der Philosophie zeigte ich dem ohngeachtet off- ters, worinnen die Philosophi recentiores bes- ser wären, und von den Aristotelicis abgien- gen. Zum disputiren war er ungemein ge- schickt, und übte sich darinnen in so kurtzer Zeit, daß, ob er gleich noch kein Studiosus, er doch tüchtig gewesen wäre, die Philosophische Cathe- der zu besteigen. Noch mehr nahm er zu in der Erlernung der Hebräischen Sprache. Jch hatte vom alten M. Starcken gelernet die Spra- chen, und insonderheit die Hebräische, mehr durch die Praxin, als durch viele Praecepta grammaticalia einem beyzubringen. Jch ahmte ihm glücklich nach; und es währte nicht ein Viertel-Jahr, so konte mein Auditor die Li- bros Historicos schon ziemlich fertig exponiren. Wir würden auch in der Sprache noch größere Progressus gemacht, und weiter gekommen seyn, wenn er nicht so viel Dubia wider die Historien und historischen Umstände, die wir lasen, ge- macht hätte. Unzehlige, und unsägliche Dubia erfand er, so daß sie kein Atheus oder Deiste är- ger hätte ersinnen, und machen können. So viel ich auch darauf studirte, und Harmoniam Waltheri, auch gute Commentarios dabey las, so war ich nicht fähig, ihm alle seine Einwürffe und Scrupel aufzulösen; oder er glaubte doch, daß sie ihm nicht benommen, und aufgelöset wä-
ren.
in derPhiloſophie, diſputiren,
der Philoſophie zeigte ich dem ohngeachtet off- ters, worinnen die Philoſophi recentiores beſ- ſer waͤren, und von den Ariſtotelicis abgien- gen. Zum diſputiren war er ungemein ge- ſchickt, und uͤbte ſich darinnen in ſo kurtzer Zeit, daß, ob er gleich noch kein Studioſus, er doch tuͤchtig geweſen waͤre, die Philoſophiſche Cathe- der zu beſteigen. Noch mehr nahm er zu in der Erlernung der Hebraͤiſchen Sprache. Jch hatte vom alten M. Starcken gelernet die Spra- chen, und inſonderheit die Hebraͤiſche, mehr durch die Praxin, als durch viele Præcepta grammaticalia einem beyzubringen. Jch ahmte ihm gluͤcklich nach; und es waͤhrte nicht ein Viertel-Jahr, ſo konte mein Auditor die Li- bros Hiſtoricos ſchon ziemlich fertig exponiren. Wir wuͤrden auch in der Sprache noch groͤßere Progreſſus gemacht, und weiter gekommen ſeyn, wenn er nicht ſo viel Dubia wider die Hiſtorien und hiſtoriſchen Umſtaͤnde, die wir laſen, ge- macht haͤtte. Unzehlige, und unſaͤgliche Dubia erfand er, ſo daß ſie kein Atheus oder Deiſte aͤr- ger haͤtte erſinnen, und machen koͤnnen. So viel ich auch darauf ſtudirte, und Harmoniam Waltheri, auch gute Commentarios dabey las, ſo war ich nicht faͤhig, ihm alle ſeine Einwuͤrffe und Scrupel aufzuloͤſen; oder er glaubte doch, daß ſie ihm nicht benommen, und aufgeloͤſet waͤ-
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in der Philoſophie, diſputiren,
der Philoſophie zeigte ich dem ohngeachtet off-
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ſer waͤren, und von den Ariſtotelicis abgien-
gen. Zum diſputiren war er ungemein ge-
ſchickt, und uͤbte ſich darinnen in ſo kurtzer Zeit,
daß, ob er gleich noch kein Studioſus, er doch
tuͤchtig geweſen waͤre, die Philoſophiſche Cathe-
der zu beſteigen. Noch mehr nahm er zu in
der Erlernung der Hebraͤiſchen Sprache. Jch
hatte vom alten M. Starcken gelernet die Spra-
chen, und inſonderheit die Hebraͤiſche, mehr
durch die Praxin, als durch viele Præcepta
grammaticalia einem beyzubringen. Jch ahmte
ihm gluͤcklich nach; und es waͤhrte nicht ein
Viertel-Jahr, ſo konte mein Auditor die Li-
bros Hiſtoricos ſchon ziemlich fertig exponiren.
Wir wuͤrden auch in der Sprache noch groͤßere
Progreſſus gemacht, und weiter gekommen ſeyn,
wenn er nicht ſo viel Dubia wider die Hiſtorien
und hiſtoriſchen Umſtaͤnde, die wir laſen, ge-
macht haͤtte. Unzehlige, und unſaͤgliche Dubia
erfand er, ſo daß ſie kein Atheus oder Deiſte aͤr-
ger haͤtte erſinnen, und machen koͤnnen. So
viel ich auch darauf ſtudirte, und Harmoniam
Waltheri, auch gute Commentarios dabey las,
ſo war ich nicht faͤhig, ihm alle ſeine Einwuͤrffe
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daß ſie ihm nicht benommen, und aufgeloͤſet waͤ-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/249>, abgerufen am 16.02.2025.
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