Bernoulli, Jakob I.: Neu-erfundene Anleitung / Wie man den Lauff der Comet- oder Schwantzsternen in gewisse grundmässige Gesätze einrichten und ihre Erscheinung vorhersagen könne. Basel, 1681.einem Cometen werde: Besihe davon die Anfänge seiner Welt-weißheit, am 109. bl. Zwar Am vermuthlichsten ist es, Gott habe gleich in der Erschaffung aller Dingen solche großmächtige 2. Betreffend dann diesen ihren Lauff, so kan derselbe zwar ohnmöglich in einer geraden Lini be- 3. Belangend den Ort, wo die Cometen ihr Wesen haben, so kan der alte Wahn, welchem einem Cometen werde: Besihe davon die Anfaͤnge seiner Welt-weißheit, am 109. bl. Zwar Am vermuthlichsten ist es, Gott habe gleich in der Erschaffung aller Dingen solche großmaͤchtige 2. Betreffend dann diesen ihren Lauff, so kan derselbe zwar ohnmoͤglich in einer geraden Lini be- 3. Belangend den Ort, wo die Cometen ihr Wesen haben, so kan der alte Wahn, welchem <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0004" n="4"/> einem Cometen werde: Besihe davon die <bibl>Anfaͤnge seiner Welt-weißheit, am 109. bl.</bibl> Zwar<lb/> daß in einem jeden dergleichen Weltwuͤrbeln viel Veraͤnderungen sich zutragen koͤnnen, kan man <hi rendition="#aq">Cart-<lb/> esio</hi> endlich wol gestehen, daß aber der Wuͤrbel selbst, ein so uͤberauß großes Geschoͤpff koͤnne gaͤntz-<lb/> lich zu truͤmmern gehen, ist gantz unglaublich; der allweise Schoͤpffer hat wol im gebrauch, die Ein-<lb/> wohnere, nicht aber das gantze Gebaͤude, und die Wohnung selber zu zerstoͤren und zu vernichtigen, wie<lb/> wir es abnemmen an unserer <cit><quote>Erden, die da fest gegruͤndet auf ihren Boden, daß sie bleibe<lb/> immer und ewiglich,</quote><bibl>Psal. 104.5.</bibl></cit> ob schon die darauf sich befindende Gewaͤchse, Thiere und Men-<lb/> schen taͤglich entstehen und vergehen. Wann das gesagt wird von dem kleinen Erdenkuͤgelein, wie<lb/> viel mehr soll es gelten von einem so ansehenlichen und fast unendlich groͤßeren Geschoͤpffe? Ja wann<lb/> jene seltzame Meinung platz hette, moͤchte man nicht unbillich in die sorgfaͤltigen Gedancken gerathen,<lb/> es moͤchte unserm Wuͤrbel, darinn wir, die Sonne, der Mond und alle Planeten begriffen, mit der zeit<lb/> auch so erbaͤrmlich gehen, umb so viel desto mehr, weil die Sternkundigere mit ihren Fernrohren auch<lb/> zimliche Flecken an der Sonnen entdecken, und was noch mehr, weil sich etwan solche Flecken, der Ge-<lb/> schichtschreibern bericht nach, gantze Jahr lang umm die Sonnen herumb sich außgebreitet und ihre gan-<lb/> tze Flaͤche bedeckt haben. Da wurde es dann wunderseltzame Haͤndel und Spruͤnge abgeben, wann<lb/> unsere Sonne zu einem Cometen und ein Fixstern uns zur Sonnen wurde; man muß aber nicht<lb/> zuviel hievon schwaͤtzen, es moͤchte sonsten vielen Leuthen auß forcht der Schwindel ankommen. </p> <p>Am vermuthlichsten ist es, Gott habe gleich in der Erschaffung aller Dingen solche großmaͤchtige<lb/> Wercke und Zeugnissen seiner Allmacht (die Cometen) in ihrer Vollkommenheit hervor gebracht,<lb/> und ihnen nicht anders als den uͤbrigen Sternen und Planeten, einen gewissen Ort eingeraumet,<lb/> und einen umbschrie benen Lauff bestimmet, auß deme sie nicht weichen sollen, biß an der Welt ende.</p> <p>2. Betreffend dann diesen ihren Lauff, so kan derselbe zwar ohnmoͤglich in einer geraden Lini be-<lb/> schehen; dann sonsten muͤßte der Comet auß einem Weltwuͤrbel in den andern nach und nach sich<lb/> verfuͤgen, welches wir allbereit als ungereimt verworffen: ja er muͤßte endlich gar die Grentzen die-<lb/> ses großen Weltgebaͤudes uͤbersteigen, und in das raumliche Nichts, oder nichtigen Raum sich<lb/> herauß schwingen: Zudeme koͤnte niemal ein Comet 6 vollkommene Zeichen, oder 180 Himmelsstuffen,<lb/> geschweige mehr, durchlauffen, wie drunden soll bewiesen werden, da doch solches der jetzigen Erfahr-<lb/> ung zuwider. Bleibet derwegen, daß der Comet nach einer runden, oder allezeit in sich selbst lauffen-<lb/> den Lini sich bewegen muͤsse. </p> <p>3. Belangend den Ort, wo die Cometen ihr Wesen haben, so kan der alte Wahn, welchem<lb/> nach sie sich muͤßten under dem Monde befinden, mit unwidertreib lichen Gruͤnden widerlegt werden,<lb/> und das 1. auß der <hi rendition="#i">Gesichts-veraͤnderung</hi>, welche aller heutigen Stern-gelehrten einmuͤtigem<lb/> beyfall nach viel kleiner in den Cometen, als in dem Monde, und hiemit jene weit hoͤher, als dieser be-<lb/> funden wird. 2. So sie sich under dem Monde aufhielten, muͤßten sie sich in dem Gegenschein der<lb/> Sonnen zimlich tieff in den Kegel des Erdenschattens einwickeln, und also eine Finsterniß leyden,<lb/> angesehen sie nur ein von der Sonnen entlehntes Liecht haben, wie schon bewiesen; die Erfahrung<lb/> aber bezeugt, daß sie alsdann rings herumb ein krauses Liecht von sich werffen, und die Gestalt einer<lb/><hi rendition="#i">Rosen</hi> bilden. 3. Muͤßte vor und nach der Zusammenkunft mit der Sonnen der Schweiff des Co-<lb/> metens uns am kuͤrtzesten fuͤrkommen: Dann weil er der Sonnen immer entgegen gekehrt, wurde<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [4/0004]
einem Cometen werde: Besihe davon die Anfaͤnge seiner Welt-weißheit, am 109. bl. Zwar
daß in einem jeden dergleichen Weltwuͤrbeln viel Veraͤnderungen sich zutragen koͤnnen, kan man Cart-
esio endlich wol gestehen, daß aber der Wuͤrbel selbst, ein so uͤberauß großes Geschoͤpff koͤnne gaͤntz-
lich zu truͤmmern gehen, ist gantz unglaublich; der allweise Schoͤpffer hat wol im gebrauch, die Ein-
wohnere, nicht aber das gantze Gebaͤude, und die Wohnung selber zu zerstoͤren und zu vernichtigen, wie
wir es abnemmen an unserer Erden, die da fest gegruͤndet auf ihren Boden, daß sie bleibe
immer und ewiglich, Psal. 104.5. ob schon die darauf sich befindende Gewaͤchse, Thiere und Men-
schen taͤglich entstehen und vergehen. Wann das gesagt wird von dem kleinen Erdenkuͤgelein, wie
viel mehr soll es gelten von einem so ansehenlichen und fast unendlich groͤßeren Geschoͤpffe? Ja wann
jene seltzame Meinung platz hette, moͤchte man nicht unbillich in die sorgfaͤltigen Gedancken gerathen,
es moͤchte unserm Wuͤrbel, darinn wir, die Sonne, der Mond und alle Planeten begriffen, mit der zeit
auch so erbaͤrmlich gehen, umb so viel desto mehr, weil die Sternkundigere mit ihren Fernrohren auch
zimliche Flecken an der Sonnen entdecken, und was noch mehr, weil sich etwan solche Flecken, der Ge-
schichtschreibern bericht nach, gantze Jahr lang umm die Sonnen herumb sich außgebreitet und ihre gan-
tze Flaͤche bedeckt haben. Da wurde es dann wunderseltzame Haͤndel und Spruͤnge abgeben, wann
unsere Sonne zu einem Cometen und ein Fixstern uns zur Sonnen wurde; man muß aber nicht
zuviel hievon schwaͤtzen, es moͤchte sonsten vielen Leuthen auß forcht der Schwindel ankommen.
Am vermuthlichsten ist es, Gott habe gleich in der Erschaffung aller Dingen solche großmaͤchtige
Wercke und Zeugnissen seiner Allmacht (die Cometen) in ihrer Vollkommenheit hervor gebracht,
und ihnen nicht anders als den uͤbrigen Sternen und Planeten, einen gewissen Ort eingeraumet,
und einen umbschrie benen Lauff bestimmet, auß deme sie nicht weichen sollen, biß an der Welt ende.
2. Betreffend dann diesen ihren Lauff, so kan derselbe zwar ohnmoͤglich in einer geraden Lini be-
schehen; dann sonsten muͤßte der Comet auß einem Weltwuͤrbel in den andern nach und nach sich
verfuͤgen, welches wir allbereit als ungereimt verworffen: ja er muͤßte endlich gar die Grentzen die-
ses großen Weltgebaͤudes uͤbersteigen, und in das raumliche Nichts, oder nichtigen Raum sich
herauß schwingen: Zudeme koͤnte niemal ein Comet 6 vollkommene Zeichen, oder 180 Himmelsstuffen,
geschweige mehr, durchlauffen, wie drunden soll bewiesen werden, da doch solches der jetzigen Erfahr-
ung zuwider. Bleibet derwegen, daß der Comet nach einer runden, oder allezeit in sich selbst lauffen-
den Lini sich bewegen muͤsse.
3. Belangend den Ort, wo die Cometen ihr Wesen haben, so kan der alte Wahn, welchem
nach sie sich muͤßten under dem Monde befinden, mit unwidertreib lichen Gruͤnden widerlegt werden,
und das 1. auß der Gesichts-veraͤnderung, welche aller heutigen Stern-gelehrten einmuͤtigem
beyfall nach viel kleiner in den Cometen, als in dem Monde, und hiemit jene weit hoͤher, als dieser be-
funden wird. 2. So sie sich under dem Monde aufhielten, muͤßten sie sich in dem Gegenschein der
Sonnen zimlich tieff in den Kegel des Erdenschattens einwickeln, und also eine Finsterniß leyden,
angesehen sie nur ein von der Sonnen entlehntes Liecht haben, wie schon bewiesen; die Erfahrung
aber bezeugt, daß sie alsdann rings herumb ein krauses Liecht von sich werffen, und die Gestalt einer
Rosen bilden. 3. Muͤßte vor und nach der Zusammenkunft mit der Sonnen der Schweiff des Co-
metens uns am kuͤrtzesten fuͤrkommen: Dann weil er der Sonnen immer entgegen gekehrt, wurde
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(2011-07-20T12:00:00Z)
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