daß man dem Glauben alles alleine, und alle Seligkeit zuschreibt, und gleichwohl hernach auch mit der Buße, und mit der Nothwendig- keit eines heiligen Lebens, so zu reden, aufgezo- gen kommt: meynen also, ob sey es der Glaube nicht alleine, sondern es werde auch von Christen noch Buße und Bereuung der Sünde, und ein heiliges Leben erfordert, wenn sie nicht sollen des ewigen Lebens verlustig werden. Jch habe da gezeiget, daß GOtt durch den Evange- lischen Gnaden-Bund, und durch CHristum seinen Sohn nicht den alten Gesetz-Bund der- maßen umgestossen, so daß er die Verbindlich- keit, und die Pflicht und Schuldigkeit der Menschen nach demselben hinführo zu leben auf- gehoben, und wider dasselbe mit Wissen und Wil- len zu thun Freyheit verstattet hätte. Denn GOtt kan das nicht thun, weil sein Wille im Moral-Gesetze unveränderlich. Folgentlich liegt dem Menschen die Verbindlichkeit nach GOttes Willen und Gesetze zu leben, so lange er lebet, auf dem Halse; und, wo er ein freventlicher Verächter des Gesetzes GOttes seyn will, und so lange er solches ist, und es boshafftig übertre- ten will, so trifft ihn der Fluch des Gesetzes, und ist die Bundes-Verheissung der Gnade in CHristo und der Vergebung der Sünden gar nicht vor solche freventliche und boshaffte Uber-
treter
Chriſt-Lutheriſchen Religion
daß man dem Glauben alles alleine, und alle Seligkeit zuſchreibt, und gleichwohl hernach auch mit der Buße, und mit der Nothwendig- keit eines heiligen Lebens, ſo zu reden, aufgezo- gen kommt: meynen alſo, ob ſey es der Glaube nicht alleine, ſondern es werde auch von Chriſten noch Buße und Bereuung der Suͤnde, und ein heiliges Leben erfordert, wenn ſie nicht ſollen des ewigen Lebens verluſtig werden. Jch habe da gezeiget, daß GOtt durch den Evange- liſchen Gnaden-Bund, und durch CHriſtum ſeinen Sohn nicht den alten Geſetz-Bund der- maßen umgeſtoſſen, ſo daß er die Verbindlich- keit, und die Pflicht und Schuldigkeit der Menſchen nach demſelben hinfuͤhro zu leben auf- gehoben, und wider daſſelbe mit Wiſſen und Wil- len zu thun Freyheit verſtattet haͤtte. Denn GOtt kan das nicht thun, weil ſein Wille im Moral-Geſetze unveraͤnderlich. Folgentlich liegt dem Menſchen die Verbindlichkeit nach GOttes Willen und Geſetze zu leben, ſo lange er lebet, auf dem Halſe; und, wo er ein freventlicher Veraͤchter des Geſetzes GOttes ſeyn will, und ſo lange er ſolches iſt, und es boshafftig uͤbertre- ten will, ſo trifft ihn der Fluch des Geſetzes, und iſt die Bundes-Verheiſſung der Gnade in CHriſto und der Vergebung der Suͤnden gar nicht vor ſolche freventliche und boshaffte Uber-
treter
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0748"n="702"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Chriſt-Lutheriſchen Religion</hi></fw><lb/>
daß man dem Glauben alles alleine, und alle<lb/>
Seligkeit zuſchreibt, und gleichwohl hernach<lb/>
auch mit der Buße, und mit der Nothwendig-<lb/>
keit eines heiligen Lebens, ſo zu reden, aufgezo-<lb/>
gen kommt: meynen alſo, ob ſey es der<lb/>
Glaube nicht alleine, ſondern es werde auch von<lb/>
Chriſten noch Buße und Bereuung der Suͤnde,<lb/>
und ein heiliges Leben erfordert, wenn ſie nicht<lb/>ſollen des ewigen Lebens verluſtig werden. Jch<lb/>
habe da gezeiget, daß GOtt durch den Evange-<lb/>
liſchen Gnaden-Bund, und durch CHriſtum<lb/>ſeinen Sohn nicht den alten Geſetz-Bund der-<lb/>
maßen umgeſtoſſen, ſo daß er die Verbindlich-<lb/>
keit, und die Pflicht und Schuldigkeit der<lb/>
Menſchen nach demſelben hinfuͤhro zu leben auf-<lb/>
gehoben, und wider daſſelbe mit Wiſſen und Wil-<lb/>
len zu thun Freyheit verſtattet haͤtte. Denn<lb/>
GOtt kan das nicht thun, weil ſein Wille im<lb/><hirendition="#aq">Moral-</hi>Geſetze unveraͤnderlich. Folgentlich liegt<lb/>
dem Menſchen die Verbindlichkeit nach GOttes<lb/>
Willen und Geſetze zu leben, ſo lange er lebet,<lb/>
auf dem Halſe; und, wo er ein freventlicher<lb/>
Veraͤchter des Geſetzes GOttes ſeyn will, und<lb/>ſo lange er ſolches iſt, und es boshafftig uͤbertre-<lb/>
ten will, ſo trifft ihn der Fluch des Geſetzes, und<lb/>
iſt die Bundes-Verheiſſung der Gnade in<lb/>
CHriſto und der Vergebung der Suͤnden gar<lb/>
nicht vor ſolche freventliche und boshaffte Uber-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">treter</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[702/0748]
Chriſt-Lutheriſchen Religion
daß man dem Glauben alles alleine, und alle
Seligkeit zuſchreibt, und gleichwohl hernach
auch mit der Buße, und mit der Nothwendig-
keit eines heiligen Lebens, ſo zu reden, aufgezo-
gen kommt: meynen alſo, ob ſey es der
Glaube nicht alleine, ſondern es werde auch von
Chriſten noch Buße und Bereuung der Suͤnde,
und ein heiliges Leben erfordert, wenn ſie nicht
ſollen des ewigen Lebens verluſtig werden. Jch
habe da gezeiget, daß GOtt durch den Evange-
liſchen Gnaden-Bund, und durch CHriſtum
ſeinen Sohn nicht den alten Geſetz-Bund der-
maßen umgeſtoſſen, ſo daß er die Verbindlich-
keit, und die Pflicht und Schuldigkeit der
Menſchen nach demſelben hinfuͤhro zu leben auf-
gehoben, und wider daſſelbe mit Wiſſen und Wil-
len zu thun Freyheit verſtattet haͤtte. Denn
GOtt kan das nicht thun, weil ſein Wille im
Moral-Geſetze unveraͤnderlich. Folgentlich liegt
dem Menſchen die Verbindlichkeit nach GOttes
Willen und Geſetze zu leben, ſo lange er lebet,
auf dem Halſe; und, wo er ein freventlicher
Veraͤchter des Geſetzes GOttes ſeyn will, und
ſo lange er ſolches iſt, und es boshafftig uͤbertre-
ten will, ſo trifft ihn der Fluch des Geſetzes, und
iſt die Bundes-Verheiſſung der Gnade in
CHriſto und der Vergebung der Suͤnden gar
nicht vor ſolche freventliche und boshaffte Uber-
treter
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 702. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/748>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.