ob ich ein Hurer und Ehebrecher gewesen. Denn ich kan dich so gut, als Herr Pastor Neu- meister, eydlich versichern, wenn es nöthig wäre, daß ich mein Lebtage keine Weibes-Person, we- der in, noch ausser dem Ehestande erkandt habe. Du darffst mir es aber vor keine Tugend anrechnen, denn GOtt schätzt den Menschen niemals nach der sündlichen That, so von ihm unterlassen wor- den, sondern nach dem Hertzen, und nach den Umständen, mit, und bey welchen sie unter- lassen worden.
Anno 1705. §. 78.
War das 1704te Jahr ein sehr betrübtes Jahr vor mich gewesen, so war das folgende 1705te vor mich desto erfreulicher. Das weiß ich, daß GOtt nach der Anfechtung wieder trö- stet, und habe es dazumahl zur Genüge erfah- ren. GOtt erhöhet auch wieder, und setzt zu Ehren, den er zuvor gedemüthiget. Jch that in der Pfingst-Woche eine Reise nach Hause in meine Vaters-Stadt, meine Dienste vor allen Dingen derselben anzubieten. Wie ich 1699. am Johannis-Feste allhier zu Leitsch das erstemahl geprediget: so that ich auch an diesem Feste in meiner Vaters-Stadt die erste Predigt. Es folgten auf diese erste bald andere Predigten
in
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reiſet in ſeine Vater-Stadt,
ob ich ein Hurer und Ehebrecher geweſen. Denn ich kan dich ſo gut, als Herr Paſtor Neu- meiſter, eydlich verſichern, wenn es noͤthig waͤre, daß ich mein Lebtage keine Weibes-Perſon, we- der in, noch auſſer dem Eheſtande erkandt habe. Du darffſt mir es aber vor keine Tugend anrechnen, denn GOtt ſchaͤtzt den Menſchen niemals nach der ſuͤndlichen That, ſo von ihm unterlaſſen wor- den, ſondern nach dem Hertzen, und nach den Umſtaͤnden, mit, und bey welchen ſie unter- laſſen worden.
Anno 1705. §. 78.
War das 1704te Jahr ein ſehr betruͤbtes Jahr vor mich geweſen, ſo war das folgende 1705te vor mich deſto erfreulicher. Das weiß ich, daß GOtt nach der Anfechtung wieder troͤ- ſtet, und habe es dazumahl zur Genuͤge erfah- ren. GOtt erhoͤhet auch wieder, und ſetzt zu Ehren, den er zuvor gedemuͤthiget. Jch that in der Pfingſt-Woche eine Reiſe nach Hauſe in meine Vaters-Stadt, meine Dienſte vor allen Dingen derſelben anzubieten. Wie ich 1699. am Johannis-Feſte allhier zu Leitſch das erſtemahl geprediget: ſo that ich auch an dieſem Feſte in meiner Vaters-Stadt die erſte Predigt. Es folgten auf dieſe erſte bald andere Predigten
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reiſet in ſeine Vater-Stadt,
ob ich ein Hurer und Ehebrecher geweſen.
Denn ich kan dich ſo gut, als Herr Paſtor Neu-
meiſter, eydlich verſichern, wenn es noͤthig waͤre,
daß ich mein Lebtage keine Weibes-Perſon, we-
der in, noch auſſer dem Eheſtande erkandt habe. Du
darffſt mir es aber vor keine Tugend anrechnen,
denn GOtt ſchaͤtzt den Menſchen niemals nach
der ſuͤndlichen That, ſo von ihm unterlaſſen wor-
den, ſondern nach dem Hertzen, und nach den
Umſtaͤnden, mit, und bey welchen ſie unter-
laſſen worden.
Anno 1705.
§. 78.
War das 1704te Jahr ein ſehr betruͤbtes
Jahr vor mich geweſen, ſo war das folgende 1705te
vor mich deſto erfreulicher. Das weiß ich,
daß GOtt nach der Anfechtung wieder troͤ-
ſtet, und habe es dazumahl zur Genuͤge erfah-
ren. GOtt erhoͤhet auch wieder, und ſetzt
zu Ehren, den er zuvor gedemuͤthiget. Jch
that in der Pfingſt-Woche eine Reiſe nach Hauſe
in meine Vaters-Stadt, meine Dienſte vor
allen Dingen derſelben anzubieten. Wie ich
1699. am Johannis-Feſte allhier zu Leitſch das
erſtemahl geprediget: ſo that ich auch an dieſem
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/423>, abgerufen am 22.11.2024.
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