Es vergiengen etliche Wochen, und ich muste an mein Versprechen gedencken; aber das bloße Andencken machte schon, daß ich mit dem Tode rang, und sich alles im Leibe regete und bewe- gete. Gleichwol plagte mich mein Gewissen, und trieb mich an meine Zusage zu halten, weil ich Prediger, und der Herr D. mein Zuhörer, und sie meine große Wohlthäterin war. Jch beschloß es endlich zu wagen, es mochte gehen, wie GOtt wolle. Die Nacht zuvor träumete mir, ich solte in einen großen vornehmen schönen Garten gehen, und gleichwol lagen vor der Thüre zwey abscheuliche Hunde. Da mir nun sehr angst war, wie ich durch die Hunde solte durch- kommen, so stund ein ansehnlicher Mann von mittelmäßigem Alter, der die redlichste, und hold- seligste Mine hatte, als ich dergleichen mein Leb- tage nicht gesehen, und machte mir eine sehr gü- tige Mine, und befahl seinem dabey stehenden Sohne, daß er mir die Hunde halten muste, so daß ich glücklich durchkam. Dieser Traum stärckte mich, und ich redete hernach ohne Furcht mit dem Herrn Doctor, was ich mit ihm zu reden auf mich genommen hatte. Die Frau Docto- rin, so noch am Leben, wird sich diese Erzehlung nicht entgegen seyn lassen. Denn hat sie bey Lebzeiten ihres seligen Herrn Ursache gehabt, ihr heimliches Haus-Creutz bey der Welt zu ver-
bergen,
von GOtt heimgeſuchet:
Es vergiengen etliche Wochen, und ich muſte an mein Verſprechen gedencken; aber das bloße Andencken machte ſchon, daß ich mit dem Tode rang, und ſich alles im Leibe regete und bewe- gete. Gleichwol plagte mich mein Gewiſſen, und trieb mich an meine Zuſage zu halten, weil ich Prediger, und der Herr D. mein Zuhoͤrer, und ſie meine große Wohlthaͤterin war. Jch beſchloß es endlich zu wagen, es mochte gehen, wie GOtt wolle. Die Nacht zuvor traͤumete mir, ich ſolte in einen großen vornehmen ſchoͤnen Garten gehen, und gleichwol lagen vor der Thuͤre zwey abſcheuliche Hunde. Da mir nun ſehr angſt war, wie ich durch die Hunde ſolte durch- kommen, ſo ſtund ein anſehnlicher Mann von mittelmaͤßigem Alter, der die redlichſte, und hold- ſeligſte Mine hatte, als ich dergleichen mein Leb- tage nicht geſehen, und machte mir eine ſehr guͤ- tige Mine, und befahl ſeinem dabey ſtehenden Sohne, daß er mir die Hunde halten muſte, ſo daß ich gluͤcklich durchkam. Dieſer Traum ſtaͤrckte mich, und ich redete hernach ohne Furcht mit dem Herrn Doctor, was ich mit ihm zu reden auf mich genommen hatte. Die Frau Docto- rin, ſo noch am Leben, wird ſich dieſe Erzehlung nicht entgegen ſeyn laſſen. Denn hat ſie bey Lebzeiten ihres ſeligen Herrn Urſache gehabt, ihr heimliches Haus-Creutz bey der Welt zu ver-
bergen,
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[608/0654]
von GOtt heimgeſuchet:
Es vergiengen etliche Wochen, und ich muſte
an mein Verſprechen gedencken; aber das bloße
Andencken machte ſchon, daß ich mit dem Tode
rang, und ſich alles im Leibe regete und bewe-
gete. Gleichwol plagte mich mein Gewiſſen,
und trieb mich an meine Zuſage zu halten, weil
ich Prediger, und der Herr D. mein Zuhoͤrer,
und ſie meine große Wohlthaͤterin war. Jch
beſchloß es endlich zu wagen, es mochte gehen,
wie GOtt wolle. Die Nacht zuvor traͤumete
mir, ich ſolte in einen großen vornehmen ſchoͤnen
Garten gehen, und gleichwol lagen vor der Thuͤre
zwey abſcheuliche Hunde. Da mir nun ſehr
angſt war, wie ich durch die Hunde ſolte durch-
kommen, ſo ſtund ein anſehnlicher Mann von
mittelmaͤßigem Alter, der die redlichſte, und hold-
ſeligſte Mine hatte, als ich dergleichen mein Leb-
tage nicht geſehen, und machte mir eine ſehr guͤ-
tige Mine, und befahl ſeinem dabey ſtehenden
Sohne, daß er mir die Hunde halten muſte, ſo
daß ich gluͤcklich durchkam. Dieſer Traum
ſtaͤrckte mich, und ich redete hernach ohne Furcht
mit dem Herrn Doctor, was ich mit ihm zu reden
auf mich genommen hatte. Die Frau Docto-
rin, ſo noch am Leben, wird ſich dieſe Erzehlung
nicht entgegen ſeyn laſſen. Denn hat ſie bey
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ihr heimliches Haus-Creutz bey der Welt zu ver-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 608. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/654>, abgerufen am 22.11.2024.
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