Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

von GOtt erlöset worden.
bewogen wird, er dadurch sein Haupt nur
schwäche, und Kranckheiten, so von dickem Ge-
blüte kommen, eher vergrößere, als mindere.
Jch war also lange Zeit mit einigen Brosamchen
zufrieden, welche GOtt gleichsam bey Anhörung
seines Wortes von seinem Tische fallen ließ,
bis GOtt endlich an einem Sonnabend vor
Mariä Reinigung auch diesem Kummer abge-
holffen, und mich, warlich, nicht nur mit Brosa-
men, sondern mit Manna und himmlischer
Speise erquicket. So viel mich die vorige
Sclaverey niedergeschlagen und gedemüthiget,
so freudig war ich hernachmahls, alß ich von der-
selben erlöset wurde. Wo ich in meinem Hause
und Kammer hinsahe, da fand ich lauter neue
und große Wohlthaten GOttes, nemlich so offt ein
Stück mir vorkam, welches ich sonst zu ändern
und anders zu setzen, kein Hertze, noch Freyheit
gehabt hatte.

§. 164.

Da hast du nun also, geliebter Leser,
einen Abriß von meiner gantzen Person, und von
meinem gantzen Leben. So ist mirs in der
Welt gegangen, so ein elender Mensch bin ich
iederzeit gewesen: schwach am Leibe, blöde und
furchtsam im Gemüthe, und zuweilen auch
kranck an der Religion. Und ich halte, daß
dergleichen Leute mehr in der Welt gewesen seyn,

und

von GOtt erloͤſet worden.
bewogen wird, er dadurch ſein Haupt nur
ſchwaͤche, und Kranckheiten, ſo von dickem Ge-
bluͤte kommen, eher vergroͤßere, als mindere.
Jch war alſo lange Zeit mit einigen Broſamchen
zufrieden, welche GOtt gleichſam bey Anhoͤrung
ſeines Wortes von ſeinem Tiſche fallen ließ,
bis GOtt endlich an einem Sonnabend vor
Mariaͤ Reinigung auch dieſem Kummer abge-
holffen, und mich, warlich, nicht nur mit Broſa-
men, ſondern mit Manna und himmliſcher
Speiſe erquicket. So viel mich die vorige
Sclaverey niedergeſchlagen und gedemuͤthiget,
ſo freudig war ich hernachmahls, alß ich von der-
ſelben erloͤſet wurde. Wo ich in meinem Hauſe
und Kammer hinſahe, da fand ich lauter neue
und große Wohlthaten GOttes, nemlich ſo offt ein
Stuͤck mir vorkam, welches ich ſonſt zu aͤndern
und anders zu ſetzen, kein Hertze, noch Freyheit
gehabt hatte.

§. 164.

Da haſt du nun alſo, geliebter Leſer,
einen Abriß von meiner gantzen Perſon, und von
meinem gantzen Leben. So iſt mirs in der
Welt gegangen, ſo ein elender Menſch bin ich
iederzeit geweſen: ſchwach am Leibe, bloͤde und
furchtſam im Gemuͤthe, und zuweilen auch
kranck an der Religion. Und ich halte, daß
dergleichen Leute mehr in der Welt geweſen ſeyn,

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0797" n="751"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von GOtt erlo&#x0364;&#x017F;et worden.</hi></fw><lb/>
bewogen wird, er dadurch &#x017F;ein Haupt nur<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;che, und Kranckheiten, &#x017F;o von dickem Ge-<lb/>
blu&#x0364;te kommen, eher vergro&#x0364;ßere, als mindere.<lb/>
Jch war al&#x017F;o lange Zeit mit einigen Bro&#x017F;amchen<lb/>
zufrieden, welche GOtt gleich&#x017F;am bey Anho&#x0364;rung<lb/>
&#x017F;eines Wortes von &#x017F;einem Ti&#x017F;che fallen ließ,<lb/>
bis GOtt endlich an einem Sonnabend vor<lb/>
Maria&#x0364; Reinigung auch die&#x017F;em Kummer abge-<lb/>
holffen, und mich, warlich, nicht nur mit Bro&#x017F;a-<lb/>
men, &#x017F;ondern mit Manna und himmli&#x017F;cher<lb/>
Spei&#x017F;e erquicket. So viel mich die vorige<lb/>
Sclaverey niederge&#x017F;chlagen und gedemu&#x0364;thiget,<lb/>
&#x017F;o freudig war ich hernachmahls, alß ich von der-<lb/>
&#x017F;elben erlo&#x0364;&#x017F;et wurde. Wo ich in meinem Hau&#x017F;e<lb/>
und Kammer hin&#x017F;ahe, da fand ich lauter neue<lb/>
und große Wohlthaten GOttes, nemlich &#x017F;o offt ein<lb/>
Stu&#x0364;ck mir vorkam, welches ich &#x017F;on&#x017F;t zu a&#x0364;ndern<lb/>
und anders zu &#x017F;etzen, kein Hertze, noch Freyheit<lb/>
gehabt hatte.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 164.</head><lb/>
        <p>Da ha&#x017F;t du nun al&#x017F;o, <hi rendition="#fr">geliebter Le&#x017F;er,</hi><lb/>
einen Abriß von meiner gantzen Per&#x017F;on, und von<lb/>
meinem gantzen Leben. So i&#x017F;t mirs in der<lb/>
Welt gegangen, &#x017F;o ein elender Men&#x017F;ch bin ich<lb/>
iederzeit gewe&#x017F;en: &#x017F;chwach am Leibe, blo&#x0364;de und<lb/>
furcht&#x017F;am im Gemu&#x0364;the, und zuweilen auch<lb/>
kranck an der Religion. Und ich halte, daß<lb/>
dergleichen Leute mehr in der Welt gewe&#x017F;en &#x017F;eyn,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[751/0797] von GOtt erloͤſet worden. bewogen wird, er dadurch ſein Haupt nur ſchwaͤche, und Kranckheiten, ſo von dickem Ge- bluͤte kommen, eher vergroͤßere, als mindere. Jch war alſo lange Zeit mit einigen Broſamchen zufrieden, welche GOtt gleichſam bey Anhoͤrung ſeines Wortes von ſeinem Tiſche fallen ließ, bis GOtt endlich an einem Sonnabend vor Mariaͤ Reinigung auch dieſem Kummer abge- holffen, und mich, warlich, nicht nur mit Broſa- men, ſondern mit Manna und himmliſcher Speiſe erquicket. So viel mich die vorige Sclaverey niedergeſchlagen und gedemuͤthiget, ſo freudig war ich hernachmahls, alß ich von der- ſelben erloͤſet wurde. Wo ich in meinem Hauſe und Kammer hinſahe, da fand ich lauter neue und große Wohlthaten GOttes, nemlich ſo offt ein Stuͤck mir vorkam, welches ich ſonſt zu aͤndern und anders zu ſetzen, kein Hertze, noch Freyheit gehabt hatte. §. 164. Da haſt du nun alſo, geliebter Leſer, einen Abriß von meiner gantzen Perſon, und von meinem gantzen Leben. So iſt mirs in der Welt gegangen, ſo ein elender Menſch bin ich iederzeit geweſen: ſchwach am Leibe, bloͤde und furchtſam im Gemuͤthe, und zuweilen auch kranck an der Religion. Und ich halte, daß dergleichen Leute mehr in der Welt geweſen ſeyn, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/797
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 751. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/797>, abgerufen am 22.11.2024.