ich ihr hätte glauben sollen; denn so weit, dachte ich, wird es wohl nicht kommen. Al- lein, wie sich alles so wunderlich schicken muß, entweder denselben Tag noch, oder kurtz darauf, hinterbringet mir einer, der sich auch, obwol aus Liebe, und guter Meynung, mir zunöthigte, daß er vernommen hätte, man wolle nunmehro eine Criminal-Sache aus meiner Affaire machen, die in einem viel höhern Orte noch solte anhängig gemacht werden, weil ich unsere Religion sarca- stisch gespottet, und also nicht nur wider diese Landes-sondern auch wider die Reichs-Ver- fassung gehandelt hätte. Dieses brachte mich dazu, daß ich endlich schier dem zu glauben an- fieng, was mir diese Frau ins geheim hatte ste- cken wollen.
Es kam noch dazu, daß zur selben Zeit mir mehr, als einmahl vor die Ohren kam, als ob zu der Zeit, wenn die Inquisition angehen würde, man sich meiner Person versichern, und mich in Verwahrung bringen würde; vor welchem Zu- fall ich zitterte und bebente, weil ich mein Lebtag in keinem Gefängniß gesessen, und wegen heran- brechenden Herbst, da mein Leib mehr, als sonst, schwächlich und kräncklich, ich alles äusserst be- fürchten muste. Jch fange also an zu sorgen, und zu überlegen: Was thust du? bleibest du, oder entweichest du? Was dieser Pro-
und
Nachrichten, und Rathen,
ich ihr haͤtte glauben ſollen; denn ſo weit, dachte ich, wird es wohl nicht kommen. Al- lein, wie ſich alles ſo wunderlich ſchicken muß, entweder denſelben Tag noch, oder kurtz darauf, hinterbringet mir einer, der ſich auch, obwol aus Liebe, und guter Meynung, mir zunoͤthigte, daß er vernommen haͤtte, man wolle nunmehro eine Criminal-Sache aus meiner Affaire machen, die in einem viel hoͤhern Orte noch ſolte anhaͤngig gemacht werden, weil ich unſere Religion ſarca- ſtiſch geſpottet, und alſo nicht nur wider dieſe Landes-ſondern auch wider die Reichs-Ver- faſſung gehandelt haͤtte. Dieſes brachte mich dazu, daß ich endlich ſchier dem zu glauben an- fieng, was mir dieſe Frau ins geheim hatte ſte- cken wollen.
Es kam noch dazu, daß zur ſelben Zeit mir mehr, als einmahl vor die Ohren kam, als ob zu der Zeit, wenn die Inquiſition angehen wuͤrde, man ſich meiner Perſon verſichern, und mich in Verwahrung bringen wuͤrde; vor welchem Zu- fall ich zitterte und bebẽte, weil ich mein Lebtag in keinem Gefaͤngniß geſeſſen, und wegen heran- brechenden Herbſt, da mein Leib mehr, als ſonſt, ſchwaͤchlich und kraͤncklich, ich alles aͤuſſerſt be- fuͤrchten muſte. Jch fange alſo an zu ſorgen, und zu uͤberlegen: Was thuſt du? bleibeſt du, oder entweicheſt du? Was dieſer Pro-
und
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Nachrichten, und Rathen,
ich ihr haͤtte glauben ſollen; denn ſo weit,
dachte ich, wird es wohl nicht kommen. Al-
lein, wie ſich alles ſo wunderlich ſchicken muß,
entweder denſelben Tag noch, oder kurtz darauf,
hinterbringet mir einer, der ſich auch, obwol aus
Liebe, und guter Meynung, mir zunoͤthigte, daß
er vernommen haͤtte, man wolle nunmehro eine
Criminal-Sache aus meiner Affaire machen,
die in einem viel hoͤhern Orte noch ſolte anhaͤngig
gemacht werden, weil ich unſere Religion ſarca-
ſtiſch geſpottet, und alſo nicht nur wider dieſe
Landes-ſondern auch wider die Reichs-Ver-
faſſung gehandelt haͤtte. Dieſes brachte mich
dazu, daß ich endlich ſchier dem zu glauben an-
fieng, was mir dieſe Frau ins geheim hatte ſte-
cken wollen.
Es kam noch dazu, daß zur ſelben Zeit mir
mehr, als einmahl vor die Ohren kam, als ob zu
der Zeit, wenn die Inquiſition angehen wuͤrde,
man ſich meiner Perſon verſichern, und mich in
Verwahrung bringen wuͤrde; vor welchem Zu-
fall ich zitterte und bebẽte, weil ich mein Lebtag
in keinem Gefaͤngniß geſeſſen, und wegen heran-
brechenden Herbſt, da mein Leib mehr, als ſonſt,
ſchwaͤchlich und kraͤncklich, ich alles aͤuſſerſt be-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 668. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/714>, abgerufen am 24.11.2024.
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