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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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in dem auf allerhand Weise
ruhig, ja leicht gar auf andere und bessere Ge-
dancken gebracht; denn er siehet seinen Lehrer,
als einen besonders von GOTT gesandten, und
dazu mit Gaben ausgerüsteten Lehrer an. So-
bald aber ein Welt-Mensch höret, daß der Leh-
rer und Prediger es da und dort, in Sachen,
die den Glauben, oder das Leben angehen, ver-
sehen, so daß er wohl gar deßwegen vor geistli-
chen, oder weltlichen Gerichten zu Rede gesetzet,
und ihm dieses und jenes scharff verwiesen wird,
indem dergleichen selten verschwiegen bleibet, son-
dern bald kund wird; denn hat die Herrlichkeit
ein Ende, dann bekommt der Gottlose wieder ei-
nen Trost bey seinem sündigen Leben: dann
werden seine Bestraffungen nicht mehr mit sol-
chem Glauben und Vertrauen angenommen, wie
zuvor. Findet er sich schon noch manchmahl
durch das, was der Prediger lehret, getroffen;
o, denckt er, hast du es da und dort schon ver-
sehen, und nicht geprediget, was recht gewesen;
wer weiß, ob es mit dem, was du ietzund sagest,
auch seine Richtigkeit habe? Zu ihm in die Kirche
wird er wohl zur Noth noch gerne gehen, weil es sich
ihm wohl zuhöret; aber daß sein Wort noch die
Krafft solte haben, oder daß dessen Krafft nicht
solte um ein großes gehindert werden, wird ein
ieder Verständiger, der die Hertzen, und Natu-
ren der Menschen kennt, nicht wohl leugnen.

Und

in dem auf allerhand Weiſe
ruhig, ja leicht gar auf andere und beſſere Ge-
dancken gebracht; denn er ſiehet ſeinen Lehrer,
als einen beſonders von GOTT geſandten, und
dazu mit Gaben ausgeruͤſteten Lehrer an. So-
bald aber ein Welt-Menſch hoͤret, daß der Leh-
rer und Prediger es da und dort, in Sachen,
die den Glauben, oder das Leben angehen, ver-
ſehen, ſo daß er wohl gar deßwegen vor geiſtli-
chen, oder weltlichen Gerichten zu Rede geſetzet,
und ihm dieſes und jenes ſcharff verwieſen wird,
indem dergleichen ſelten verſchwiegen bleibet, ſon-
dern bald kund wird; denn hat die Herrlichkeit
ein Ende, dann bekommt der Gottloſe wieder ei-
nen Troſt bey ſeinem ſuͤndigen Leben: dann
werden ſeine Beſtraffungen nicht mehr mit ſol-
chem Glauben und Vertrauen angenommen, wie
zuvor. Findet er ſich ſchon noch manchmahl
durch das, was der Prediger lehret, getroffen;
o, denckt er, haſt du es da und dort ſchon ver-
ſehen, und nicht geprediget, was recht geweſen;
wer weiß, ob es mit dem, was du ietzund ſageſt,
auch ſeine Richtigkeit habe? Zu ihm in die Kirche
wird er wohl zur Noth noch gerne gehen, weil es ſich
ihm wohl zuhoͤret; aber daß ſein Wort noch die
Krafft ſolte haben, oder daß deſſen Krafft nicht
ſolte um ein großes gehindert werden, wird ein
ieder Verſtaͤndiger, der die Hertzen, und Natu-
ren der Menſchen kennt, nicht wohl leugnen.

Und
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[543/0589] in dem auf allerhand Weiſe ruhig, ja leicht gar auf andere und beſſere Ge- dancken gebracht; denn er ſiehet ſeinen Lehrer, als einen beſonders von GOTT geſandten, und dazu mit Gaben ausgeruͤſteten Lehrer an. So- bald aber ein Welt-Menſch hoͤret, daß der Leh- rer und Prediger es da und dort, in Sachen, die den Glauben, oder das Leben angehen, ver- ſehen, ſo daß er wohl gar deßwegen vor geiſtli- chen, oder weltlichen Gerichten zu Rede geſetzet, und ihm dieſes und jenes ſcharff verwieſen wird, indem dergleichen ſelten verſchwiegen bleibet, ſon- dern bald kund wird; denn hat die Herrlichkeit ein Ende, dann bekommt der Gottloſe wieder ei- nen Troſt bey ſeinem ſuͤndigen Leben: dann werden ſeine Beſtraffungen nicht mehr mit ſol- chem Glauben und Vertrauen angenommen, wie zuvor. Findet er ſich ſchon noch manchmahl durch das, was der Prediger lehret, getroffen; o, denckt er, haſt du es da und dort ſchon ver- ſehen, und nicht geprediget, was recht geweſen; wer weiß, ob es mit dem, was du ietzund ſageſt, auch ſeine Richtigkeit habe? Zu ihm in die Kirche wird er wohl zur Noth noch gerne gehen, weil es ſich ihm wohl zuhoͤret; aber daß ſein Wort noch die Krafft ſolte haben, oder daß deſſen Krafft nicht ſolte um ein großes gehindert werden, wird ein ieder Verſtaͤndiger, der die Hertzen, und Natu- ren der Menſchen kennt, nicht wohl leugnen. Und

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/589>, abgerufen am 25.11.2024.