diesem Ubel in der Kirchen angefallen werden, so habe ich dergleichen vielmahls gefürchtet, daß es sich nicht auch unter meiner Predigt zutragen möchte. Bey dem allem so geschah doch ein- mahl, was ich gefürchtet hatte. Der Auf- lauff war groß, doch stärckte mich GOTT, daß ich ungehindert fort predigen kunte, und nur mich zu setzen genöthiget wurde. Und damit ja bey diesem Leyden und Affecte nichts fehlen möchte, sondern damit GOtt wiese, wie er auch höchst schwache Menschen stärcken könte, auch zu der Zeit, wo man solches schier vor unmöglich hält; so schickten offters noch dazu meine Zuhö- rer zu mir, daß ich denen, die wegen dergleichen Zufälle auf den Tod kranck lagen, einen Trost zusprechen solte, und erzehlten mir noch dazu im Vorsaal die Kranckheit, womit ihr Patient be- hafftet wäre; wie ich ein, oder zwey dergleichen Ex- empel bald unten werde anzuführen haben. Jch stund auf dem Lande einst zu Gevattern, das Kind aber kunte nur die Noth-Tauffe erreichen, und starb in der Kranckheit, in welcher viel Kin- der zu sterben pflegen. Jch kunte kaum da- von hören reden, weil es noch vor der Mahlzeit war; und, wenn gleich der Teufel bey solchen Fällen sein Spiel hätte, so könte es sich nicht seltsamer zutragen; denn die Kinder-Mutter meynte Wunder, wie klug sie es machte, wenn
sie so
offters geplaget worden:
dieſem Ubel in der Kirchen angefallen werden, ſo habe ich dergleichen vielmahls gefuͤrchtet, daß es ſich nicht auch unter meiner Predigt zutragen moͤchte. Bey dem allem ſo geſchah doch ein- mahl, was ich gefuͤrchtet hatte. Der Auf- lauff war groß, doch ſtaͤrckte mich GOTT, daß ich ungehindert fort predigen kunte, und nur mich zu ſetzen genoͤthiget wurde. Und damit ja bey dieſem Leyden und Affecte nichts fehlen moͤchte, ſondern damit GOtt wieſe, wie er auch hoͤchſt ſchwache Menſchen ſtaͤrcken koͤnte, auch zu der Zeit, wo man ſolches ſchier vor unmoͤglich haͤlt; ſo ſchickten offters noch dazu meine Zuhoͤ- rer zu mir, daß ich denen, die wegen dergleichen Zufaͤlle auf den Tod kranck lagen, einen Troſt zuſprechen ſolte, und erzehlten mir noch dazu im Vorſaal die Kranckheit, womit ihr Patient be- hafftet waͤre; wie ich ein, oder zwey dergleichen Ex- empel bald unten werde anzufuͤhren haben. Jch ſtund auf dem Lande einſt zu Gevattern, das Kind aber kunte nur die Noth-Tauffe erreichen, und ſtarb in der Kranckheit, in welcher viel Kin- der zu ſterben pflegen. Jch kunte kaum da- von hoͤren reden, weil es noch vor der Mahlzeit war; und, wenn gleich der Teufel bey ſolchen Faͤllen ſein Spiel haͤtte, ſo koͤnte es ſich nicht ſeltſamer zutragen; denn die Kinder-Mutter meynte Wunder, wie klug ſie es machte, wenn
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offters geplaget worden:
dieſem Ubel in der Kirchen angefallen werden, ſo
habe ich dergleichen vielmahls gefuͤrchtet, daß es
ſich nicht auch unter meiner Predigt zutragen
moͤchte. Bey dem allem ſo geſchah doch ein-
mahl, was ich gefuͤrchtet hatte. Der Auf-
lauff war groß, doch ſtaͤrckte mich GOTT, daß
ich ungehindert fort predigen kunte, und nur
mich zu ſetzen genoͤthiget wurde. Und damit
ja bey dieſem Leyden und Affecte nichts fehlen
moͤchte, ſondern damit GOtt wieſe, wie er auch
hoͤchſt ſchwache Menſchen ſtaͤrcken koͤnte, auch
zu der Zeit, wo man ſolches ſchier vor unmoͤglich
haͤlt; ſo ſchickten offters noch dazu meine Zuhoͤ-
rer zu mir, daß ich denen, die wegen dergleichen
Zufaͤlle auf den Tod kranck lagen, einen Troſt
zuſprechen ſolte, und erzehlten mir noch dazu im
Vorſaal die Kranckheit, womit ihr Patient be-
hafftet waͤre; wie ich ein, oder zwey dergleichen Ex-
empel bald unten werde anzufuͤhren haben. Jch
ſtund auf dem Lande einſt zu Gevattern, das
Kind aber kunte nur die Noth-Tauffe erreichen,
und ſtarb in der Kranckheit, in welcher viel Kin-
der zu ſterben pflegen. Jch kunte kaum da-
von hoͤren reden, weil es noch vor der Mahlzeit
war; und, wenn gleich der Teufel bey ſolchen
Faͤllen ſein Spiel haͤtte, ſo koͤnte es ſich nicht
ſeltſamer zutragen; denn die Kinder-Mutter
meynte Wunder, wie klug ſie es machte, wenn
ſie ſo
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/626>, abgerufen am 28.11.2024.
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