Theologiae, Gottfried Olearium, der in Wahr- heit kein Kind mehr, sondern ein Mann von 33. Jahren war, in welchem Jahre Lutherus die Reformation anfieng, und die grösten Helden auf Erden schon große Dinge gethan haben, und zu welcher Zeit auch Gelehrte schon ihre Erudition, und Klugheit vielfältigmahl zur Ge- nüge gezeiget haben. Jch sahe nicht nur, sondern ich wuste vorher apodictice, wen die Wahl treffen würde, welches die andern nur glaubten. Und dieses, so bald ich mit an- dern hinauf kam, und wir zu unserm Vorha- ben schreiten solten. Rathe, wie das zuge- gangen. Denn das unterstehe ich mich nicht dir allhier zu sagen, ob es wol eben niemanden nachtheilig seyn könte; mündlich könte ich dir den artigen Zufall erzehlen, der mir damahls begegnete. Niemand schien weniger mit die- ser Wahl zufrieden zu seyn, als der damahlige Herr Superintendens, Herr D. Ittig; denn bey dem damahligen Terministischen Streit mit Herr D. Rechenbergen beschuldigte er diesen der Falschheit und der Verstellung, indem er ver- sprochen, ihm das Votum zu geben, welches er doch hernach dem jüngern Doctori Oleario ge- geben hätte; und hingegen führte der Herr D. Rechenberg dieses, als eine Haupt-Ursache des Hasses und Eifers an, den der Herr D. Ittig in
Schriff-
P 5
am Tage Georgii:
Theologiæ, Gottfried Olearium, der in Wahr- heit kein Kind mehr, ſondern ein Mann von 33. Jahren war, in welchem Jahre Lutherus die Reformation anfieng, und die groͤſten Helden auf Erden ſchon große Dinge gethan haben, und zu welcher Zeit auch Gelehrte ſchon ihre Erudition, und Klugheit vielfaͤltigmahl zur Ge- nuͤge gezeiget haben. Jch ſahe nicht nur, ſondern ich wuſte vorher apodictice, wen die Wahl treffen wuͤrde, welches die andern nur glaubten. Und dieſes, ſo bald ich mit an- dern hinauf kam, und wir zu unſerm Vorha- ben ſchreiten ſolten. Rathe, wie das zuge- gangen. Denn das unterſtehe ich mich nicht dir allhier zu ſagen, ob es wol eben niemanden nachtheilig ſeyn koͤnte; muͤndlich koͤnte ich dir den artigen Zufall erzehlen, der mir damahls begegnete. Niemand ſchien weniger mit die- ſer Wahl zufrieden zu ſeyn, als der damahlige Herr Superintendens, Herr D. Ittig; denn bey dem damahligen Terminiſtiſchen Streit mit Herr D. Rechenbergen beſchuldigte er dieſen der Falſchheit und der Verſtellung, indem er ver- ſprochen, ihm das Votum zu geben, welches er doch hernach dem juͤngern Doctori Oleario ge- geben haͤtte; und hingegen fuͤhrte der Herr D. Rechenberg dieſes, als eine Haupt-Urſache des Haſſes und Eifers an, den der Herr D. Ittig in
Schriff-
P 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0279"n="233"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">am Tage <hirendition="#aq">Georgii:</hi></hi></fw><lb/><hirendition="#aq">Theologiæ,</hi> Gottfried <hirendition="#aq">Olearium,</hi> der in Wahr-<lb/>
heit kein Kind mehr, ſondern ein Mann von 33.<lb/>
Jahren war, in welchem Jahre Lutherus die<lb/><hirendition="#aq">Reformation</hi> anfieng, und die groͤſten Helden<lb/>
auf Erden ſchon große Dinge gethan haben,<lb/>
und zu welcher Zeit auch Gelehrte ſchon ihre<lb/><hirendition="#aq">Erudition,</hi> und Klugheit vielfaͤltigmahl zur Ge-<lb/>
nuͤge gezeiget haben. Jch ſahe nicht nur,<lb/>ſondern ich wuſte vorher <hirendition="#aq">apodictice,</hi> wen die<lb/>
Wahl treffen wuͤrde, welches die andern nur<lb/>
glaubten. Und dieſes, ſo bald ich mit an-<lb/>
dern hinauf kam, und wir zu unſerm Vorha-<lb/>
ben ſchreiten ſolten. Rathe, wie das zuge-<lb/>
gangen. Denn das unterſtehe ich mich nicht<lb/>
dir allhier zu ſagen, ob es wol eben niemanden<lb/>
nachtheilig ſeyn koͤnte; muͤndlich koͤnte ich dir<lb/>
den artigen Zufall erzehlen, der mir damahls<lb/>
begegnete. Niemand ſchien weniger mit die-<lb/>ſer Wahl zufrieden zu ſeyn, als der damahlige<lb/>
Herr <hirendition="#aq">Superintendens,</hi> Herr <hirendition="#aq">D. Ittig;</hi> denn<lb/>
bey dem damahligen <hirendition="#aq">Terminiſti</hi>ſchen Streit mit<lb/>
Herr <hirendition="#aq">D.</hi> Rechenbergen beſchuldigte er dieſen der<lb/>
Falſchheit und der Verſtellung, indem er ver-<lb/>ſprochen, ihm das <hirendition="#aq">Votum</hi> zu geben, welches er<lb/>
doch hernach dem juͤngern <hirendition="#aq">Doctori Oleario</hi> ge-<lb/>
geben haͤtte; und hingegen fuͤhrte der Herr<lb/><hirendition="#aq">D.</hi> Rechenberg dieſes, als eine Haupt-Urſache<lb/>
des Haſſes und Eifers an, den der Herr <hirendition="#aq">D. Ittig</hi> in<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#b">P 5</hi></fw><fwplace="bottom"type="catch">Schriff-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[233/0279]
am Tage Georgii:
Theologiæ, Gottfried Olearium, der in Wahr-
heit kein Kind mehr, ſondern ein Mann von 33.
Jahren war, in welchem Jahre Lutherus die
Reformation anfieng, und die groͤſten Helden
auf Erden ſchon große Dinge gethan haben,
und zu welcher Zeit auch Gelehrte ſchon ihre
Erudition, und Klugheit vielfaͤltigmahl zur Ge-
nuͤge gezeiget haben. Jch ſahe nicht nur,
ſondern ich wuſte vorher apodictice, wen die
Wahl treffen wuͤrde, welches die andern nur
glaubten. Und dieſes, ſo bald ich mit an-
dern hinauf kam, und wir zu unſerm Vorha-
ben ſchreiten ſolten. Rathe, wie das zuge-
gangen. Denn das unterſtehe ich mich nicht
dir allhier zu ſagen, ob es wol eben niemanden
nachtheilig ſeyn koͤnte; muͤndlich koͤnte ich dir
den artigen Zufall erzehlen, der mir damahls
begegnete. Niemand ſchien weniger mit die-
ſer Wahl zufrieden zu ſeyn, als der damahlige
Herr Superintendens, Herr D. Ittig; denn
bey dem damahligen Terminiſtiſchen Streit mit
Herr D. Rechenbergen beſchuldigte er dieſen der
Falſchheit und der Verſtellung, indem er ver-
ſprochen, ihm das Votum zu geben, welches er
doch hernach dem juͤngern Doctori Oleario ge-
geben haͤtte; und hingegen fuͤhrte der Herr
D. Rechenberg dieſes, als eine Haupt-Urſache
des Haſſes und Eifers an, den der Herr D. Ittig in
Schriff-
P 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/279>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.