den; wiewol endlich bekannt genug, daß große Seelen-Nöthe, und Versuchungen, insonder- heit, wenn sie eine lange Zeit währen, im Ange- sichte des Menschen traurige Merckmaale hin- ter sich lassen, wenn er gleich schon wieder zur ersten Freude des Geistes gelanget ist. Die Furcht vor dem Tode, und daß ich mir einbil- dete, ich würde sterben, (denn diese Einbildung gebe ich gerne zu,) kan mich auch nicht so ver- unstaltet haben, daß ich dadurch zu solchen ver- kehrten Urtheilen Gelegenheit hätte geben sollen. Denn meine Furcht vor dem Tode war in Wahr- heit nur mäßig, oder währte um Weyhnachten herum kaum etliche Tage, und giengen wohl hernach 6. Wochen hin, ehe ich den obgedachten Medicum um Rath fragte, und Artzney von ihm begehrte. Durch Gebet habe ich alle Furcht in meinem Leben, so sehr ich auch zu derselben ge- neigt bin, vielfältigmahl in Freude und Hertz- hafftigkeit, verwandelt. Eine Weile hatte ich einen kleinen Kummer und Scrupel wegen der Seelen nach dem Tode, ob sie alsbald zu GOtt kämen, und in einen glückseligen Zustand gesetzt würden. Jch las, mich in dieser Sache zu beruhigen, Mosis Amyraldi Tractat davon, und zwar nicht ohne mein Vergnügen. Und so ja eine heimliche Angst und Furcht noch übrig war, so sich manchmahl auf eine kleine Zeit noch regte;
so
H h
uͤberwindet die Furcht,
den; wiewol endlich bekannt genug, daß große Seelen-Noͤthe, und Verſuchungen, inſonder- heit, wenn ſie eine lange Zeit waͤhren, im Ange- ſichte des Menſchen traurige Merckmaale hin- ter ſich laſſen, wenn er gleich ſchon wieder zur erſten Freude des Geiſtes gelanget iſt. Die Furcht vor dem Tode, und daß ich mir einbil- dete, ich wuͤrde ſterben, (denn dieſe Einbildung gebe ich gerne zu,) kan mich auch nicht ſo ver- unſtaltet haben, daß ich dadurch zu ſolchen ver- kehrten Urtheilen Gelegenheit haͤtte geben ſollen. Denn meine Furcht vor dem Tode war in Wahr- heit nur maͤßig, oder waͤhrte um Weyhnachten herum kaum etliche Tage, und giengen wohl hernach 6. Wochen hin, ehe ich den obgedachten Medicum um Rath fragte, und Artzney von ihm begehrte. Durch Gebet habe ich alle Furcht in meinem Leben, ſo ſehr ich auch zu derſelben ge- neigt bin, vielfaͤltigmahl in Freude und Hertz- hafftigkeit, verwandelt. Eine Weile hatte ich einen kleinen Kummer und Scrupel wegen der Seelen nach dem Tode, ob ſie alsbald zu GOtt kaͤmen, und in einen gluͤckſeligen Zuſtand geſetzt wuͤrden. Jch las, mich in dieſer Sache zu beruhigen, Moſis Amyraldi Tractat davon, und zwar nicht ohne mein Vergnuͤgen. Und ſo ja eine heimliche Angſt und Furcht noch uͤbrig war, ſo ſich manchmahl auf eine kleine Zeit noch regte;
ſo
H h
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0527"n="481"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">uͤberwindet die Furcht,</hi></fw><lb/>
den; wiewol endlich bekannt genug, daß große<lb/>
Seelen-Noͤthe, und Verſuchungen, inſonder-<lb/>
heit, wenn ſie eine lange Zeit waͤhren, im Ange-<lb/>ſichte des Menſchen traurige Merckmaale hin-<lb/>
ter ſich laſſen, wenn er gleich ſchon wieder zur<lb/>
erſten Freude des Geiſtes gelanget iſt. Die<lb/>
Furcht vor dem Tode, und daß ich mir einbil-<lb/>
dete, ich wuͤrde ſterben, (denn dieſe Einbildung<lb/>
gebe ich gerne zu,) kan mich auch nicht ſo ver-<lb/>
unſtaltet haben, daß ich dadurch zu ſolchen ver-<lb/>
kehrten Urtheilen Gelegenheit haͤtte geben ſollen.<lb/>
Denn meine Furcht vor dem Tode war in Wahr-<lb/>
heit nur maͤßig, oder waͤhrte um Weyhnachten<lb/>
herum kaum etliche Tage, und giengen wohl<lb/>
hernach 6. Wochen hin, ehe ich den obgedachten<lb/><hirendition="#aq">Medicum</hi> um Rath fragte, und Artzney von ihm<lb/>
begehrte. Durch Gebet habe ich alle Furcht<lb/>
in meinem Leben, ſo ſehr ich auch zu derſelben ge-<lb/>
neigt bin, vielfaͤltigmahl in Freude und Hertz-<lb/>
hafftigkeit, verwandelt. Eine Weile hatte ich<lb/>
einen kleinen Kummer und Scrupel wegen der<lb/>
Seelen nach dem Tode, ob ſie alsbald zu GOtt<lb/>
kaͤmen, und in einen gluͤckſeligen Zuſtand geſetzt<lb/>
wuͤrden. Jch las, mich in dieſer Sache zu<lb/>
beruhigen, <hirendition="#aq">Moſis Amyraldi Tractat</hi> davon, und<lb/>
zwar nicht ohne mein Vergnuͤgen. Und ſo ja<lb/>
eine heimliche Angſt und Furcht noch uͤbrig war,<lb/>ſo ſich manchmahl auf eine kleine Zeit noch regte;<lb/><fwplace="bottom"type="sig">H h</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſo</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[481/0527]
uͤberwindet die Furcht,
den; wiewol endlich bekannt genug, daß große
Seelen-Noͤthe, und Verſuchungen, inſonder-
heit, wenn ſie eine lange Zeit waͤhren, im Ange-
ſichte des Menſchen traurige Merckmaale hin-
ter ſich laſſen, wenn er gleich ſchon wieder zur
erſten Freude des Geiſtes gelanget iſt. Die
Furcht vor dem Tode, und daß ich mir einbil-
dete, ich wuͤrde ſterben, (denn dieſe Einbildung
gebe ich gerne zu,) kan mich auch nicht ſo ver-
unſtaltet haben, daß ich dadurch zu ſolchen ver-
kehrten Urtheilen Gelegenheit haͤtte geben ſollen.
Denn meine Furcht vor dem Tode war in Wahr-
heit nur maͤßig, oder waͤhrte um Weyhnachten
herum kaum etliche Tage, und giengen wohl
hernach 6. Wochen hin, ehe ich den obgedachten
Medicum um Rath fragte, und Artzney von ihm
begehrte. Durch Gebet habe ich alle Furcht
in meinem Leben, ſo ſehr ich auch zu derſelben ge-
neigt bin, vielfaͤltigmahl in Freude und Hertz-
hafftigkeit, verwandelt. Eine Weile hatte ich
einen kleinen Kummer und Scrupel wegen der
Seelen nach dem Tode, ob ſie alsbald zu GOtt
kaͤmen, und in einen gluͤckſeligen Zuſtand geſetzt
wuͤrden. Jch las, mich in dieſer Sache zu
beruhigen, Moſis Amyraldi Tractat davon, und
zwar nicht ohne mein Vergnuͤgen. Und ſo ja
eine heimliche Angſt und Furcht noch uͤbrig war,
ſo ſich manchmahl auf eine kleine Zeit noch regte;
ſo
H h
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/527>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.