laßen; allein mein Hertze gieng doch heimlich dahin, eher zu resigniren, als mich vom neuen quälen zu laßen, weil vielleicht der Geheimde Rath von diesen letzten Puncten nichts wüste.
Doch da mein Vorsatz zu resigniren nur noch schwach, so glaub ich, ich hätte ihn doch nicht vollzogen, wenn ich nicht am XXI. Sonn- tage nach Trinitatis in der Vesper den Worten des Herrn Licentiat Gaudlitzens, der vor dem Altar in der Peters-Kirche absung, mehr, als dem Herrn Geheimden Rath Seebach geglau- bet hätte. Denn dieser Herr Gaudlitz, der ohnedem stets bezeuget hatte mein bester Freund zu seyn, und damahls Substitute in der Niclas- Kirche war, versicherte mich, daß er aus dessen, und dessen Munde gehöret, daß alles schon so zugeschnitten wäre, daß ich removiret würde, ich möchte auch thun, oder anfangen, was ich wolte. Jch gieng also den folgenden Tag mit lauter Gedancken um, was ich thun oder nicht thun wolte; Es war mir betrübt, daß, da ich vor Zeiten die grösten Männer der Stadt zu mei- nen Gönnern gehabt, ietzt schier nicht ein eintzi- ger mehr zu seyn schien, der nicht gerne meiner los wäre, so gerne man auch sonsten meine Pre- digten gehöret. Ja, was noch mehr mich be- trübte, so sagte mir der selige Herr Stiffts- Rath in seinem Hause unter die Augen, daß
meine
und als ob alles ſo eingerichtet,
laßen; allein mein Hertze gieng doch heimlich dahin, eher zu reſigniren, als mich vom neuen quaͤlen zu laßen, weil vielleicht der Geheimde Rath von dieſen letzten Puncten nichts wuͤſte.
Doch da mein Vorſatz zu reſigniren nur noch ſchwach, ſo glaub ich, ich haͤtte ihn doch nicht vollzogen, wenn ich nicht am XXI. Sonn- tage nach Trinitatis in der Veſper den Worten des Herrn Licentiat Gaudlitzens, der vor dem Altar in der Peters-Kirche abſung, mehr, als dem Herrn Geheimden Rath Seebach geglau- bet haͤtte. Denn dieſer Herr Gaudlitz, der ohnedem ſtets bezeuget hatte mein beſter Freund zu ſeyn, und damahls Subſtitute in der Niclas- Kirche war, verſicherte mich, daß er aus deſſen, und deſſen Munde gehoͤret, daß alles ſchon ſo zugeſchnitten waͤre, daß ich removiret wuͤrde, ich moͤchte auch thun, oder anfangen, was ich wolte. Jch gieng alſo den folgenden Tag mit lauter Gedancken um, was ich thun oder nicht thun wolte; Es war mir betruͤbt, daß, da ich vor Zeiten die groͤſten Maͤnner der Stadt zu mei- nen Goͤnnern gehabt, ietzt ſchier nicht ein eintzi- ger mehr zu ſeyn ſchien, der nicht gerne meiner los waͤre, ſo gerne man auch ſonſten meine Pre- digten gehoͤret. Ja, was noch mehr mich be- truͤbte, ſo ſagte mir der ſelige Herr Stiffts- Rath in ſeinem Hauſe unter die Augen, daß
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und als ob alles ſo eingerichtet,
laßen; allein mein Hertze gieng doch heimlich
dahin, eher zu reſigniren, als mich vom neuen
quaͤlen zu laßen, weil vielleicht der Geheimde
Rath von dieſen letzten Puncten nichts wuͤſte.
Doch da mein Vorſatz zu reſigniren nur
noch ſchwach, ſo glaub ich, ich haͤtte ihn doch
nicht vollzogen, wenn ich nicht am XXI. Sonn-
tage nach Trinitatis in der Veſper den Worten
des Herrn Licentiat Gaudlitzens, der vor dem
Altar in der Peters-Kirche abſung, mehr, als
dem Herrn Geheimden Rath Seebach geglau-
bet haͤtte. Denn dieſer Herr Gaudlitz, der
ohnedem ſtets bezeuget hatte mein beſter Freund
zu ſeyn, und damahls Subſtitute in der Niclas-
Kirche war, verſicherte mich, daß er aus deſſen,
und deſſen Munde gehoͤret, daß alles ſchon ſo
zugeſchnitten waͤre, daß ich removiret wuͤrde,
ich moͤchte auch thun, oder anfangen, was ich
wolte. Jch gieng alſo den folgenden Tag mit
lauter Gedancken um, was ich thun oder nicht
thun wolte; Es war mir betruͤbt, daß, da ich
vor Zeiten die groͤſten Maͤnner der Stadt zu mei-
nen Goͤnnern gehabt, ietzt ſchier nicht ein eintzi-
ger mehr zu ſeyn ſchien, der nicht gerne meiner
los waͤre, ſo gerne man auch ſonſten meine Pre-
digten gehoͤret. Ja, was noch mehr mich be-
truͤbte, ſo ſagte mir der ſelige Herr Stiffts-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 684. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/730>, abgerufen am 26.11.2024.
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