Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

der Zuhörer gegen ihn
Philippi Melanchthonis Worte eintreffen, wenn
er gesprochen: Jm Pabstthum hatten wir Leh-
rer ein höltzernes Joch, nun aber haben wir an
dessen Stelle ein eisernes bekommen; allein wir
müssen solche Oerter nicht bald mit dem Orte
vergleichen, wo wir zu Lehrern gesetzt sind. Viel-
leicht ist zwischen dieser und jener Stadt ein gros-
ser Unterscheid; und haben diejenigen, die uns
warnen, oder ermahnen, lange nicht diejenigen
ungleichen Absichten, die wir ihnen zuschreiben,
oder wir ziehen manches zu der innerlichen Re-
gierung der Kirchen, was gar wohl noch mit zu
der äußerlichen Gubernation derselben könte ge-
zogen werden. Und hat sich in diesem Stücke
ein junger Lehrer gar nicht dran zu kehren, wenn
ihn andere seines gleichen deswegen angehen, und
ihm wohl gar eine Gewissens-Sache daraus ma-
chen wollen, wo er seinen, und ihren Rechten et-
was vergeben, und zu allerhand Zunöthigungen
schweigen wolle. Denn was wird er vor
Vortheil davon haben, wofern er hier nicht den
gelindesten Weg gehen, und nicht lieber etwas
leiden, und das GOTTE befehlen wolte, was
nach seinem Erachten mit den ersten Verfassun-
gen der Kirchen streiten solte, als daß er difficil
seyn, und sich für dem Baume, der ihm Schat-
ten giebt, nicht neigen wolte? Warlich gar keinen,
ja vielmehr wird er sich schaden, und so gar seiner

Erbau-
M m

der Zuhoͤrer gegen ihn
Philippi Melanchthonis Worte eintreffen, wenn
er geſprochen: Jm Pabſtthum hatten wir Leh-
rer ein hoͤltzernes Joch, nun aber haben wir an
deſſen Stelle ein eiſernes bekommen; allein wir
muͤſſen ſolche Oerter nicht bald mit dem Orte
vergleichen, wo wir zu Lehrern geſetzt ſind. Viel-
leicht iſt zwiſchen dieſer und jener Stadt ein groſ-
ſer Unterſcheid; und haben diejenigen, die uns
warnen, oder ermahnen, lange nicht diejenigen
ungleichen Abſichten, die wir ihnen zuſchreiben,
oder wir ziehen manches zu der innerlichen Re-
gierung der Kirchen, was gar wohl noch mit zu
der aͤußerlichen Gubernation derſelben koͤnte ge-
zogen werden. Und hat ſich in dieſem Stuͤcke
ein junger Lehrer gar nicht dran zu kehren, wenn
ihn andere ſeines gleichen deswegen angehen, und
ihm wohl gar eine Gewiſſens-Sache daraus ma-
chen wollen, wo er ſeinen, und ihren Rechten et-
was vergeben, und zu allerhand Zunoͤthigungen
ſchweigen wolle. Denn was wird er vor
Vortheil davon haben, wofern er hier nicht den
gelindeſten Weg gehen, und nicht lieber etwas
leiden, und das GOTTE befehlen wolte, was
nach ſeinem Erachten mit den erſten Verfaſſun-
gen der Kirchen ſtreiten ſolte, als daß er difficil
ſeyn, und ſich fuͤr dem Baume, der ihm Schat-
ten giebt, nicht neigen wolte? Warlich gar keinen,
ja vielmehr wird er ſich ſchaden, und ſo gar ſeiner

Erbau-
M m
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0591" n="545"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Zuho&#x0364;rer gegen ihn</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">Philippi Melanchthonis</hi> Worte eintreffen, wenn<lb/>
er ge&#x017F;prochen: Jm Pab&#x017F;tthum hatten wir Leh-<lb/>
rer ein ho&#x0364;ltzernes Joch, nun aber haben wir an<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Stelle ein ei&#x017F;ernes bekommen; allein wir<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olche Oerter nicht bald mit dem Orte<lb/>
vergleichen, wo wir zu Lehrern ge&#x017F;etzt &#x017F;ind. Viel-<lb/>
leicht i&#x017F;t zwi&#x017F;chen die&#x017F;er und jener Stadt ein gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er Unter&#x017F;cheid; und haben diejenigen, die uns<lb/>
warnen, oder ermahnen, lange nicht diejenigen<lb/>
ungleichen Ab&#x017F;ichten, die wir ihnen zu&#x017F;chreiben,<lb/>
oder wir ziehen manches zu der innerlichen Re-<lb/>
gierung der Kirchen, was gar wohl noch mit zu<lb/>
der a&#x0364;ußerlichen <hi rendition="#aq">Gubernation</hi> der&#x017F;elben ko&#x0364;nte ge-<lb/>
zogen werden. Und hat &#x017F;ich in die&#x017F;em Stu&#x0364;cke<lb/>
ein junger Lehrer gar nicht dran zu kehren, wenn<lb/>
ihn andere &#x017F;eines gleichen deswegen angehen, und<lb/>
ihm wohl gar eine Gewi&#x017F;&#x017F;ens-Sache daraus ma-<lb/>
chen wollen, wo er &#x017F;einen, und ihren Rechten et-<lb/>
was vergeben, und zu allerhand Zuno&#x0364;thigungen<lb/>
&#x017F;chweigen wolle. Denn was wird er vor<lb/>
Vortheil davon haben, wofern er hier nicht den<lb/>
gelinde&#x017F;ten Weg gehen, und nicht lieber etwas<lb/>
leiden, und das GOTTE befehlen wolte, was<lb/>
nach &#x017F;einem Erachten mit den er&#x017F;ten Verfa&#x017F;&#x017F;un-<lb/>
gen der Kirchen &#x017F;treiten &#x017F;olte, als daß er <hi rendition="#aq">difficil</hi><lb/>
&#x017F;eyn, und &#x017F;ich fu&#x0364;r dem Baume, der ihm Schat-<lb/>
ten giebt, nicht neigen wolte? Warlich gar keinen,<lb/>
ja vielmehr wird er &#x017F;ich &#x017F;chaden, und &#x017F;o gar &#x017F;einer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M m</fw><fw place="bottom" type="catch">Erbau-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[545/0591] der Zuhoͤrer gegen ihn Philippi Melanchthonis Worte eintreffen, wenn er geſprochen: Jm Pabſtthum hatten wir Leh- rer ein hoͤltzernes Joch, nun aber haben wir an deſſen Stelle ein eiſernes bekommen; allein wir muͤſſen ſolche Oerter nicht bald mit dem Orte vergleichen, wo wir zu Lehrern geſetzt ſind. Viel- leicht iſt zwiſchen dieſer und jener Stadt ein groſ- ſer Unterſcheid; und haben diejenigen, die uns warnen, oder ermahnen, lange nicht diejenigen ungleichen Abſichten, die wir ihnen zuſchreiben, oder wir ziehen manches zu der innerlichen Re- gierung der Kirchen, was gar wohl noch mit zu der aͤußerlichen Gubernation derſelben koͤnte ge- zogen werden. Und hat ſich in dieſem Stuͤcke ein junger Lehrer gar nicht dran zu kehren, wenn ihn andere ſeines gleichen deswegen angehen, und ihm wohl gar eine Gewiſſens-Sache daraus ma- chen wollen, wo er ſeinen, und ihren Rechten et- was vergeben, und zu allerhand Zunoͤthigungen ſchweigen wolle. Denn was wird er vor Vortheil davon haben, wofern er hier nicht den gelindeſten Weg gehen, und nicht lieber etwas leiden, und das GOTTE befehlen wolte, was nach ſeinem Erachten mit den erſten Verfaſſun- gen der Kirchen ſtreiten ſolte, als daß er difficil ſeyn, und ſich fuͤr dem Baume, der ihm Schat- ten giebt, nicht neigen wolte? Warlich gar keinen, ja vielmehr wird er ſich ſchaden, und ſo gar ſeiner Erbau- M m

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/591
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/591>, abgerufen am 22.11.2024.