sten, wie den schwachen zu Muthe wäre, und sie solche nicht länger vor Narren, noch, wie Schimmer in seinen geistlichen Erquick- Stunden, vor melancholische Grillen-Fän- ger hielten. Vor einigen Jahren muste ich einst meine guten Freunde bitten, daß, wenn sie gesonnen wären, irgend etwan eine Spatzier- Fahrt, oder sonst was anzustellen, und mich dazu zu ziehen, dieselben mich ja nicht den Tag zuvor, sondern früh morgens fragen ließen, ob ich Compagnie mit machen wolte. Denn wenn ichs des Tages zuvor wuste, die Furcht, ich werde mich nicht entschließen können, ob ich ja, oder nein sprechen solle, hielt den Verstand ge- bunden, daß ich zur Resolution nicht kommen konte, und die Furcht, ich werde nicht schla- fen, ließ mich auch nicht schlafen. Ja möch- test du sagen: Wir müssen alles, auch den Schlaf verleugnen. Aber gar gut! Wenn du wüstest, wie eine schlaflose Nacht an der an- dern hienge, und was ein schwaches Haupt, so daraus entstehet, vor erbärmlichen Zufällen bey schwachen Naturen unterworffen, so würdest du bey diesem moralischen Lehr-Satz, der an und vor sich wohl wahr, auch allerhand Einschrän- ckungen, und Trost vor schwache Gemüther ma- chen müssen.
§. 75.
A a
Welches er beweiſet,
ſten, wie den ſchwachen zu Muthe waͤre, und ſie ſolche nicht laͤnger vor Narren, noch, wie Schimmer in ſeinen geiſtlichen Erquick- Stunden, vor melancholiſche Grillen-Faͤn- ger hielten. Vor einigen Jahren muſte ich einſt meine guten Freunde bitten, daß, wenn ſie geſonnen waͤren, irgend etwan eine Spatzier- Fahrt, oder ſonſt was anzuſtellen, und mich dazu zu ziehen, dieſelben mich ja nicht den Tag zuvor, ſondern fruͤh morgens fragen ließen, ob ich Compagnie mit machen wolte. Denn wenn ichs des Tages zuvor wuſte, die Furcht, ich werde mich nicht entſchließen koͤnnen, ob ich ja, oder nein ſprechen ſolle, hielt den Verſtand ge- bunden, daß ich zur Reſolution nicht kommen konte, und die Furcht, ich werde nicht ſchla- fen, ließ mich auch nicht ſchlafen. Ja moͤch- teſt du ſagen: Wir muͤſſen alles, auch den Schlaf verleugnen. Aber gar gut! Wenn du wuͤſteſt, wie eine ſchlafloſe Nacht an der an- dern hienge, und was ein ſchwaches Haupt, ſo daraus entſtehet, vor erbaͤrmlichen Zufaͤllen bey ſchwachen Naturen unterworffen, ſo wuͤrdeſt du bey dieſem moraliſchen Lehr-Satz, der an und vor ſich wohl wahr, auch allerhand Einſchraͤn- ckungen, und Troſt vor ſchwache Gemuͤther ma- chen muͤſſen.
§. 75.
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Welches er beweiſet,
ſten, wie den ſchwachen zu Muthe waͤre, und
ſie ſolche nicht laͤnger vor Narren, noch, wie
Schimmer in ſeinen geiſtlichen Erquick-
Stunden, vor melancholiſche Grillen-Faͤn-
ger hielten. Vor einigen Jahren muſte ich
einſt meine guten Freunde bitten, daß, wenn ſie
geſonnen waͤren, irgend etwan eine Spatzier-
Fahrt, oder ſonſt was anzuſtellen, und mich
dazu zu ziehen, dieſelben mich ja nicht den Tag
zuvor, ſondern fruͤh morgens fragen ließen, ob
ich Compagnie mit machen wolte. Denn
wenn ichs des Tages zuvor wuſte, die Furcht,
ich werde mich nicht entſchließen koͤnnen, ob ich
ja, oder nein ſprechen ſolle, hielt den Verſtand ge-
bunden, daß ich zur Reſolution nicht kommen
konte, und die Furcht, ich werde nicht ſchla-
fen, ließ mich auch nicht ſchlafen. Ja moͤch-
teſt du ſagen: Wir muͤſſen alles, auch den
Schlaf verleugnen. Aber gar gut! Wenn
du wuͤſteſt, wie eine ſchlafloſe Nacht an der an-
dern hienge, und was ein ſchwaches Haupt, ſo
daraus entſtehet, vor erbaͤrmlichen Zufaͤllen bey
ſchwachen Naturen unterworffen, ſo wuͤrdeſt du
bey dieſem moraliſchen Lehr-Satz, der an und
vor ſich wohl wahr, auch allerhand Einſchraͤn-
ckungen, und Troſt vor ſchwache Gemuͤther ma-
chen muͤſſen.
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/415>, abgerufen am 25.11.2024.
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