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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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noch schaffen können,
tes Wort hält, getröstet, und aufgerichtet wird.
Das geschahe einst gar sonderlich Mittags nach
der Mahlzeit. Jch setzte mich eine Stunde
nach dem Essen auf den großen Stuhl, nicht zu
schlafen, denn darauf durffte ich mir keine Hoff-
nung machen; sondern nur ein wenig, wo mög-
lich, das Haupt ruhen zu laßen. Ehe ich mich
es versehe, so wurde mir wohl im Gemüthe, und
fiel mir unvermuthet und ohne Connexion, und
andere vorhergegangene Gedancken ein: Der-
selbe mein HErr JEsu CHrist vor alle
meine Sünde gestorben ist etc. von ihm der
bittre () Tod mich nicht scheid.
Das
Wort alle brach mir das Hertze, und wurde mir
zu lauter Zucker und Honig, und hemmte auf
eine Zeit alle Furcht, und Kummer.

Meyne nicht, geliebter Leser, als ob et-
wan zu dieser Zeit wegen meines Buches mein
Gewissen mich geplaget. Denn was man nach
seinem obwol irrenden Gewissen thut, pfleget
der Seelen selten Pein zu machen. Man hat
mehr Unruhe in der Seele, wenn man nicht
nach
seinem, obwol irrenden, Gewissen thut,
sondern wider dasselbe handelt. Wo Paulus
feste geglaubet, und obwol aus irrendem Gewis-
sen davor gehalten, er sey bey Verlust der Se-
ligkeit die Christen als Ketzer zu verfolgen schul-
dig; so würde er mehr Angst gehabt haben,

wenn

noch ſchaffen koͤnnen,
tes Wort haͤlt, getroͤſtet, und aufgerichtet wird.
Das geſchahe einſt gar ſonderlich Mittags nach
der Mahlzeit. Jch ſetzte mich eine Stunde
nach dem Eſſen auf den großen Stuhl, nicht zu
ſchlafen, denn darauf durffte ich mir keine Hoff-
nung machen; ſondern nur ein wenig, wo moͤg-
lich, das Haupt ruhen zu laßen. Ehe ich mich
es verſehe, ſo wurde mir wohl im Gemuͤthe, und
fiel mir unvermuthet und ohne Connexion, und
andere vorhergegangene Gedancken ein: Der-
ſelbe mein HErr JEſu CHriſt vor alle
meine Suͤnde geſtorben iſt ꝛc. von ihm der
bittre () Tod mich nicht ſcheid.
Das
Wort alle brach mir das Hertze, und wurde mir
zu lauter Zucker und Honig, und hemmte auf
eine Zeit alle Furcht, und Kummer.

Meyne nicht, geliebter Leſer, als ob et-
wan zu dieſer Zeit wegen meines Buches mein
Gewiſſen mich geplaget. Denn was man nach
ſeinem obwol irrenden Gewiſſen thut, pfleget
der Seelen ſelten Pein zu machen. Man hat
mehr Unruhe in der Seele, wenn man nicht
nach
ſeinem, obwol irrenden, Gewiſſen thut,
ſondern wider daſſelbe handelt. Wo Paulus
feſte geglaubet, und obwol aus irrendem Gewiſ-
ſen davor gehalten, er ſey bey Verluſt der Se-
ligkeit die Chriſten als Ketzer zu verfolgen ſchul-
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[715/0761] noch ſchaffen koͤnnen, tes Wort haͤlt, getroͤſtet, und aufgerichtet wird. Das geſchahe einſt gar ſonderlich Mittags nach der Mahlzeit. Jch ſetzte mich eine Stunde nach dem Eſſen auf den großen Stuhl, nicht zu ſchlafen, denn darauf durffte ich mir keine Hoff- nung machen; ſondern nur ein wenig, wo moͤg- lich, das Haupt ruhen zu laßen. Ehe ich mich es verſehe, ſo wurde mir wohl im Gemuͤthe, und fiel mir unvermuthet und ohne Connexion, und andere vorhergegangene Gedancken ein: Der- ſelbe mein HErr JEſu CHriſt vor alle meine Suͤnde geſtorben iſt ꝛc. von ihm der bittre () Tod mich nicht ſcheid. Das Wort alle brach mir das Hertze, und wurde mir zu lauter Zucker und Honig, und hemmte auf eine Zeit alle Furcht, und Kummer. Meyne nicht, geliebter Leſer, als ob et- wan zu dieſer Zeit wegen meines Buches mein Gewiſſen mich geplaget. Denn was man nach ſeinem obwol irrenden Gewiſſen thut, pfleget der Seelen ſelten Pein zu machen. Man hat mehr Unruhe in der Seele, wenn man nicht nach ſeinem, obwol irrenden, Gewiſſen thut, ſondern wider daſſelbe handelt. Wo Paulus feſte geglaubet, und obwol aus irrendem Gewiſ- ſen davor gehalten, er ſey bey Verluſt der Se- ligkeit die Chriſten als Ketzer zu verfolgen ſchul- dig; ſo wuͤrde er mehr Angſt gehabt haben, wenn

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 715. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/761>, abgerufen am 24.11.2024.