Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

gesetzet, und ihm, wenn er
größer, als zu jenem seyn müsse; wiewol auch
desselben Ausbruch iederzeit GOTT noch abge-
wendet, wofür ich ihn in Ewigkeit loben, und
preisen will. Es kam einst ein armes Weib
zu mir, und brachte eine Wachs-Kertze, und
ich weiß nicht mehr, was vor andere Kleinig-
keiten, welche sie zum Geschencke unserer Pe-
ters-Kirchen bestimmet hatte. Jch wieß die-
selbe zu dem Herrn Vorsteher, oder zum Kü-
ster. Jndem aber fieng sie ihre Noth und
seltsame Zufälle an, mir zu klagen; sie hatte
aber kaum zu reden angefangen, so fieng sie an
in der Rede zu stocken, und sich seltsam zu be-
zeigen, daß ich nicht wuste, was ihr begegnen
würde. Jch merckte gleich, daß sie mit eben
dergleichen Ubeln und Anwandlungen behafftet
seyn müste, welches ich aus allen Umständen,
und aus dem wenigen, was sie vorbrachte,
schließen konte, fiel ihr in die Rede, und sagte,
daß ich schon wüste, was ihr fehlte, und daß
ich von dergleichen auch zu sagen wüste; trö-
stete sie so gut ich konte, mit dem Troste, womit
ich mich offt getröstet hatte, oder von GOTT
war getröstet worden.

Ein curieuser Casus begegnete mir auch
mit dem Herrn D. Stahl, der ehemahls hier in
Leipzig lebte, und ein bekannter Practicus war.
Er besuchte um eben diese Zeit einen Studio-

sum,
O o 5

geſetzet, und ihm, wenn er
groͤßer, als zu jenem ſeyn muͤſſe; wiewol auch
deſſelben Ausbruch iederzeit GOTT noch abge-
wendet, wofuͤr ich ihn in Ewigkeit loben, und
preiſen will. Es kam einſt ein armes Weib
zu mir, und brachte eine Wachs-Kertze, und
ich weiß nicht mehr, was vor andere Kleinig-
keiten, welche ſie zum Geſchencke unſerer Pe-
ters-Kirchen beſtimmet hatte. Jch wieß die-
ſelbe zu dem Herrn Vorſteher, oder zum Kuͤ-
ſter. Jndem aber fieng ſie ihre Noth und
ſeltſame Zufaͤlle an, mir zu klagen; ſie hatte
aber kaum zu reden angefangen, ſo fieng ſie an
in der Rede zu ſtocken, und ſich ſeltſam zu be-
zeigen, daß ich nicht wuſte, was ihr begegnen
wuͤrde. Jch merckte gleich, daß ſie mit eben
dergleichen Ubeln und Anwandlungen behafftet
ſeyn muͤſte, welches ich aus allen Umſtaͤnden,
und aus dem wenigen, was ſie vorbrachte,
ſchließen konte, fiel ihr in die Rede, und ſagte,
daß ich ſchon wuͤſte, was ihr fehlte, und daß
ich von dergleichen auch zu ſagen wuͤſte; troͤ-
ſtete ſie ſo gut ich konte, mit dem Troſte, womit
ich mich offt getroͤſtet hatte, oder von GOTT
war getroͤſtet worden.

Ein curieuſer Caſus begegnete mir auch
mit dem Herrn D. Stahl, der ehemahls hier in
Leipzig lebte, und ein bekannter Practicus war.
Er beſuchte um eben dieſe Zeit einen Studio-

ſum,
O o 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0631" n="585"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">ge&#x017F;etzet, und ihm, wenn er</hi></fw><lb/>
gro&#x0364;ßer, als zu jenem &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e; wiewol auch<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben Ausbruch iederzeit <hi rendition="#g">GOTT</hi> noch abge-<lb/>
wendet, wofu&#x0364;r ich ihn in Ewigkeit loben, und<lb/>
prei&#x017F;en will. Es kam ein&#x017F;t ein armes Weib<lb/>
zu mir, und brachte eine Wachs-Kertze, und<lb/>
ich weiß nicht mehr, was vor andere Kleinig-<lb/>
keiten, welche &#x017F;ie zum Ge&#x017F;chencke un&#x017F;erer Pe-<lb/>
ters-Kirchen be&#x017F;timmet hatte. Jch wieß die-<lb/>
&#x017F;elbe zu dem Herrn Vor&#x017F;teher, oder zum Ku&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ter. Jndem aber fieng &#x017F;ie ihre Noth und<lb/>
&#x017F;elt&#x017F;ame Zufa&#x0364;lle an, mir zu klagen; &#x017F;ie hatte<lb/>
aber kaum zu reden angefangen, &#x017F;o fieng &#x017F;ie an<lb/>
in der Rede zu &#x017F;tocken, und &#x017F;ich &#x017F;elt&#x017F;am zu be-<lb/>
zeigen, daß ich nicht wu&#x017F;te, was ihr begegnen<lb/>
wu&#x0364;rde. Jch merckte gleich, daß &#x017F;ie mit eben<lb/>
dergleichen Ubeln und Anwandlungen behafftet<lb/>
&#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;te, welches ich aus allen Um&#x017F;ta&#x0364;nden,<lb/>
und aus dem wenigen, was &#x017F;ie vorbrachte,<lb/>
&#x017F;chließen konte, fiel ihr in die Rede, und &#x017F;agte,<lb/>
daß ich &#x017F;chon wu&#x0364;&#x017F;te, was ihr fehlte, und daß<lb/>
ich von dergleichen auch zu &#x017F;agen wu&#x0364;&#x017F;te; tro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;tete &#x017F;ie &#x017F;o gut ich konte, mit dem Tro&#x017F;te, womit<lb/>
ich mich offt getro&#x0364;&#x017F;tet hatte, oder von <hi rendition="#g">GOTT</hi><lb/>
war getro&#x0364;&#x017F;tet worden.</p><lb/>
        <p>Ein <hi rendition="#aq">curieu&#x017F;</hi>er <hi rendition="#aq">Ca&#x017F;us</hi> begegnete mir auch<lb/>
mit dem Herrn <hi rendition="#aq">D. Stahl,</hi> der ehemahls hier in<lb/>
Leipzig lebte, und ein bekannter <hi rendition="#aq">Practicus</hi> war.<lb/>
Er be&#x017F;uchte um eben die&#x017F;e Zeit einen <hi rendition="#aq">Studio-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O o 5</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">&#x017F;um,</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[585/0631] geſetzet, und ihm, wenn er groͤßer, als zu jenem ſeyn muͤſſe; wiewol auch deſſelben Ausbruch iederzeit GOTT noch abge- wendet, wofuͤr ich ihn in Ewigkeit loben, und preiſen will. Es kam einſt ein armes Weib zu mir, und brachte eine Wachs-Kertze, und ich weiß nicht mehr, was vor andere Kleinig- keiten, welche ſie zum Geſchencke unſerer Pe- ters-Kirchen beſtimmet hatte. Jch wieß die- ſelbe zu dem Herrn Vorſteher, oder zum Kuͤ- ſter. Jndem aber fieng ſie ihre Noth und ſeltſame Zufaͤlle an, mir zu klagen; ſie hatte aber kaum zu reden angefangen, ſo fieng ſie an in der Rede zu ſtocken, und ſich ſeltſam zu be- zeigen, daß ich nicht wuſte, was ihr begegnen wuͤrde. Jch merckte gleich, daß ſie mit eben dergleichen Ubeln und Anwandlungen behafftet ſeyn muͤſte, welches ich aus allen Umſtaͤnden, und aus dem wenigen, was ſie vorbrachte, ſchließen konte, fiel ihr in die Rede, und ſagte, daß ich ſchon wuͤſte, was ihr fehlte, und daß ich von dergleichen auch zu ſagen wuͤſte; troͤ- ſtete ſie ſo gut ich konte, mit dem Troſte, womit ich mich offt getroͤſtet hatte, oder von GOTT war getroͤſtet worden. Ein curieuſer Caſus begegnete mir auch mit dem Herrn D. Stahl, der ehemahls hier in Leipzig lebte, und ein bekannter Practicus war. Er beſuchte um eben dieſe Zeit einen Studio- ſum, O o 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/631
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 585. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/631>, abgerufen am 27.11.2024.