tungen insgemein am stärcksten, weil die ordent- lichen Beruffs-Wercke, nicht wie sonst, das Gemüthe auf etwas anders lencken, sondern der Mensch an mehr geistliche Dinge zu gedencken veranlaßet wird, so die Seele angehen; und auch wol, weil der Teufel zu solcher Zeit mehr als sonst trachtet, solchen Christen ihre Freu- den-Tage in Trauer-Tage zu verwaudeln. Jch bereitete mich dazu, so gut ich konte. Die Frühlings- und große Sonnen-Wärmbde vermehrte die Hitze meines Hauptes. Jch lieff in der Angst nach Klein- und Groß-Zscho- cher, in Hoffnung, den obgedachten Wittich auszuforschen, oder zu erfragen, wo er hinge- kommen: ob er sich würcklich ersäufft, oder ob er noch am Leben wäre. Denn es plagte mich schrecklich, daß ich den armen Menschen etwan durch meine Strenge zu einem solchem Tode solte veranlaßet haben; konte aber von demsel- ben keine Nachricht einziehen, indem niemand von ihm etwas wissen wolte.
Jch gerieth zur selbigen Zeit über Mystische Bücher; (denn ohne die deutsche Theologie, welche ich, wie oben gemeldet, Anno 1699. ie- manden lateinisch übersetzet, hatte ich noch keine andere, so viel ich mich besinne, gelesen) ich fand einigen Trost darinnen, weil sie gar son- derlich auf die Verleugnung aller Dinge, und
auch
Q 2
Findet in Myſtiſchen Buͤchern
tungen insgemein am ſtaͤrckſten, weil die ordent- lichen Beruffs-Wercke, nicht wie ſonſt, das Gemuͤthe auf etwas anders lencken, ſondern der Menſch an mehr geiſtliche Dinge zu gedencken veranlaßet wird, ſo die Seele angehen; und auch wol, weil der Teufel zu ſolcher Zeit mehr als ſonſt trachtet, ſolchen Chriſten ihre Freu- den-Tage in Trauer-Tage zu verwaudeln. Jch bereitete mich dazu, ſo gut ich konte. Die Fruͤhlings- und große Sonnen-Waͤrmbde vermehrte die Hitze meines Hauptes. Jch lieff in der Angſt nach Klein- und Groß-Zſcho- cher, in Hoffnung, den obgedachten Wittich auszuforſchen, oder zu erfragen, wo er hinge- kommen: ob er ſich wuͤrcklich erſaͤufft, oder ob er noch am Leben waͤre. Denn es plagte mich ſchrecklich, daß ich den armen Menſchen etwan durch meine Strenge zu einem ſolchem Tode ſolte veranlaßet haben; konte aber von demſel- ben keine Nachricht einziehen, indem niemand von ihm etwas wiſſen wolte.
Jch gerieth zur ſelbigen Zeit uͤber Myſtiſche Buͤcher; (denn ohne die deutſche Theologie, welche ich, wie oben gemeldet, Anno 1699. ie- manden lateiniſch uͤberſetzet, hatte ich noch keine andere, ſo viel ich mich beſinne, geleſen) ich fand einigen Troſt darinnen, weil ſie gar ſon- derlich auf die Verleugnung aller Dinge, und
auch
Q 2
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Findet in Myſtiſchen Buͤchern
tungen insgemein am ſtaͤrckſten, weil die ordent-
lichen Beruffs-Wercke, nicht wie ſonſt, das
Gemuͤthe auf etwas anders lencken, ſondern der
Menſch an mehr geiſtliche Dinge zu gedencken
veranlaßet wird, ſo die Seele angehen; und
auch wol, weil der Teufel zu ſolcher Zeit mehr
als ſonſt trachtet, ſolchen Chriſten ihre Freu-
den-Tage in Trauer-Tage zu verwaudeln.
Jch bereitete mich dazu, ſo gut ich konte.
Die Fruͤhlings- und große Sonnen-Waͤrmbde
vermehrte die Hitze meines Hauptes. Jch
lieff in der Angſt nach Klein- und Groß-Zſcho-
cher, in Hoffnung, den obgedachten Wittich
auszuforſchen, oder zu erfragen, wo er hinge-
kommen: ob er ſich wuͤrcklich erſaͤufft, oder ob
er noch am Leben waͤre. Denn es plagte mich
ſchrecklich, daß ich den armen Menſchen etwan
durch meine Strenge zu einem ſolchem Tode
ſolte veranlaßet haben; konte aber von demſel-
ben keine Nachricht einziehen, indem niemand
von ihm etwas wiſſen wolte.
Jch gerieth zur ſelbigen Zeit uͤber Myſtiſche
Buͤcher; (denn ohne die deutſche Theologie,
welche ich, wie oben gemeldet, Anno 1699. ie-
manden lateiniſch uͤberſetzet, hatte ich noch keine
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/289>, abgerufen am 22.11.2024.
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