Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

in welcher gezeiget wird,
Selbst-Mordes bey den Menschen leicht entste-
hen könne; so will es doch hingegen schier schwe-
rer werden zu zeigen, wie es zugehe, daß her-
nach dergleichen Leute auf die Gedancken kom-
men, als ob sie einst dergleichen thun, und ihr
Tod auch ein solcher Tod seyn dürffte: und wie
es zugehe, daß sie anfangen wegen dergleichen
Zufall zu sorgen, und sich schrecklich fürchten,
daß er sich nicht auch bey ihnen ereigne. Doch
man kan auch hierinnen zulängliche Ursachen an-
führen. Denn erstlich ist der schnelle und un-
verhoffte Einfall eines solchen Todes daran Ur-
sache; der, wie ich gesagt, auch unter andern
aus einem kräncklichen Leibes-Zustande entstehet,
ohne daß eine traurige Begebenheit, die einem
solchem Menschen zu Ohren kommt, diesen Ein-
fall erwecket. Bey einem solchem unver-
hofften
Einfall muß der Mensch freylich noch
mehr erschrecken, als wenn ihm nur ein solcher
Todes-Fall, wie er andern begegnet, erzehlet
wird. Denn weil er seine Leibes-Kranckheit,
und derselben Würckung ins Gehirne nicht ken-
net; so weiß er nicht, woher bey ihm ein sol-
cher Einfall entstehe. Wo also ein solcher
Mensch nicht auf der Hut ist, so kan er sich gar
bald zu dem übereilten Schluße verleiten lassen,
als ob dieser Einfall ein Vorbote wäre, dessen
was er ins künfftige thun werde. Ja, wenn

auch

in welcher gezeiget wird,
Selbſt-Mordes bey den Menſchen leicht entſte-
hen koͤnne; ſo will es doch hingegen ſchier ſchwe-
rer werden zu zeigen, wie es zugehe, daß her-
nach dergleichen Leute auf die Gedancken kom-
men, als ob ſie einſt dergleichen thun, und ihr
Tod auch ein ſolcher Tod ſeyn duͤrffte: und wie
es zugehe, daß ſie anfangen wegen dergleichen
Zufall zu ſorgen, und ſich ſchrecklich fuͤrchten,
daß er ſich nicht auch bey ihnen ereigne. Doch
man kan auch hierinnen zulaͤngliche Urſachen an-
fuͤhren. Denn erſtlich iſt der ſchnelle und un-
verhoffte Einfall eines ſolchen Todes daran Ur-
ſache; der, wie ich geſagt, auch unter andern
aus einem kraͤncklichen Leibes-Zuſtande entſtehet,
ohne daß eine traurige Begebenheit, die einem
ſolchem Menſchen zu Ohren kommt, dieſen Ein-
fall erwecket. Bey einem ſolchem unver-
hofften
Einfall muß der Menſch freylich noch
mehr erſchrecken, als wenn ihm nur ein ſolcher
Todes-Fall, wie er andern begegnet, erzehlet
wird. Denn weil er ſeine Leibes-Kranckheit,
und derſelben Wuͤrckung ins Gehirne nicht ken-
net; ſo weiß er nicht, woher bey ihm ein ſol-
cher Einfall entſtehe. Wo alſo ein ſolcher
Menſch nicht auf der Hut iſt, ſo kan er ſich gar
bald zu dem uͤbereilten Schluße verleiten laſſen,
als ob dieſer Einfall ein Vorbote waͤre, deſſen
was er ins kuͤnfftige thun werde. Ja, wenn

auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0361" n="315"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in welcher gezeiget wird,</hi></fw><lb/>
Selb&#x017F;t-Mordes bey den Men&#x017F;chen leicht ent&#x017F;te-<lb/>
hen ko&#x0364;nne; &#x017F;o will es doch hingegen &#x017F;chier &#x017F;chwe-<lb/>
rer werden zu zeigen, wie es zugehe, daß her-<lb/>
nach dergleichen Leute auf die Gedancken kom-<lb/>
men, als ob &#x017F;ie ein&#x017F;t <hi rendition="#fr">dergleichen</hi> thun, und ihr<lb/><hi rendition="#fr">Tod auch</hi> ein &#x017F;olcher Tod &#x017F;eyn du&#x0364;rffte: und wie<lb/>
es zugehe, daß &#x017F;ie anfangen wegen dergleichen<lb/>
Zufall zu <hi rendition="#fr">&#x017F;orgen,</hi> und &#x017F;ich &#x017F;chrecklich <hi rendition="#fr">fu&#x0364;rchten,</hi><lb/>
daß er &#x017F;ich nicht auch bey ihnen ereigne. Doch<lb/>
man kan auch hierinnen zula&#x0364;ngliche Ur&#x017F;achen an-<lb/>
fu&#x0364;hren. Denn er&#x017F;tlich i&#x017F;t der &#x017F;chnelle und un-<lb/>
verhoffte Einfall eines &#x017F;olchen Todes daran Ur-<lb/>
&#x017F;ache; der, wie ich ge&#x017F;agt, auch unter andern<lb/>
aus einem kra&#x0364;ncklichen Leibes-Zu&#x017F;tande ent&#x017F;tehet,<lb/>
ohne daß eine traurige Begebenheit, die einem<lb/>
&#x017F;olchem Men&#x017F;chen zu Ohren kommt, die&#x017F;en Ein-<lb/>
fall erwecket. Bey einem &#x017F;olchem <hi rendition="#fr">unver-<lb/>
hofften</hi> Einfall muß der Men&#x017F;ch freylich noch<lb/>
mehr er&#x017F;chrecken, als wenn ihm nur ein &#x017F;olcher<lb/>
Todes-Fall, wie er andern begegnet, erzehlet<lb/>
wird. Denn weil er &#x017F;eine Leibes-Kranckheit,<lb/>
und der&#x017F;elben Wu&#x0364;rckung ins Gehirne nicht ken-<lb/>
net; &#x017F;o weiß er nicht, woher bey ihm ein &#x017F;ol-<lb/>
cher Einfall ent&#x017F;tehe. Wo al&#x017F;o ein &#x017F;olcher<lb/>
Men&#x017F;ch nicht auf der Hut i&#x017F;t, &#x017F;o kan er &#x017F;ich gar<lb/>
bald zu dem u&#x0364;bereilten Schluße verleiten la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
als ob die&#x017F;er Einfall ein Vorbote wa&#x0364;re, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
was er ins ku&#x0364;nfftige thun werde. Ja, wenn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[315/0361] in welcher gezeiget wird, Selbſt-Mordes bey den Menſchen leicht entſte- hen koͤnne; ſo will es doch hingegen ſchier ſchwe- rer werden zu zeigen, wie es zugehe, daß her- nach dergleichen Leute auf die Gedancken kom- men, als ob ſie einſt dergleichen thun, und ihr Tod auch ein ſolcher Tod ſeyn duͤrffte: und wie es zugehe, daß ſie anfangen wegen dergleichen Zufall zu ſorgen, und ſich ſchrecklich fuͤrchten, daß er ſich nicht auch bey ihnen ereigne. Doch man kan auch hierinnen zulaͤngliche Urſachen an- fuͤhren. Denn erſtlich iſt der ſchnelle und un- verhoffte Einfall eines ſolchen Todes daran Ur- ſache; der, wie ich geſagt, auch unter andern aus einem kraͤncklichen Leibes-Zuſtande entſtehet, ohne daß eine traurige Begebenheit, die einem ſolchem Menſchen zu Ohren kommt, dieſen Ein- fall erwecket. Bey einem ſolchem unver- hofften Einfall muß der Menſch freylich noch mehr erſchrecken, als wenn ihm nur ein ſolcher Todes-Fall, wie er andern begegnet, erzehlet wird. Denn weil er ſeine Leibes-Kranckheit, und derſelben Wuͤrckung ins Gehirne nicht ken- net; ſo weiß er nicht, woher bey ihm ein ſol- cher Einfall entſtehe. Wo alſo ein ſolcher Menſch nicht auf der Hut iſt, ſo kan er ſich gar bald zu dem uͤbereilten Schluße verleiten laſſen, als ob dieſer Einfall ein Vorbote waͤre, deſſen was er ins kuͤnfftige thun werde. Ja, wenn auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/361
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/361>, abgerufen am 22.11.2024.