ihnen eher eine solche Straf-Predigt darüber hal- ten, wie sie in der Kirchen sonst darüber zu halten pflegen, als daß sie ihnen, als höchst Angefochtenen, einen Muth, und Versicherung geben solten, daß GOtt nicht zulassen werde, daß das geschehen werde, was sie fürchten und besorgen; Oder die armen Leute mögen auch selbst nicht fähig seyn, ihren Zustand recht deutlich zu beschreiben und vorstel- lig zu machen, und sich also selbst als Leute an- geben, die der Satan zum Selbst-Mord NB. reitze. Jch weiß wohl, daß man bey allen Straf-Predigten, die man wider die gottlosen Selbst-Mörder hält, eine Exception und Aus- nahme insgemein macht vor die armen melan- cholischen Leute; die, weil sie ihres Menschli- chen Verstandes beraubet werden, ohne zu wissen, was sie thun, zu solcher That schreiten. Allein ob man nun schon gleich saget, daß manchmahl melancholische Leute, wenn sie ihres Verstan- des beraubet worden, sich umbringen, und dieses auch eine bekannte Sache, und längst be- kannte Wahrheit ist, so die Erfahrung bestäti- get; so ist es doch damit nicht ausgemacht, und diese in tieffer Nacht und Dunckelheit liegende Sache ist damit noch nicht in ihr Licht gesetzet. Zu unserer Zeit sind die Gelehrten so begierig, daß sie alle wollen den Modum und die Art und Weise wissen, wie ein Ding das andere würckt
und
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wie es zugehe,
ihnen eher eine ſolche Straf-Predigt daruͤber hal- ten, wie ſie in der Kirchen ſonſt daruͤber zu halten pflegen, als daß ſie ihnen, als hoͤchſt Angefochtenen, einen Muth, und Verſicherung geben ſolten, daß GOtt nicht zulaſſen werde, daß das geſchehen werde, was ſie fuͤrchten und beſorgen; Oder die armen Leute moͤgen auch ſelbſt nicht faͤhig ſeyn, ihren Zuſtand recht deutlich zu beſchreiben und vorſtel- lig zu machen, und ſich alſo ſelbſt als Leute an- geben, die der Satan zum Selbſt-Mord NB. reitze. Jch weiß wohl, daß man bey allen Straf-Predigten, die man wider die gottloſen Selbſt-Moͤrder haͤlt, eine Exception und Aus- nahme insgemein macht vor die armen melan- choliſchen Leute; die, weil ſie ihres Menſchli- chen Verſtandes beraubet werden, ohne zu wiſſen, was ſie thun, zu ſolcher That ſchreiten. Allein ob man nun ſchon gleich ſaget, daß manchmahl melancholiſche Leute, wenn ſie ihres Verſtan- des beraubet worden, ſich umbringen, und dieſes auch eine bekannte Sache, und laͤngſt be- kannte Wahrheit iſt, ſo die Erfahrung beſtaͤti- get; ſo iſt es doch damit nicht ausgemacht, und dieſe in tieffer Nacht und Dunckelheit liegende Sache iſt damit noch nicht in ihr Licht geſetzet. Zu unſerer Zeit ſind die Gelehrten ſo begierig, daß ſie alle wollen den Modum und die Art und Weiſe wiſſen, wie ein Ding das andere wuͤrckt
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wie es zugehe,
ihnen eher eine ſolche Straf-Predigt daruͤber hal-
ten, wie ſie in der Kirchen ſonſt daruͤber zu halten
pflegen, als daß ſie ihnen, als hoͤchſt Angefochtenen,
einen Muth, und Verſicherung geben ſolten, daß
GOtt nicht zulaſſen werde, daß das geſchehen werde,
was ſie fuͤrchten und beſorgen; Oder die armen
Leute moͤgen auch ſelbſt nicht faͤhig ſeyn, ihren
Zuſtand recht deutlich zu beſchreiben und vorſtel-
lig zu machen, und ſich alſo ſelbſt als Leute an-
geben, die der Satan zum Selbſt-Mord NB.
reitze. Jch weiß wohl, daß man bey allen
Straf-Predigten, die man wider die gottloſen
Selbſt-Moͤrder haͤlt, eine Exception und Aus-
nahme insgemein macht vor die armen melan-
choliſchen Leute; die, weil ſie ihres Menſchli-
chen Verſtandes beraubet werden, ohne zu wiſſen,
was ſie thun, zu ſolcher That ſchreiten. Allein
ob man nun ſchon gleich ſaget, daß manchmahl
melancholiſche Leute, wenn ſie ihres Verſtan-
des beraubet worden, ſich umbringen, und
dieſes auch eine bekannte Sache, und laͤngſt be-
kannte Wahrheit iſt, ſo die Erfahrung beſtaͤti-
get; ſo iſt es doch damit nicht ausgemacht, und
dieſe in tieffer Nacht und Dunckelheit liegende
Sache iſt damit noch nicht in ihr Licht geſetzet.
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/307>, abgerufen am 25.11.2024.
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