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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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von allem beweglichen
was sich zu einem solchem Danck-Feste schickte,
die Gemüther seiner Zuhörer recht zum Lobe GOt-
tes zu bereiten. Er accommodirte unter andern
gar schön die Anfangs-Worte des Evangelii:
Selig sind die Augen, die da sehen etc. zu sei-
nem Absehen und Vorhaben, und sagte: Es hät-
ten bey anderthalb hundert Jahren, und so lange
diese Festung in der Türcken Händen gewesen,
auch viel Könige und Kayser gewünschet, zu sehen,
was wir sehen, und die gute Zeitung zu hören,
die wir ietzunder hören, und hätten es nicht gehö-
ret: wir wären so glückselig etc. und andere Dinge
mehr, so er überaus beweglich vorzustellen wuste.
Auch dieses grieff mir nach dem Hertzen, ob ich
wohl dazumal noch nicht wuste, ob es der Oratorie,
oder einer höhern Würckung zuzuschreiben; wie
denn auch die Bewegungen unsers Hertzens, so
durch den Geist GOttes verursachet werden, nicht
allemal von dem, was die Oratorie, die Beschaffen-
heit der Sache, und die Gestalt der Worte, daferne
sie von GOttes Wercken handeln, leicht zu unter-
scheiden sind. Die Bewegung mochte nun ent-
stehen, woher sie wolte, so war das Vergnügen
doch groß, das mir durch solche Meditation und
Oratorische Vorstellung des Predigers gemacht
wurde.

Denn so bringt es die löbliche Gewohnheit in
meiner Vater-Stadt mit sich, daß bey hohen Ge-

burten

von allem beweglichen
was ſich zu einem ſolchem Danck-Feſte ſchickte,
die Gemuͤther ſeiner Zuhoͤrer recht zum Lobe GOt-
tes zu bereiten. Er accommodirte unter andern
gar ſchoͤn die Anfangs-Worte des Evangelii:
Selig ſind die Augen, die da ſehen ꝛc. zu ſei-
nem Abſehen und Vorhaben, und ſagte: Es haͤt-
ten bey anderthalb hundert Jahren, und ſo lange
dieſe Feſtung in der Tuͤrcken Haͤnden geweſen,
auch viel Koͤnige und Kayſer gewuͤnſchet, zu ſehen,
was wir ſehen, und die gute Zeitung zu hoͤren,
die wir ietzunder hoͤren, und haͤtten es nicht gehoͤ-
ret: wir waͤren ſo gluͤckſelig ꝛc. und andere Dinge
mehr, ſo er uͤberaus beweglich vorzuſtellen wuſte.
Auch dieſes grieff mir nach dem Hertzen, ob ich
wohl dazumal noch nicht wuſte, ob es der Oratorie,
oder einer hoͤhern Wuͤrckung zuzuſchreiben; wie
denn auch die Bewegungen unſers Hertzens, ſo
durch den Geiſt GOttes verurſachet werden, nicht
allemal von dem, was die Oratorie, die Beſchaffen-
heit der Sache, und die Geſtalt der Worte, daferne
ſie von GOttes Wercken handeln, leicht zu unter-
ſcheiden ſind. Die Bewegung mochte nun ent-
ſtehen, woher ſie wolte, ſo war das Vergnuͤgen
doch groß, das mir durch ſolche Meditation und
Oratoriſche Vorſtellung des Predigers gemacht
wurde.

Denn ſo bringt es die loͤbliche Gewohnheit in
meiner Vater-Stadt mit ſich, daß bey hohen Ge-

burten
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[29/0075] von allem beweglichen was ſich zu einem ſolchem Danck-Feſte ſchickte, die Gemuͤther ſeiner Zuhoͤrer recht zum Lobe GOt- tes zu bereiten. Er accommodirte unter andern gar ſchoͤn die Anfangs-Worte des Evangelii: Selig ſind die Augen, die da ſehen ꝛc. zu ſei- nem Abſehen und Vorhaben, und ſagte: Es haͤt- ten bey anderthalb hundert Jahren, und ſo lange dieſe Feſtung in der Tuͤrcken Haͤnden geweſen, auch viel Koͤnige und Kayſer gewuͤnſchet, zu ſehen, was wir ſehen, und die gute Zeitung zu hoͤren, die wir ietzunder hoͤren, und haͤtten es nicht gehoͤ- ret: wir waͤren ſo gluͤckſelig ꝛc. und andere Dinge mehr, ſo er uͤberaus beweglich vorzuſtellen wuſte. Auch dieſes grieff mir nach dem Hertzen, ob ich wohl dazumal noch nicht wuſte, ob es der Oratorie, oder einer hoͤhern Wuͤrckung zuzuſchreiben; wie denn auch die Bewegungen unſers Hertzens, ſo durch den Geiſt GOttes verurſachet werden, nicht allemal von dem, was die Oratorie, die Beſchaffen- heit der Sache, und die Geſtalt der Worte, daferne ſie von GOttes Wercken handeln, leicht zu unter- ſcheiden ſind. Die Bewegung mochte nun ent- ſtehen, woher ſie wolte, ſo war das Vergnuͤgen doch groß, das mir durch ſolche Meditation und Oratoriſche Vorſtellung des Predigers gemacht wurde. Denn ſo bringt es die loͤbliche Gewohnheit in meiner Vater-Stadt mit ſich, daß bey hohen Ge- burten

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/75>, abgerufen am 21.11.2024.