geben, da das Ubel bey ihnen überhand genom- men, und nicht wenig Studiosi daran gestorben waren. Einige von meinen Lands-Leuten waren noch entkommen, ehe die Stadt gesper- ret worden, wiewol ich eigentlich nicht weiß, ob man sie hernach gesperret, und gelangten in Leip- zig glücklich an. Sie sahen so blaß aus wie Leichname, wegen der Todes-Angst, so sie in Jena ausgestanden. Jch tractirte sie auf dem Collegio, bat mirs aber aus, daß sie von der Kranckheit, so bey ihnen passiret, uns keine Er- zehlung machten; denn es wäre sowol vor sie, als uns besser, daran nicht mehr zu gedencken.
Anno 1709. §. 101.
Jn Wittenberg hatte dieses Malum auch ziemlich um sich gegriffen, doch nicht so starck, wie in Jena. Jnzwischen hatte doch der Sohn des Inspector Neumanns aus Breßlau an dieser Kranckheit seinen Geist aufgeben müssen. O seltsame Fata und Wege GOttes! Herr In- spector Neumann hatte nun zu glauben ange- fangen, daß Herr D. Buddeus nicht orthodox, und nicht rein genug in der Lehre wäre; darum hatte er seinen Sohn nicht lange darnach, alß ich denselben in Jena gesprochen, weggenommen, und nach Wittenberg geschickt, und noch dazu zu
Herr
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untern andern auch
geben, da das Ubel bey ihnen uͤberhand genom- men, und nicht wenig Studioſi daran geſtorben waren. Einige von meinen Lands-Leuten waren noch entkommen, ehe die Stadt geſper- ret worden, wiewol ich eigentlich nicht weiß, ob man ſie hernach geſperret, und gelangten in Leip- zig gluͤcklich an. Sie ſahen ſo blaß aus wie Leichname, wegen der Todes-Angſt, ſo ſie in Jena ausgeſtanden. Jch tractirte ſie auf dem Collegio, bat mirs aber aus, daß ſie von der Kranckheit, ſo bey ihnen paſſiret, uns keine Er- zehlung machten; denn es waͤre ſowol vor ſie, als uns beſſer, daran nicht mehr zu gedencken.
Anno 1709. §. 101.
Jn Wittenberg hatte dieſes Malum auch ziemlich um ſich gegriffen, doch nicht ſo ſtarck, wie in Jena. Jnzwiſchen hatte doch der Sohn des Inſpector Neumanns aus Breßlau an dieſer Kranckheit ſeinen Geiſt aufgeben muͤſſen. O ſeltſame Fata und Wege GOttes! Herr In- ſpector Neumann hatte nun zu glauben ange- fangen, daß Herr D. Buddeus nicht orthodox, und nicht rein genug in der Lehre waͤre; darum hatte er ſeinen Sohn nicht lange darnach, alß ich denſelben in Jena geſprochen, weggenommen, und nach Wittenberg geſchickt, und noch dazu zu
Herr
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[455/0501]
untern andern auch
geben, da das Ubel bey ihnen uͤberhand genom-
men, und nicht wenig Studioſi daran geſtorben
waren. Einige von meinen Lands-Leuten
waren noch entkommen, ehe die Stadt geſper-
ret worden, wiewol ich eigentlich nicht weiß, ob
man ſie hernach geſperret, und gelangten in Leip-
zig gluͤcklich an. Sie ſahen ſo blaß aus wie
Leichname, wegen der Todes-Angſt, ſo ſie in
Jena ausgeſtanden. Jch tractirte ſie auf dem
Collegio, bat mirs aber aus, daß ſie von der
Kranckheit, ſo bey ihnen paſſiret, uns keine Er-
zehlung machten; denn es waͤre ſowol vor ſie, als
uns beſſer, daran nicht mehr zu gedencken.
Anno 1709.
§. 101.
Jn Wittenberg hatte dieſes Malum auch
ziemlich um ſich gegriffen, doch nicht ſo ſtarck,
wie in Jena. Jnzwiſchen hatte doch der
Sohn des Inſpector Neumanns aus Breßlau
an dieſer Kranckheit ſeinen Geiſt aufgeben muͤſſen.
O ſeltſame Fata und Wege GOttes! Herr In-
ſpector Neumann hatte nun zu glauben ange-
fangen, daß Herr D. Buddeus nicht orthodox,
und nicht rein genug in der Lehre waͤre; darum
hatte er ſeinen Sohn nicht lange darnach, alß ich
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/501>, abgerufen am 22.11.2024.
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