mer schlafen ließ. Und ob er gleich kein Bier mehr trincken wolte, sondern bloßes Brunn- Wasser tranck, so sahe sein Urin doch aus, wie Blut; so daß ich eine excessive Hitze im Haupt, und große Gemüths-Kranckheit bey ihm vermuthete. Mein Gesinde, und die Haus-Purschen merckten solche große Verän- derungen auch an ihm. Wem war bänger, als mir, als der ich, wie schon gedacht, der- gleichen Leute in meinem Leben nicht vertragen können? Jch kan kaum beschreiben, was die Woche von 8. bis 9. Trinitatis vor eine Angst- volle Woche vor mich gewesen. Bey den vie- len guten Büchern hatte er auch allerhand fa- natische Bücher gelesen, und ich hatte ihm wol solches offters, aber doch nach meinem damahli- gen Erachten, nicht mit genugsamen Nach- drucke widerrathen, machte mir also ein Ge- wissen drüber, und sahe mich ietzt als eine Ur- sache mit an, dessen, was ihm zugestoßen. Jch fieng meine Predigt auf den 9. Trinitatis schon am Dienstage an zu elaboriren; denn ich wu- ste nicht, ob ich in den letzten Tagen darauf zu studiren geschickt seyn würde. Und ich wäre es auch nicht gewesen. Denn am Sonnabend begehrte er, ich solte ihm erlauben, nach Halle zu reisen, die Motion würde ihm gesund seyn. Die Ursache ließ sich hören;
aber
ihm große Angſt,
mer ſchlafen ließ. Und ob er gleich kein Bier mehr trincken wolte, ſondern bloßes Brunn- Waſſer tranck, ſo ſahe ſein Urin doch aus, wie Blut; ſo daß ich eine exceſſive Hitze im Haupt, und große Gemuͤths-Kranckheit bey ihm vermuthete. Mein Geſinde, und die Haus-Purſchen merckten ſolche große Veraͤn- derungen auch an ihm. Wem war baͤnger, als mir, als der ich, wie ſchon gedacht, der- gleichen Leute in meinem Leben nicht vertragen koͤnnen? Jch kan kaum beſchreiben, was die Woche von 8. bis 9. Trinitatis vor eine Angſt- volle Woche vor mich geweſen. Bey den vie- len guten Buͤchern hatte er auch allerhand fa- natiſche Buͤcher geleſen, und ich hatte ihm wol ſolches offters, aber doch nach meinem damahli- gen Erachten, nicht mit genugſamen Nach- drucke widerrathen, machte mir alſo ein Ge- wiſſen druͤber, und ſahe mich ietzt als eine Ur- ſache mit an, deſſen, was ihm zugeſtoßen. Jch fieng meine Predigt auf den 9. Trinitatis ſchon am Dienſtage an zu elaboriren; denn ich wu- ſte nicht, ob ich in den letzten Tagen darauf zu ſtudiren geſchickt ſeyn wuͤrde. Und ich waͤre es auch nicht geweſen. Denn am Sonnabend begehrte er, ich ſolte ihm erlauben, nach Halle zu reiſen, die Motion wuͤrde ihm geſund ſeyn. Die Urſache ließ ſich hoͤren;
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ihm große Angſt,
mer ſchlafen ließ. Und ob er gleich kein Bier
mehr trincken wolte, ſondern bloßes Brunn-
Waſſer tranck, ſo ſahe ſein Urin doch aus, wie
Blut; ſo daß ich eine exceſſive Hitze im
Haupt, und große Gemuͤths-Kranckheit bey
ihm vermuthete. Mein Geſinde, und die
Haus-Purſchen merckten ſolche große Veraͤn-
derungen auch an ihm. Wem war baͤnger,
als mir, als der ich, wie ſchon gedacht, der-
gleichen Leute in meinem Leben nicht vertragen
koͤnnen? Jch kan kaum beſchreiben, was die
Woche von 8. bis 9. Trinitatis vor eine Angſt-
volle Woche vor mich geweſen. Bey den vie-
len guten Buͤchern hatte er auch allerhand fa-
natiſche Buͤcher geleſen, und ich hatte ihm wol
ſolches offters, aber doch nach meinem damahli-
gen Erachten, nicht mit genugſamen Nach-
drucke widerrathen, machte mir alſo ein Ge-
wiſſen druͤber, und ſahe mich ietzt als eine Ur-
ſache mit an, deſſen, was ihm zugeſtoßen.
Jch fieng meine Predigt auf den 9. Trinitatis ſchon
am Dienſtage an zu elaboriren; denn ich wu-
ſte nicht, ob ich in den letzten Tagen darauf
zu ſtudiren geſchickt ſeyn wuͤrde. Und ich
waͤre es auch nicht geweſen. Denn am
Sonnabend begehrte er, ich ſolte ihm erlauben,
nach Halle zu reiſen, die Motion wuͤrde ihm
geſund ſeyn. Die Urſache ließ ſich hoͤren;
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/634>, abgerufen am 23.11.2024.
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