Doch, doch! nickte der Immeker. Sie stahlen Euch ein Herz? fuhr er wie fragend fort. Fritz staunte den Mann der Wüste an. Ich begreife nicht, sagte er endlich, wie Ihr Alles wissen könnt! — Wenn Ihr's begriffet, warf der Immeker hin, so wär's das rechte Wunder! — Sie gingen ein paar Schritte weiter. Sagt mir, brach Fritz das Schweigen, dessen schwer bedrücktes Herz nicht wußte, wie er seinen Vortrag <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0056"/> es kam wirklich auf ihn zu. Wie es ganz nahe war erkannte er an der untersetzten Gestalt und dem großen Barte den Immeker, der einen Handkorb trug. Freudig schritt Fritz auf ihn zu und sagte: Ich komme von Euch, Herrmann Baldrian.</p><lb/> <p>Ich weiß, antwortete der Immeker. Ihr seid weit in der Irre herumgelaufen. — Wer hat's Euch denn gesagt? fragte Fritz erstaunt. — Der Immeker lächelte bedeutungsvoll und schwieg. Beruhigt Euch, Keiner im Dorf, fuhr er dann fort. Da er Fritzens gespannte Miene bemerkte, setzte er hinzu: Die Wolke, in die Euer Schatten fiel. Fritz sah ihn betroffen an, er glaubte sich zu erinnern, wie eine kleine Wolke am blauen Himmel über die Sonne gezogen, als der Finke in der Eiche sang. Das kam ihm so wunderbar vor, daß er verstummte.</p><lb/> <p>Ihr habt einen Diebstahl zu beklagen? fuhr der Immeker fort. Fritz schüttelte den Kopf; einen Diebstahl nicht, sagte er, sich hinter den Ohren krauend. — Doch, doch! nickte der Immeker. Sie stahlen Euch ein Herz? fuhr er wie fragend fort. Fritz staunte den Mann der Wüste an. Ich begreife nicht, sagte er endlich, wie Ihr Alles wissen könnt! — Wenn Ihr's begriffet, warf der Immeker hin, so wär's das rechte Wunder! — Sie gingen ein paar Schritte weiter. Sagt mir, brach Fritz das Schweigen, dessen schwer bedrücktes Herz nicht wußte, wie er seinen Vortrag<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0056]
es kam wirklich auf ihn zu. Wie es ganz nahe war erkannte er an der untersetzten Gestalt und dem großen Barte den Immeker, der einen Handkorb trug. Freudig schritt Fritz auf ihn zu und sagte: Ich komme von Euch, Herrmann Baldrian.
Ich weiß, antwortete der Immeker. Ihr seid weit in der Irre herumgelaufen. — Wer hat's Euch denn gesagt? fragte Fritz erstaunt. — Der Immeker lächelte bedeutungsvoll und schwieg. Beruhigt Euch, Keiner im Dorf, fuhr er dann fort. Da er Fritzens gespannte Miene bemerkte, setzte er hinzu: Die Wolke, in die Euer Schatten fiel. Fritz sah ihn betroffen an, er glaubte sich zu erinnern, wie eine kleine Wolke am blauen Himmel über die Sonne gezogen, als der Finke in der Eiche sang. Das kam ihm so wunderbar vor, daß er verstummte.
Ihr habt einen Diebstahl zu beklagen? fuhr der Immeker fort. Fritz schüttelte den Kopf; einen Diebstahl nicht, sagte er, sich hinter den Ohren krauend. — Doch, doch! nickte der Immeker. Sie stahlen Euch ein Herz? fuhr er wie fragend fort. Fritz staunte den Mann der Wüste an. Ich begreife nicht, sagte er endlich, wie Ihr Alles wissen könnt! — Wenn Ihr's begriffet, warf der Immeker hin, so wär's das rechte Wunder! — Sie gingen ein paar Schritte weiter. Sagt mir, brach Fritz das Schweigen, dessen schwer bedrücktes Herz nicht wußte, wie er seinen Vortrag
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/56 |
Zitationshilfe: | Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/56>, abgerufen am 16.02.2025. |