Wenn dergleichen Fall geschiehet, so redet eine gantze Stadt davon; ja einige kommen wol gar dazu, wenn ein Mensch eine solche That vollbracht hat. Was wunder demnach, wenn durch das Ohr, und durch das Auge der, so davon höret, und siehet, von diesem Tode eine Vorstellung bekommt. Es ist auch leicht zu erachten, wie solcher Gedancke zu einer an- dern Zeit von neuem in des Menschen Gemü- the entstehe. Es ist ein groß Ubel; ieder- man erschrickt darüber, wenn er nur davon hö- ret reden: Furcht und Schrecken drücken, wie alle andere starcke Affecten, die Bilder der Dinge tieff ins Gehirne ein, und diß noch da- zu mit vielen andern Umständen der Zeit und des Ortes etc. so daß, wenn einem ein solcher Umstand wieder vorkommt, ihm auch wieder- um die That des Selbst-Mords einfällt, so ein anderer begangen. Der Leib eines Men- schen kan auch zuweilen in einem solchem Zu- stande sich befinden, und gesetzet seyn, in wel- chen er gesetzet wurde, da er das erste mahl die Idee von einem solchem Tode bekam, und sol- chen als ein groß Ubel verabscheuete. Die Lebens-Geister des Menschen werden offters aus allerhand Ursachen in starcke Bewegung ge- bracht, so, daß, wenn entweder der Mensch sich nicht bald auf das besinnen kan, auf wel-
ches
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manche aber doch zuweilen
Wenn dergleichen Fall geſchiehet, ſo redet eine gantze Stadt davon; ja einige kommen wol gar dazu, wenn ein Menſch eine ſolche That vollbracht hat. Was wunder demnach, wenn durch das Ohr, und durch das Auge der, ſo davon hoͤret, und ſiehet, von dieſem Tode eine Vorſtellung bekommt. Es iſt auch leicht zu erachten, wie ſolcher Gedancke zu einer an- dern Zeit von neuem in des Menſchen Gemuͤ- the entſtehe. Es iſt ein groß Ubel; ieder- man erſchrickt daruͤber, wenn er nur davon hoͤ- ret reden: Furcht und Schrecken druͤcken, wie alle andere ſtarcke Affecten, die Bilder der Dinge tieff ins Gehirne ein, und diß noch da- zu mit vielen andern Umſtaͤnden der Zeit und des Ortes ꝛc. ſo daß, wenn einem ein ſolcher Umſtand wieder vorkommt, ihm auch wieder- um die That des Selbſt-Mords einfaͤllt, ſo ein anderer begangen. Der Leib eines Men- ſchen kan auch zuweilen in einem ſolchem Zu- ſtande ſich befinden, und geſetzet ſeyn, in wel- chen er geſetzet wurde, da er das erſte mahl die Idée von einem ſolchem Tode bekam, und ſol- chen als ein groß Ubel verabſcheuete. Die Lebens-Geiſter des Menſchen werden offters aus allerhand Urſachen in ſtarcke Bewegung ge- bracht, ſo, daß, wenn entweder der Menſch ſich nicht bald auf das beſinnen kan, auf wel-
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manche aber doch zuweilen
Wenn dergleichen Fall geſchiehet, ſo redet eine
gantze Stadt davon; ja einige kommen wol
gar dazu, wenn ein Menſch eine ſolche That
vollbracht hat. Was wunder demnach,
wenn durch das Ohr, und durch das Auge der,
ſo davon hoͤret, und ſiehet, von dieſem Tode
eine Vorſtellung bekommt. Es iſt auch leicht
zu erachten, wie ſolcher Gedancke zu einer an-
dern Zeit von neuem in des Menſchen Gemuͤ-
the entſtehe. Es iſt ein groß Ubel; ieder-
man erſchrickt daruͤber, wenn er nur davon hoͤ-
ret reden: Furcht und Schrecken druͤcken, wie
alle andere ſtarcke Affecten, die Bilder der
Dinge tieff ins Gehirne ein, und diß noch da-
zu mit vielen andern Umſtaͤnden der Zeit und
des Ortes ꝛc. ſo daß, wenn einem ein ſolcher
Umſtand wieder vorkommt, ihm auch wieder-
um die That des Selbſt-Mords einfaͤllt, ſo
ein anderer begangen. Der Leib eines Men-
ſchen kan auch zuweilen in einem ſolchem Zu-
ſtande ſich befinden, und geſetzet ſeyn, in wel-
chen er geſetzet wurde, da er das erſte mahl die
Idée von einem ſolchem Tode bekam, und ſol-
chen als ein groß Ubel verabſcheuete. Die
Lebens-Geiſter des Menſchen werden offters
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/355>, abgerufen am 22.11.2024.
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