Lebenslang mit dem Rücken ansehen müssen. M. Hornig, der Ecclesiastes, that dergleichen, und so gar mit solchen Formalien auf der Can- tzel, so daß iederman wuste, daß er mich meynte, und defendirte; wie ich denn auch damahls mit Recht noch defendiret werden konte. Denn ob ich wol nicht alle Dinge, und Instituta der Hällischen Theologorum ver- dammete, so war ich doch unschuldig in den Dingen, die er mich bezüchtiget hatte, und war noch lange nicht derjenige, der der Inspector selbst vor 2. Jahren noch gewesen, alß er D. Speners und Franckens Schrifften seinen lieb- sten Zuhörern zu lesen recommendiret hatte. Dato uno absurdo, sequuntur, si non sem- per infinita, tamen plura. Was kan eine übereilte und unweise That nicht vor seltsame und übele Folgen nach sich ziehen. Erst drückt er mich in Breßlau, und verunglimpf- fet mich bey den Vornehmsten des Raths, und andern hohen Leuten: darnach fürchtet er sich vor mir: aus Furcht will er seinen Sohn nicht nach Leipzig senden, sondern schickt ihn nach Jena: durch mich erfährt er, daß Herr D. Neumann Buddeum vor heterodox hält, so thut er demnach seinen Sohn nach Witten- berg: und muß seines Sohnes Todes-Fall vollends eine Ursache werden, daß eine der grö-
sten
der dieſen beſuchet:
Lebenslang mit dem Ruͤcken anſehen muͤſſen. M. Hornig, der Eccleſiaſtes, that dergleichen, und ſo gar mit ſolchen Formalien auf der Can- tzel, ſo daß iederman wuſte, daß er mich meynte, und defendirte; wie ich denn auch damahls mit Recht noch defendiret werden konte. Denn ob ich wol nicht alle Dinge, und Inſtituta der Haͤlliſchen Theologorum ver- dammete, ſo war ich doch unſchuldig in den Dingen, die er mich bezuͤchtiget hatte, und war noch lange nicht derjenige, der der Inſpector ſelbſt vor 2. Jahren noch geweſen, alß er D. Speners und Franckens Schrifften ſeinen lieb- ſten Zuhoͤrern zu leſen recommendiret hatte. Dato uno abſurdo, ſequuntur, ſi non ſem- per infinita, tamen plura. Was kan eine uͤbereilte und unweiſe That nicht vor ſeltſame und uͤbele Folgen nach ſich ziehen. Erſt druͤckt er mich in Breßlau, und verunglimpf- fet mich bey den Vornehmſten des Raths, und andern hohen Leuten: darnach fuͤrchtet er ſich vor mir: aus Furcht will er ſeinen Sohn nicht nach Leipzig ſenden, ſondern ſchickt ihn nach Jena: durch mich erfaͤhrt er, daß Herr D. Neumann Buddeum vor heterodox haͤlt, ſo thut er demnach ſeinen Sohn nach Witten- berg: und muß ſeines Sohnes Todes-Fall vollends eine Urſache werden, daß eine der groͤ-
ſten
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der dieſen beſuchet:
Lebenslang mit dem Ruͤcken anſehen muͤſſen.
M. Hornig, der Eccleſiaſtes, that dergleichen,
und ſo gar mit ſolchen Formalien auf der Can-
tzel, ſo daß iederman wuſte, daß er mich
meynte, und defendirte; wie ich denn auch
damahls mit Recht noch defendiret werden
konte. Denn ob ich wol nicht alle Dinge,
und Inſtituta der Haͤlliſchen Theologorum ver-
dammete, ſo war ich doch unſchuldig in den
Dingen, die er mich bezuͤchtiget hatte, und war
noch lange nicht derjenige, der der Inſpector
ſelbſt vor 2. Jahren noch geweſen, alß er D.
Speners und Franckens Schrifften ſeinen lieb-
ſten Zuhoͤrern zu leſen recommendiret hatte.
Dato uno abſurdo, ſequuntur, ſi non ſem-
per infinita, tamen plura. Was kan eine
uͤbereilte und unweiſe That nicht vor ſeltſame
und uͤbele Folgen nach ſich ziehen. Erſt
druͤckt er mich in Breßlau, und verunglimpf-
fet mich bey den Vornehmſten des Raths, und
andern hohen Leuten: darnach fuͤrchtet er ſich
vor mir: aus Furcht will er ſeinen Sohn
nicht nach Leipzig ſenden, ſondern ſchickt ihn
nach Jena: durch mich erfaͤhrt er, daß Herr
D. Neumann Buddeum vor heterodox haͤlt,
ſo thut er demnach ſeinen Sohn nach Witten-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/504>, abgerufen am 22.11.2024.
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