ters um GOttes Barmhertzigkeit willen bitten, daß er ihnen helffen soll, nach seiner genereusen und edlen Gemüths-Art, so man iederzeit an ihm wahrgenommen, diese Schuld erlassen, und meine Hochachtung, und gute Wünsche vor das Wohlseyn seiner hohen Person statt einer Zah- lung annehmen.
Anno 1736. §. 160.
Jch dachte gegen Michael, da die Donner- Wetter im Himmel aufzuhören pflegen, es wür- den auch die Wetter der Trübsaal nunmehro ein Ende haben; aber nein. Um selbe Zeit kommt ein armer, elender Mensch zu mir, der mich um ein Allmosen anspricht. Jch war geneigt, dem- selben eine Gabe mitzutheilen; aber siehe, da überfällt mich ein Scrupel, den bis diese Stunde nicht gantz heben, und auflösen kan. Die Obrig- keit verbietet den Bettlern herumzugehen, und strafet sie so gar, und steckt sie ein, wenn sie ihren Befehl übertreten. Es ist unmöglich, dachte ich, daß die Obrigkeit verbieten kan, den Bett- lern herum zu gehen, daß sie nicht zugleich eo ipso, implicite und eben damit den Leuten und mir verbieten solte, den Bettlern zu geben. Denn gebe ich ihnen, so bin ich mit Ursache, daß sie den Befehl der Obrigkeit übertreten, und
mache
item wegen Allmoſen, ſo
ters um GOttes Barmhertzigkeit willen bitten, daß er ihnen helffen ſoll, nach ſeiner genereuſen und edlen Gemuͤths-Art, ſo man iederzeit an ihm wahrgenommen, dieſe Schuld erlaſſen, und meine Hochachtung, und gute Wuͤnſche vor das Wohlſeyn ſeiner hohen Perſon ſtatt einer Zah- lung annehmen.
Anno 1736. §. 160.
Jch dachte gegen Michael, da die Donner- Wetter im Himmel aufzuhoͤren pflegen, es wuͤr- den auch die Wetter der Truͤbſaal nunmehro ein Ende haben; aber nein. Um ſelbe Zeit kommt ein armer, elender Menſch zu mir, der mich um ein Allmoſen anſpricht. Jch war geneigt, dem- ſelben eine Gabe mitzutheilen; aber ſiehe, da uͤberfaͤllt mich ein Scrupel, den bis dieſe Stunde nicht gantz heben, und aufloͤſen kan. Die Obrig- keit verbietet den Bettlern herumzugehen, und ſtrafet ſie ſo gar, und ſteckt ſie ein, wenn ſie ihren Befehl uͤbertreten. Es iſt unmoͤglich, dachte ich, daß die Obrigkeit verbieten kan, den Bett- lern herum zu gehen, daß ſie nicht zugleich eo ipſo, implicite und eben damit den Leuten und mir verbieten ſolte, den Bettlern zu geben. Denn gebe ich ihnen, ſo bin ich mit Urſache, daß ſie den Befehl der Obrigkeit uͤbertreten, und
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item wegen Allmoſen, ſo
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und edlen Gemuͤths-Art, ſo man iederzeit an
ihm wahrgenommen, dieſe Schuld erlaſſen, und
meine Hochachtung, und gute Wuͤnſche vor das
Wohlſeyn ſeiner hohen Perſon ſtatt einer Zah-
lung annehmen.
Anno 1736.
§. 160.
Jch dachte gegen Michael, da die Donner-
Wetter im Himmel aufzuhoͤren pflegen, es wuͤr-
den auch die Wetter der Truͤbſaal nunmehro ein
Ende haben; aber nein. Um ſelbe Zeit kommt
ein armer, elender Menſch zu mir, der mich um
ein Allmoſen anſpricht. Jch war geneigt, dem-
ſelben eine Gabe mitzutheilen; aber ſiehe, da
uͤberfaͤllt mich ein Scrupel, den bis dieſe Stunde
nicht gantz heben, und aufloͤſen kan. Die Obrig-
keit verbietet den Bettlern herumzugehen, und
ſtrafet ſie ſo gar, und ſteckt ſie ein, wenn ſie ihren
Befehl uͤbertreten. Es iſt unmoͤglich, dachte
ich, daß die Obrigkeit verbieten kan, den Bett-
lern herum zu gehen, daß ſie nicht zugleich eo
ipſo, implicite und eben damit den Leuten und
mir verbieten ſolte, den Bettlern zu geben.
Denn gebe ich ihnen, ſo bin ich mit Urſache, daß
ſie den Befehl der Obrigkeit uͤbertreten, und
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 733. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/779>, abgerufen am 24.11.2024.
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