Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Und dann die Fuhre -- sollen wir die noch einmal bezahlen? Nach kurzer Berathung waren Alle dieser Meinung. Man entschloß sich ins Wirthshaus zu gehen und dort Mittag zu machen; aber die Pastorin, die den Bäcker sehr unzufrieden sah und sich den wohlhabenden Mann nicht zum Feinde machen wollte, lud ihn und seine Braut zu Tische ein, wo der Herr Kandidat auch speisen würde. Baumann, der Ehre geschmeichelt, nahm es an. Gertruden, die eine alte Bekannte der Pastorin war -- sie hatte eine Zeitlang in der Stadt als Kammerjungfer gedient -- flüsterte die Frau Pfarrerin zu, sie habe bei Tisch für Niemand mehr Platz, aber wenn sie mit ihrem Bräutigam zum Kaffee zu ihr kommen wolle, werde es sie freuen. So mußten denn nur Klaus und Töffel mit ihren Bräuten den bleibenden Aufenthalt im Wirthshaus nehmen, wo sie sich gegenseitig ihre Noth klagten, daß der Aufwand, den sie durch eine Quadrupelallianz zu mildern gedacht, sich nun um den Betrag des Essens vermehre. Die reichen Leute haben immer weniger Ausgabe, als die geringen, sagte Klaus, weil ihnen die Menschen Alles entgegentragen, und es sollte doch nach Recht und Billigkeit umgekehrt sein. -- Davon hat ja der Pastor vor drei Wochen erst gepredigt, antwortete Töffel; wer da hat, dem wird gegeben, sagte er; das sehe aber der Teufel ein, daß das recht ist; ich konnt's schon damals nicht begreifen. -- Nun siehst du's aber doch ein, daß es so Und dann die Fuhre — sollen wir die noch einmal bezahlen? Nach kurzer Berathung waren Alle dieser Meinung. Man entschloß sich ins Wirthshaus zu gehen und dort Mittag zu machen; aber die Pastorin, die den Bäcker sehr unzufrieden sah und sich den wohlhabenden Mann nicht zum Feinde machen wollte, lud ihn und seine Braut zu Tische ein, wo der Herr Kandidat auch speisen würde. Baumann, der Ehre geschmeichelt, nahm es an. Gertruden, die eine alte Bekannte der Pastorin war — sie hatte eine Zeitlang in der Stadt als Kammerjungfer gedient — flüsterte die Frau Pfarrerin zu, sie habe bei Tisch für Niemand mehr Platz, aber wenn sie mit ihrem Bräutigam zum Kaffee zu ihr kommen wolle, werde es sie freuen. So mußten denn nur Klaus und Töffel mit ihren Bräuten den bleibenden Aufenthalt im Wirthshaus nehmen, wo sie sich gegenseitig ihre Noth klagten, daß der Aufwand, den sie durch eine Quadrupelallianz zu mildern gedacht, sich nun um den Betrag des Essens vermehre. Die reichen Leute haben immer weniger Ausgabe, als die geringen, sagte Klaus, weil ihnen die Menschen Alles entgegentragen, und es sollte doch nach Recht und Billigkeit umgekehrt sein. — Davon hat ja der Pastor vor drei Wochen erst gepredigt, antwortete Töffel; wer da hat, dem wird gegeben, sagte er; das sehe aber der Teufel ein, daß das recht ist; ich konnt's schon damals nicht begreifen. — Nun siehst du's aber doch ein, daß es so <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0104"/> Und dann die Fuhre — sollen wir die noch einmal bezahlen?</p><lb/> <p>Nach kurzer Berathung waren Alle dieser Meinung. Man entschloß sich ins Wirthshaus zu gehen und dort Mittag zu machen; aber die Pastorin, die den Bäcker sehr unzufrieden sah und sich den wohlhabenden Mann nicht zum Feinde machen wollte, lud ihn und seine Braut zu Tische ein, wo der Herr Kandidat auch speisen würde. Baumann, der Ehre geschmeichelt, nahm es an. Gertruden, die eine alte Bekannte der Pastorin war — sie hatte eine Zeitlang in der Stadt als Kammerjungfer gedient — flüsterte die Frau Pfarrerin zu, sie habe bei Tisch für Niemand mehr Platz, aber wenn sie mit ihrem Bräutigam zum Kaffee zu ihr kommen wolle, werde es sie freuen. So mußten denn nur Klaus und Töffel mit ihren Bräuten den bleibenden Aufenthalt im Wirthshaus nehmen, wo sie sich gegenseitig ihre Noth klagten, daß der Aufwand, den sie durch eine Quadrupelallianz zu mildern gedacht, sich nun um den Betrag des Essens vermehre. Die reichen Leute haben immer weniger Ausgabe, als die geringen, sagte Klaus, weil ihnen die Menschen Alles entgegentragen, und es sollte doch nach Recht und Billigkeit umgekehrt sein. — Davon hat ja der Pastor vor drei Wochen erst gepredigt, antwortete Töffel; wer da hat, dem wird gegeben, sagte er; das sehe aber der Teufel ein, daß das recht ist; ich konnt's schon damals nicht begreifen. — Nun siehst du's aber doch ein, daß es so<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0104]
Und dann die Fuhre — sollen wir die noch einmal bezahlen?
Nach kurzer Berathung waren Alle dieser Meinung. Man entschloß sich ins Wirthshaus zu gehen und dort Mittag zu machen; aber die Pastorin, die den Bäcker sehr unzufrieden sah und sich den wohlhabenden Mann nicht zum Feinde machen wollte, lud ihn und seine Braut zu Tische ein, wo der Herr Kandidat auch speisen würde. Baumann, der Ehre geschmeichelt, nahm es an. Gertruden, die eine alte Bekannte der Pastorin war — sie hatte eine Zeitlang in der Stadt als Kammerjungfer gedient — flüsterte die Frau Pfarrerin zu, sie habe bei Tisch für Niemand mehr Platz, aber wenn sie mit ihrem Bräutigam zum Kaffee zu ihr kommen wolle, werde es sie freuen. So mußten denn nur Klaus und Töffel mit ihren Bräuten den bleibenden Aufenthalt im Wirthshaus nehmen, wo sie sich gegenseitig ihre Noth klagten, daß der Aufwand, den sie durch eine Quadrupelallianz zu mildern gedacht, sich nun um den Betrag des Essens vermehre. Die reichen Leute haben immer weniger Ausgabe, als die geringen, sagte Klaus, weil ihnen die Menschen Alles entgegentragen, und es sollte doch nach Recht und Billigkeit umgekehrt sein. — Davon hat ja der Pastor vor drei Wochen erst gepredigt, antwortete Töffel; wer da hat, dem wird gegeben, sagte er; das sehe aber der Teufel ein, daß das recht ist; ich konnt's schon damals nicht begreifen. — Nun siehst du's aber doch ein, daß es so
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Zitationshilfe: | Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/104>, abgerufen am 16.07.2024. |