Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Blitz durch ihren Kopf gefahren, der Alles hell machte, was sonst dunkel war. Der ist's! wiederholte sie bei sich. Sie war über diesen Gedanken stehen geblieben, jetzt lief sie Lieschen nach. Warum hat er mir denn keine Rosen gegeben? fragte sie. Weil deine Blumen riechen, erwiderte Lieschen. Ja, das glaub' ich, sagte die Kleine boshaft, ich hatte sie auch frisch gepflückt und sie nicht über Nacht im Eimer stehen lassen. Und dann, so alte Wiesenblumen! Meine sind aus dem Garten, das ist doch viel vornehmer! -- Ein Haufen Weiber holte sie ein, man sprach von ander'n Dingen. Als die Schwestern aus der Kirche traten, stand Fritz schon an der Thür. Gestern hat Lieschen einen Löffel verbrannt, Fritz, sagte die Kleine boshaft. Das wird einmal eine schlechte Hausfrau, Fritz! Sie hat ihn im Topfe stecken lassen, das Ende über den Topf hinaus, er ist zu Kohlen gebrannt, und sind lauter Kohlen in den Brei gefallen, daß er schwarz und weiß war. Sie wollte nicht, daß ich ihre häßlichen blauen Blumen ins Feuer werfen sollte. Das wird einmal eine schlechte Hausfrau, Fritz! -- Lieschen erröthete, aber sie verzieh dem Kinde die eine Hälfte des Zusatzes über der andern.-- Sie wußte gestern gar nicht, was sie that, Fritz, fuhr die Kleine fort. Wußte sie's denn auf der Wiese? Gewiß hat sie Korn statt Gras gemäht. Naseweis! rief Lieschen, und Fritz blickte sie zärtlich an und schien in ihrer Betrachtung verloren. Sie Blitz durch ihren Kopf gefahren, der Alles hell machte, was sonst dunkel war. Der ist's! wiederholte sie bei sich. Sie war über diesen Gedanken stehen geblieben, jetzt lief sie Lieschen nach. Warum hat er mir denn keine Rosen gegeben? fragte sie. Weil deine Blumen riechen, erwiderte Lieschen. Ja, das glaub' ich, sagte die Kleine boshaft, ich hatte sie auch frisch gepflückt und sie nicht über Nacht im Eimer stehen lassen. Und dann, so alte Wiesenblumen! Meine sind aus dem Garten, das ist doch viel vornehmer! — Ein Haufen Weiber holte sie ein, man sprach von ander'n Dingen. Als die Schwestern aus der Kirche traten, stand Fritz schon an der Thür. Gestern hat Lieschen einen Löffel verbrannt, Fritz, sagte die Kleine boshaft. Das wird einmal eine schlechte Hausfrau, Fritz! Sie hat ihn im Topfe stecken lassen, das Ende über den Topf hinaus, er ist zu Kohlen gebrannt, und sind lauter Kohlen in den Brei gefallen, daß er schwarz und weiß war. Sie wollte nicht, daß ich ihre häßlichen blauen Blumen ins Feuer werfen sollte. Das wird einmal eine schlechte Hausfrau, Fritz! — Lieschen erröthete, aber sie verzieh dem Kinde die eine Hälfte des Zusatzes über der andern.— Sie wußte gestern gar nicht, was sie that, Fritz, fuhr die Kleine fort. Wußte sie's denn auf der Wiese? Gewiß hat sie Korn statt Gras gemäht. Naseweis! rief Lieschen, und Fritz blickte sie zärtlich an und schien in ihrer Betrachtung verloren. Sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0022"/> Blitz durch ihren Kopf gefahren, der Alles hell machte, was sonst dunkel war. Der ist's! wiederholte sie bei sich. Sie war über diesen Gedanken stehen geblieben, jetzt lief sie Lieschen nach. Warum hat er mir denn keine Rosen gegeben? fragte sie. Weil deine Blumen riechen, erwiderte Lieschen. Ja, das glaub' ich, sagte die Kleine boshaft, ich hatte sie auch frisch gepflückt und sie nicht über Nacht im Eimer stehen lassen. Und dann, so alte Wiesenblumen! Meine sind aus dem Garten, das ist doch viel vornehmer! — Ein Haufen Weiber holte sie ein, man sprach von ander'n Dingen.</p><lb/> <p>Als die Schwestern aus der Kirche traten, stand Fritz schon an der Thür. Gestern hat Lieschen einen Löffel verbrannt, Fritz, sagte die Kleine boshaft. Das wird einmal eine schlechte Hausfrau, Fritz! Sie hat ihn im Topfe stecken lassen, das Ende über den Topf hinaus, er ist zu Kohlen gebrannt, und sind lauter Kohlen in den Brei gefallen, daß er schwarz und weiß war. Sie wollte nicht, daß ich ihre häßlichen blauen Blumen ins Feuer werfen sollte. Das wird einmal eine schlechte Hausfrau, Fritz! — Lieschen erröthete, aber sie verzieh dem Kinde die eine Hälfte des Zusatzes über der andern.— Sie wußte gestern gar nicht, was sie that, Fritz, fuhr die Kleine fort. Wußte sie's denn auf der Wiese? Gewiß hat sie Korn statt Gras gemäht.</p><lb/> <p>Naseweis! rief Lieschen, und Fritz blickte sie zärtlich an und schien in ihrer Betrachtung verloren. Sie<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0022]
Blitz durch ihren Kopf gefahren, der Alles hell machte, was sonst dunkel war. Der ist's! wiederholte sie bei sich. Sie war über diesen Gedanken stehen geblieben, jetzt lief sie Lieschen nach. Warum hat er mir denn keine Rosen gegeben? fragte sie. Weil deine Blumen riechen, erwiderte Lieschen. Ja, das glaub' ich, sagte die Kleine boshaft, ich hatte sie auch frisch gepflückt und sie nicht über Nacht im Eimer stehen lassen. Und dann, so alte Wiesenblumen! Meine sind aus dem Garten, das ist doch viel vornehmer! — Ein Haufen Weiber holte sie ein, man sprach von ander'n Dingen.
Als die Schwestern aus der Kirche traten, stand Fritz schon an der Thür. Gestern hat Lieschen einen Löffel verbrannt, Fritz, sagte die Kleine boshaft. Das wird einmal eine schlechte Hausfrau, Fritz! Sie hat ihn im Topfe stecken lassen, das Ende über den Topf hinaus, er ist zu Kohlen gebrannt, und sind lauter Kohlen in den Brei gefallen, daß er schwarz und weiß war. Sie wollte nicht, daß ich ihre häßlichen blauen Blumen ins Feuer werfen sollte. Das wird einmal eine schlechte Hausfrau, Fritz! — Lieschen erröthete, aber sie verzieh dem Kinde die eine Hälfte des Zusatzes über der andern.— Sie wußte gestern gar nicht, was sie that, Fritz, fuhr die Kleine fort. Wußte sie's denn auf der Wiese? Gewiß hat sie Korn statt Gras gemäht.
Naseweis! rief Lieschen, und Fritz blickte sie zärtlich an und schien in ihrer Betrachtung verloren. Sie
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Zitationshilfe: | Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/22>, abgerufen am 03.07.2024. |