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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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wenn ihn GOtt nicht behütet:
Jch meynte die Hitze würde abnehmen, wenn
ich tieffer ins Dorff hinein gienge, allein sie wurde
noch größer. Es überfiel mich in dieser Ver-
wirrung die schrecklichste Todes-Angst, und ich
meynte gäntzlich, es kostete mein Leben. Fieng
mich demnach an GOtte zu befehlen, und wolte
mich mit dem Angesichte auf die Erde niederle-
gen, und den Tod erwarten, weil ich vor Hitze
keine Lufft mehr hatte. Jndem ich mich aber
niederlegte, so geschahe es beynahe durch GOt-
tes Schickung, daß ich mich umwandte, und
mit dem Gesichte noch einmahl nach der Stadt
und nach dem Orte, wo ich herkommen war,
umsahe; und siehe, so schwach der Wind auch
war, der damahls gieng, dennoch weil derselbe
vom Morgen, und mir, sobald ich mich wendete,
in Rücken kam, so bekam ich dadurch ein wenig
Lufft, und damit zugleich ein Hertze alle Kräffte
zu sammlen, und zurücke zu lauffen, so schnelle
ich kunte. Es gelunge mir auch, daß ich
nach zwölff oder funffzehen Sprüngen wieder zu
Menschen, und an die vördersten Oerter des
Dorffes kam, wo man vor Hitze bleiben kunte.
Was ich an demselben Tage vor Freuden über
dieser wunderbaren Errettung gehabt, ist nicht
genugsam zu beschreiben. Jch sahe mich an,
als einen rechten Brand, der aus dem Feuer
war gerissen worden. Jnsonderheit preisete ich

GOtt,
E e 5

wenn ihn GOtt nicht behuͤtet:
Jch meynte die Hitze wuͤrde abnehmen, wenn
ich tieffer ins Dorff hinein gienge, allein ſie wurde
noch groͤßer. Es uͤberfiel mich in dieſer Ver-
wirrung die ſchrecklichſte Todes-Angſt, und ich
meynte gaͤntzlich, es koſtete mein Leben. Fieng
mich demnach an GOtte zu befehlen, und wolte
mich mit dem Angeſichte auf die Erde niederle-
gen, und den Tod erwarten, weil ich vor Hitze
keine Lufft mehr hatte. Jndem ich mich aber
niederlegte, ſo geſchahe es beynahe durch GOt-
tes Schickung, daß ich mich umwandte, und
mit dem Geſichte noch einmahl nach der Stadt
und nach dem Orte, wo ich herkommen war,
umſahe; und ſiehe, ſo ſchwach der Wind auch
war, der damahls gieng, dennoch weil derſelbe
vom Morgen, und mir, ſobald ich mich wendete,
in Ruͤcken kam, ſo bekam ich dadurch ein wenig
Lufft, und damit zugleich ein Hertze alle Kraͤffte
zu ſammlen, und zuruͤcke zu lauffen, ſo ſchnelle
ich kunte. Es gelunge mir auch, daß ich
nach zwoͤlff oder funffzehen Spruͤngen wieder zu
Menſchen, und an die voͤrderſten Oerter des
Dorffes kam, wo man vor Hitze bleiben kunte.
Was ich an demſelben Tage vor Freuden uͤber
dieſer wunderbaren Errettung gehabt, iſt nicht
genugſam zu beſchreiben. Jch ſahe mich an,
als einen rechten Brand, der aus dem Feuer
war geriſſen worden. Jnſonderheit preiſete ich

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E e 5
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[441/0487] wenn ihn GOtt nicht behuͤtet: Jch meynte die Hitze wuͤrde abnehmen, wenn ich tieffer ins Dorff hinein gienge, allein ſie wurde noch groͤßer. Es uͤberfiel mich in dieſer Ver- wirrung die ſchrecklichſte Todes-Angſt, und ich meynte gaͤntzlich, es koſtete mein Leben. Fieng mich demnach an GOtte zu befehlen, und wolte mich mit dem Angeſichte auf die Erde niederle- gen, und den Tod erwarten, weil ich vor Hitze keine Lufft mehr hatte. Jndem ich mich aber niederlegte, ſo geſchahe es beynahe durch GOt- tes Schickung, daß ich mich umwandte, und mit dem Geſichte noch einmahl nach der Stadt und nach dem Orte, wo ich herkommen war, umſahe; und ſiehe, ſo ſchwach der Wind auch war, der damahls gieng, dennoch weil derſelbe vom Morgen, und mir, ſobald ich mich wendete, in Ruͤcken kam, ſo bekam ich dadurch ein wenig Lufft, und damit zugleich ein Hertze alle Kraͤffte zu ſammlen, und zuruͤcke zu lauffen, ſo ſchnelle ich kunte. Es gelunge mir auch, daß ich nach zwoͤlff oder funffzehen Spruͤngen wieder zu Menſchen, und an die voͤrderſten Oerter des Dorffes kam, wo man vor Hitze bleiben kunte. Was ich an demſelben Tage vor Freuden uͤber dieſer wunderbaren Errettung gehabt, iſt nicht genugſam zu beſchreiben. Jch ſahe mich an, als einen rechten Brand, der aus dem Feuer war geriſſen worden. Jnſonderheit preiſete ich GOtt, E e 5

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/487>, abgerufen am 25.11.2024.