Jch meynte die Hitze würde abnehmen, wenn ich tieffer ins Dorff hinein gienge, allein sie wurde noch größer. Es überfiel mich in dieser Ver- wirrung die schrecklichste Todes-Angst, und ich meynte gäntzlich, es kostete mein Leben. Fieng mich demnach an GOtte zu befehlen, und wolte mich mit dem Angesichte auf die Erde niederle- gen, und den Tod erwarten, weil ich vor Hitze keine Lufft mehr hatte. Jndem ich mich aber niederlegte, so geschahe es beynahe durch GOt- tes Schickung, daß ich mich umwandte, und mit dem Gesichte noch einmahl nach der Stadt und nach dem Orte, wo ich herkommen war, umsahe; und siehe, so schwach der Wind auch war, der damahls gieng, dennoch weil derselbe vom Morgen, und mir, sobald ich mich wendete, in Rücken kam, so bekam ich dadurch ein wenig Lufft, und damit zugleich ein Hertze alle Kräffte zu sammlen, und zurücke zu lauffen, so schnelle ich kunte. Es gelunge mir auch, daß ich nach zwölff oder funffzehen Sprüngen wieder zu Menschen, und an die vördersten Oerter des Dorffes kam, wo man vor Hitze bleiben kunte. Was ich an demselben Tage vor Freuden über dieser wunderbaren Errettung gehabt, ist nicht genugsam zu beschreiben. Jch sahe mich an, als einen rechten Brand, der aus dem Feuer war gerissen worden. Jnsonderheit preisete ich
GOtt,
E e 5
wenn ihn GOtt nicht behuͤtet:
Jch meynte die Hitze wuͤrde abnehmen, wenn ich tieffer ins Dorff hinein gienge, allein ſie wurde noch groͤßer. Es uͤberfiel mich in dieſer Ver- wirrung die ſchrecklichſte Todes-Angſt, und ich meynte gaͤntzlich, es koſtete mein Leben. Fieng mich demnach an GOtte zu befehlen, und wolte mich mit dem Angeſichte auf die Erde niederle- gen, und den Tod erwarten, weil ich vor Hitze keine Lufft mehr hatte. Jndem ich mich aber niederlegte, ſo geſchahe es beynahe durch GOt- tes Schickung, daß ich mich umwandte, und mit dem Geſichte noch einmahl nach der Stadt und nach dem Orte, wo ich herkommen war, umſahe; und ſiehe, ſo ſchwach der Wind auch war, der damahls gieng, dennoch weil derſelbe vom Morgen, und mir, ſobald ich mich wendete, in Ruͤcken kam, ſo bekam ich dadurch ein wenig Lufft, und damit zugleich ein Hertze alle Kraͤffte zu ſammlen, und zuruͤcke zu lauffen, ſo ſchnelle ich kunte. Es gelunge mir auch, daß ich nach zwoͤlff oder funffzehen Spruͤngen wieder zu Menſchen, und an die voͤrderſten Oerter des Dorffes kam, wo man vor Hitze bleiben kunte. Was ich an demſelben Tage vor Freuden uͤber dieſer wunderbaren Errettung gehabt, iſt nicht genugſam zu beſchreiben. Jch ſahe mich an, als einen rechten Brand, der aus dem Feuer war geriſſen worden. Jnſonderheit preiſete ich
GOtt,
E e 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0487"n="441"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">wenn ihn GOtt nicht behuͤtet:</hi></fw><lb/>
Jch meynte die Hitze wuͤrde abnehmen, wenn<lb/>
ich tieffer ins Dorff hinein gienge, allein ſie wurde<lb/>
noch groͤßer. Es uͤberfiel mich in dieſer Ver-<lb/>
wirrung die ſchrecklichſte Todes-Angſt, und ich<lb/>
meynte gaͤntzlich, es koſtete mein Leben. Fieng<lb/>
mich demnach an GOtte zu befehlen, und wolte<lb/>
mich mit dem Angeſichte auf die Erde niederle-<lb/>
gen, und den Tod erwarten, weil ich vor Hitze<lb/>
keine Lufft mehr hatte. Jndem ich mich aber<lb/>
niederlegte, ſo geſchahe es beynahe durch GOt-<lb/>
tes Schickung, daß ich mich umwandte, und<lb/>
mit dem Geſichte noch einmahl nach der Stadt<lb/>
und nach dem Orte, wo ich herkommen war,<lb/>
umſahe; und ſiehe, ſo ſchwach der Wind auch<lb/>
war, der damahls gieng, dennoch weil derſelbe<lb/>
vom Morgen, und mir, ſobald ich mich wendete,<lb/>
in Ruͤcken kam, ſo bekam ich dadurch ein wenig<lb/>
Lufft, und damit zugleich ein Hertze alle Kraͤffte<lb/>
zu ſammlen, und zuruͤcke zu lauffen, ſo ſchnelle<lb/>
ich kunte. Es gelunge mir auch, daß ich<lb/>
nach zwoͤlff oder funffzehen Spruͤngen wieder zu<lb/>
Menſchen, und an die voͤrderſten Oerter des<lb/>
Dorffes kam, wo man vor Hitze bleiben kunte.<lb/>
Was ich an demſelben Tage vor Freuden uͤber<lb/>
dieſer wunderbaren Errettung gehabt, iſt nicht<lb/>
genugſam zu beſchreiben. Jch ſahe mich an,<lb/>
als einen rechten Brand, der aus dem Feuer<lb/>
war geriſſen worden. Jnſonderheit preiſete ich<lb/><fwplace="bottom"type="sig">E e 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">GOtt,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[441/0487]
wenn ihn GOtt nicht behuͤtet:
Jch meynte die Hitze wuͤrde abnehmen, wenn
ich tieffer ins Dorff hinein gienge, allein ſie wurde
noch groͤßer. Es uͤberfiel mich in dieſer Ver-
wirrung die ſchrecklichſte Todes-Angſt, und ich
meynte gaͤntzlich, es koſtete mein Leben. Fieng
mich demnach an GOtte zu befehlen, und wolte
mich mit dem Angeſichte auf die Erde niederle-
gen, und den Tod erwarten, weil ich vor Hitze
keine Lufft mehr hatte. Jndem ich mich aber
niederlegte, ſo geſchahe es beynahe durch GOt-
tes Schickung, daß ich mich umwandte, und
mit dem Geſichte noch einmahl nach der Stadt
und nach dem Orte, wo ich herkommen war,
umſahe; und ſiehe, ſo ſchwach der Wind auch
war, der damahls gieng, dennoch weil derſelbe
vom Morgen, und mir, ſobald ich mich wendete,
in Ruͤcken kam, ſo bekam ich dadurch ein wenig
Lufft, und damit zugleich ein Hertze alle Kraͤffte
zu ſammlen, und zuruͤcke zu lauffen, ſo ſchnelle
ich kunte. Es gelunge mir auch, daß ich
nach zwoͤlff oder funffzehen Spruͤngen wieder zu
Menſchen, und an die voͤrderſten Oerter des
Dorffes kam, wo man vor Hitze bleiben kunte.
Was ich an demſelben Tage vor Freuden uͤber
dieſer wunderbaren Errettung gehabt, iſt nicht
genugſam zu beſchreiben. Jch ſahe mich an,
als einen rechten Brand, der aus dem Feuer
war geriſſen worden. Jnſonderheit preiſete ich
GOtt,
E e 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/487>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.