gesucht hätte, welches gewiß keine Sache eines puren Melancholici ist.
Das ist die elende Beschaffenheit meines Lei- bes. So siehet der eine von meinen geistlichen Feinden, nemlich der Leib aus, den GOTT und die Natur mir gegeben, oder vielmehr nach dem Falle durch die ordentliche Zeugung auf mich kommen lassen, nicht sowol ein Gefäng- niß der Seelen zu seyn, wie Plato unsern Mensch- lichen Leib angesehen, sondern eine Gelegenheit der Tugend, und desjenigen geistlichen Krieges, den ein ieder, so lange er lebet, wider denselben, er sey auch beschaffen, wie er wolle, und wider die Sünden, zu welchen er verleitet und reitzet, füh- ren muß. Und o selig, der hierinnen eine gute Ritterschafft übet, und im Streit wider sein Fleisch und Blut, insonderheit wenn es, wie Lutherus in der Auslegung der 6ten Bitte redet, zum Miß- trauen und Verzweiffelung, und zu anderer großen Schande und Laster treibet, endlich gewinnet, und den Sieg davon träget. So viel von meinem Leben überhaupt.
Anno 1676. §. 2.
Was nun den Anfang und Fortgang, und besondere Zufälle, Glücks- und Unglücks-Fälle meines Lebens anbetrifft, so bin ich Anno 1676.
den
Deſſelben Herkommen,
geſucht haͤtte, welches gewiß keine Sache eines puren Melancholici iſt.
Das iſt die elende Beſchaffenheit meines Lei- bes. So ſiehet der eine von meinen geiſtlichen Feinden, nemlich der Leib aus, den GOTT und die Natur mir gegeben, oder vielmehr nach dem Falle durch die ordentliche Zeugung auf mich kommen laſſen, nicht ſowol ein Gefaͤng- niß der Seelen zu ſeyn, wie Plato unſern Menſch- lichen Leib angeſehen, ſondern eine Gelegenheit der Tugend, und desjenigen geiſtlichen Krieges, den ein ieder, ſo lange er lebet, wider denſelben, er ſey auch beſchaffen, wie er wolle, und wider die Suͤnden, zu welchen er verleitet und reitzet, fuͤh- ren muß. Und o ſelig, der hierinnen eine gute Ritterſchafft uͤbet, und im Streit wider ſein Fleiſch und Blut, inſonderheit wenn es, wie Lutherus in der Auslegung der 6ten Bitte redet, zum Miß- trauen und Verzweiffelung, und zu anderer großen Schande und Laſter treibet, endlich gewinnet, und den Sieg davon traͤget. So viel von meinem Leben uͤberhaupt.
Anno 1676. §. 2.
Was nun den Anfang und Fortgang, und beſondere Zufaͤlle, Gluͤcks- und Ungluͤcks-Faͤlle meines Lebens anbetrifft, ſo bin ich Anno 1676.
den
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0052"n="6"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Deſſelben Herkommen,</hi></fw><lb/>
geſucht haͤtte, welches gewiß keine Sache eines<lb/><hirendition="#aq">pu</hi>ren <hirendition="#aq">Melancholici</hi> iſt.</p><lb/><p>Das iſt die elende Beſchaffenheit meines Lei-<lb/>
bes. So ſiehet der eine von meinen geiſtlichen<lb/>
Feinden, nemlich der Leib aus, den <hirendition="#g">GOTT</hi><lb/>
und die Natur mir gegeben, oder vielmehr<lb/>
nach dem Falle durch die ordentliche Zeugung<lb/>
auf mich kommen laſſen, nicht ſowol ein Gefaͤng-<lb/>
niß der Seelen zu ſeyn, wie <hirendition="#aq">Plato</hi> unſern Menſch-<lb/>
lichen Leib angeſehen, ſondern eine Gelegenheit<lb/>
der Tugend, und desjenigen geiſtlichen Krieges,<lb/>
den ein ieder, ſo lange er lebet, wider denſelben, er<lb/>ſey auch beſchaffen, wie er wolle, und wider die<lb/>
Suͤnden, zu welchen er verleitet und reitzet, fuͤh-<lb/>
ren muß. Und o ſelig, der hierinnen eine gute<lb/>
Ritterſchafft uͤbet, und im Streit wider ſein Fleiſch<lb/>
und Blut, inſonderheit wenn es, wie Lutherus in<lb/>
der Auslegung der 6ten Bitte redet, zum Miß-<lb/>
trauen und Verzweiffelung, und zu anderer großen<lb/>
Schande und Laſter treibet, endlich gewinnet, und<lb/>
den Sieg davon traͤget. So viel von meinem<lb/>
Leben uͤberhaupt.</p></div><lb/><divn="1"><head><hirendition="#aq"><hirendition="#g">Anno</hi></hi> 1676.<lb/>
§. 2.</head><lb/><p>Was nun den Anfang und Fortgang, und<lb/>
beſondere Zufaͤlle, Gluͤcks- und Ungluͤcks-Faͤlle<lb/>
meines Lebens anbetrifft, ſo bin ich <hirendition="#aq">Anno</hi> 1676.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">den</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[6/0052]
Deſſelben Herkommen,
geſucht haͤtte, welches gewiß keine Sache eines
puren Melancholici iſt.
Das iſt die elende Beſchaffenheit meines Lei-
bes. So ſiehet der eine von meinen geiſtlichen
Feinden, nemlich der Leib aus, den GOTT
und die Natur mir gegeben, oder vielmehr
nach dem Falle durch die ordentliche Zeugung
auf mich kommen laſſen, nicht ſowol ein Gefaͤng-
niß der Seelen zu ſeyn, wie Plato unſern Menſch-
lichen Leib angeſehen, ſondern eine Gelegenheit
der Tugend, und desjenigen geiſtlichen Krieges,
den ein ieder, ſo lange er lebet, wider denſelben, er
ſey auch beſchaffen, wie er wolle, und wider die
Suͤnden, zu welchen er verleitet und reitzet, fuͤh-
ren muß. Und o ſelig, der hierinnen eine gute
Ritterſchafft uͤbet, und im Streit wider ſein Fleiſch
und Blut, inſonderheit wenn es, wie Lutherus in
der Auslegung der 6ten Bitte redet, zum Miß-
trauen und Verzweiffelung, und zu anderer großen
Schande und Laſter treibet, endlich gewinnet, und
den Sieg davon traͤget. So viel von meinem
Leben uͤberhaupt.
Anno 1676.
§. 2.
Was nun den Anfang und Fortgang, und
beſondere Zufaͤlle, Gluͤcks- und Ungluͤcks-Faͤlle
meines Lebens anbetrifft, ſo bin ich Anno 1676.
den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/52>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.