Doch dieses, was ich bisher erzehlet, und was bald zu Anfange meines Predigt-Amts mit Geschencken vor Vergnügen von meinen Zuhö- rern mir gemachet worden, ist nichts zu rech- nen gegen das, was sie Anno 1720. in diesem Stücke an mir gethan haben. Jch hatte da- zumahl meine erste Postille, Quellen des gott- losen Lebens genannt, in Druck gegeben, und solche meinen Zuhörern dediciret. Da ver- muthete ich nun zwar, daß etwan von einem und dem andern, der bisher sich liebreich gegen mich erzeiget, etwas vor die Ehre, so ich ihm mit der Dedication gethan, und vor das Exem- plar, mit welchem ich ihn beschencket, einlauf- fen möchte. Allein, gleichwie ich etliche hun- dert Exemplaria unter meine Zuhörer verthei- let hatte: so war schier kein einziger unter den- selben, er mochte reich, oder arm seyn, der nicht durch ein Gegen-Geschencke seine Freude über das ihm zugesendete gegen mich bezeuget hätte. Jch hatte beynahe ein halbes Jahr, und wol drüber, mit nichts zu thun, als mit Geschencke annehmen; so daß ich bey dieser seltsamen Begebenheit offters nicht wuste, ob ich wachte, oder träumete. Jn Breßlau Anno 1705. hatte ich schon etwas dergleichen wohl erfahren; aber das kam mit diesem in gar keine Vergleichung. Jch hatte meine
Postille
Poſtille in Druck gegeben,
Doch dieſes, was ich bisher erzehlet, und was bald zu Anfange meines Predigt-Amts mit Geſchencken vor Vergnuͤgen von meinen Zuhoͤ- rern mir gemachet worden, iſt nichts zu rech- nen gegen das, was ſie Anno 1720. in dieſem Stuͤcke an mir gethan haben. Jch hatte da- zumahl meine erſte Poſtille, Quellen des gott- loſen Lebens genannt, in Druck gegeben, und ſolche meinen Zuhoͤrern dediciret. Da ver- muthete ich nun zwar, daß etwan von einem und dem andern, der bisher ſich liebreich gegen mich erzeiget, etwas vor die Ehre, ſo ich ihm mit der Dedication gethan, und vor das Exem- plar, mit welchem ich ihn beſchencket, einlauf- fen moͤchte. Allein, gleichwie ich etliche hun- dert Exemplaria unter meine Zuhoͤrer verthei- let hatte: ſo war ſchier kein einziger unter den- ſelben, er mochte reich, oder arm ſeyn, der nicht durch ein Gegen-Geſchencke ſeine Freude uͤber das ihm zugeſendete gegen mich bezeuget haͤtte. Jch hatte beynahe ein halbes Jahr, und wol druͤber, mit nichts zu thun, als mit Geſchencke annehmen; ſo daß ich bey dieſer ſeltſamen Begebenheit offters nicht wuſte, ob ich wachte, oder traͤumete. Jn Breßlau Anno 1705. hatte ich ſchon etwas dergleichen wohl erfahren; aber das kam mit dieſem in gar keine Vergleichung. Jch hatte meine
Poſtille
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[536/0582]
Poſtille in Druck gegeben,
Doch dieſes, was ich bisher erzehlet, und
was bald zu Anfange meines Predigt-Amts mit
Geſchencken vor Vergnuͤgen von meinen Zuhoͤ-
rern mir gemachet worden, iſt nichts zu rech-
nen gegen das, was ſie Anno 1720. in dieſem
Stuͤcke an mir gethan haben. Jch hatte da-
zumahl meine erſte Poſtille, Quellen des gott-
loſen Lebens genannt, in Druck gegeben, und
ſolche meinen Zuhoͤrern dediciret. Da ver-
muthete ich nun zwar, daß etwan von einem
und dem andern, der bisher ſich liebreich gegen
mich erzeiget, etwas vor die Ehre, ſo ich ihm
mit der Dedication gethan, und vor das Exem-
plar, mit welchem ich ihn beſchencket, einlauf-
fen moͤchte. Allein, gleichwie ich etliche hun-
dert Exemplaria unter meine Zuhoͤrer verthei-
let hatte: ſo war ſchier kein einziger unter den-
ſelben, er mochte reich, oder arm ſeyn, der
nicht durch ein Gegen-Geſchencke ſeine Freude
uͤber das ihm zugeſendete gegen mich bezeuget
haͤtte. Jch hatte beynahe ein halbes Jahr,
und wol druͤber, mit nichts zu thun, als mit
Geſchencke annehmen; ſo daß ich bey dieſer
ſeltſamen Begebenheit offters nicht wuſte, ob
ich wachte, oder traͤumete. Jn Breßlau
Anno 1705. hatte ich ſchon etwas dergleichen
wohl erfahren; aber das kam mit dieſem in
gar keine Vergleichung. Jch hatte meine
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 536. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/582>, abgerufen am 22.11.2024.
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