Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

und mehr Böses als Gutes
wenn sie in Gärten, oder zu Hause schmaußten,
aufzuwarten, und Bier zuzutragen, ohne daß
ich etwas davon wuste. Und endlich bey allen
meinen gütigen und scharffen Ermahnungen, und
Bestraffungen, die ich bey allen solchen ersten
Vergehungen an ihn abgehen ließ, so unterstund
er sich auch so gar, ein und das andere mahl des
Nachtes außen zu bleiben, ohne mich wissen zu
lassen, wo er wäre. Was auch sein voriger
Herr von ihm gehalten, so kunte ich ihn vor
nichts anders, als vor einen Menschen halten,
an dem Hopffen und Maltz verdorben, und war
Anfangs zwar gesonnen, ihn bey seinem Unge-
horsam so hingehen zu lassen, ob er etwan mit
der Zeit anders werden möchte; allein das meiste,
was ich besorgte, war, daß er nicht meinen Di-
scipel
ansteckte, der sonst keinen andern Umgang,
als mit ihm, hatte. Er führte auch mit dem-
selben offters in der Stunde, wenn sie etwas
neben einander in der Stille elaboriren solten,
solche Discurse, dergleichen die Knaben, und
Jünglinge in Schulen zu führen pflegen, wenn
sie, wie Beverland in seinem Tractat de fornica-
tione cavenda
redet, unter einander die Frage
aufwerffen: Auf was vor Art, und Weise die
Menschen auf die Welt kommen? Zu welcher
Zeit man, wie er spricht, nicht genung Acht auf
sie geben könne. Jch will nicht sagen, daß er

ausser

und mehr Boͤſes als Gutes
wenn ſie in Gaͤrten, oder zu Hauſe ſchmaußten,
aufzuwarten, und Bier zuzutragen, ohne daß
ich etwas davon wuſte. Und endlich bey allen
meinen guͤtigen und ſcharffen Ermahnungen, und
Beſtraffungen, die ich bey allen ſolchen erſten
Vergehungen an ihn abgehen ließ, ſo unterſtund
er ſich auch ſo gar, ein und das andere mahl des
Nachtes außen zu bleiben, ohne mich wiſſen zu
laſſen, wo er waͤre. Was auch ſein voriger
Herr von ihm gehalten, ſo kunte ich ihn vor
nichts anders, als vor einen Menſchen halten,
an dem Hopffen und Maltz verdorben, und war
Anfangs zwar geſonnen, ihn bey ſeinem Unge-
horſam ſo hingehen zu laſſen, ob er etwan mit
der Zeit anders werden moͤchte; allein das meiſte,
was ich beſorgte, war, daß er nicht meinen Di-
ſcipel
anſteckte, der ſonſt keinen andern Umgang,
als mit ihm, hatte. Er fuͤhrte auch mit dem-
ſelben offters in der Stunde, wenn ſie etwas
neben einander in der Stille elaboriren ſolten,
ſolche Diſcurſe, dergleichen die Knaben, und
Juͤnglinge in Schulen zu fuͤhren pflegen, wenn
ſie, wie Beverland in ſeinem Tractat de fornica-
tione cavenda
redet, unter einander die Frage
aufwerffen: Auf was vor Art, und Weiſe die
Menſchen auf die Welt kommen? Zu welcher
Zeit man, wie er ſpricht, nicht genung Acht auf
ſie geben koͤnne. Jch will nicht ſagen, daß er

auſſer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0242" n="196"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und mehr Bo&#x0364;&#x017F;es als Gutes</hi></fw><lb/>
wenn &#x017F;ie in Ga&#x0364;rten, oder zu Hau&#x017F;e &#x017F;chmaußten,<lb/>
aufzuwarten, und Bier zuzutragen, ohne daß<lb/>
ich etwas davon wu&#x017F;te. Und endlich bey allen<lb/>
meinen gu&#x0364;tigen und &#x017F;charffen Ermahnungen, und<lb/>
Be&#x017F;traffungen, die ich bey allen &#x017F;olchen er&#x017F;ten<lb/>
Vergehungen an ihn abgehen ließ, &#x017F;o unter&#x017F;tund<lb/>
er &#x017F;ich auch &#x017F;o gar, ein und das andere mahl des<lb/>
Nachtes außen zu bleiben, ohne mich wi&#x017F;&#x017F;en zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, wo er wa&#x0364;re. Was auch &#x017F;ein voriger<lb/>
Herr von ihm gehalten, &#x017F;o kunte ich ihn vor<lb/>
nichts anders, als vor einen Men&#x017F;chen halten,<lb/>
an dem Hopffen und Maltz verdorben, und war<lb/>
Anfangs zwar ge&#x017F;onnen, ihn bey &#x017F;einem Unge-<lb/>
hor&#x017F;am &#x017F;o hingehen zu la&#x017F;&#x017F;en, ob er etwan mit<lb/>
der Zeit anders werden mo&#x0364;chte; allein das mei&#x017F;te,<lb/>
was ich be&#x017F;orgte, war, daß er nicht meinen <hi rendition="#aq">Di-<lb/>
&#x017F;cipel</hi> an&#x017F;teckte, der &#x017F;on&#x017F;t keinen andern Umgang,<lb/>
als mit ihm, hatte. Er fu&#x0364;hrte auch mit dem-<lb/>
&#x017F;elben offters in der Stunde, wenn &#x017F;ie etwas<lb/>
neben einander in der Stille <hi rendition="#aq">elabori</hi>ren &#x017F;olten,<lb/>
&#x017F;olche <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cur&#x017F;</hi>e, dergleichen die Knaben, und<lb/>
Ju&#x0364;nglinge in Schulen zu fu&#x0364;hren pflegen, wenn<lb/>
&#x017F;ie, wie <hi rendition="#aq">Beverland</hi> in &#x017F;einem <hi rendition="#aq">Tractat de fornica-<lb/>
tione cavenda</hi> redet, unter einander die Frage<lb/>
aufwerffen: Auf was vor Art, und Wei&#x017F;e die<lb/>
Men&#x017F;chen auf die Welt kommen? Zu welcher<lb/>
Zeit man, wie er &#x017F;pricht, nicht genung Acht auf<lb/>
&#x017F;ie geben ko&#x0364;nne. Jch will nicht &#x017F;agen, daß er<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">au&#x017F;&#x017F;er</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0242] und mehr Boͤſes als Gutes wenn ſie in Gaͤrten, oder zu Hauſe ſchmaußten, aufzuwarten, und Bier zuzutragen, ohne daß ich etwas davon wuſte. Und endlich bey allen meinen guͤtigen und ſcharffen Ermahnungen, und Beſtraffungen, die ich bey allen ſolchen erſten Vergehungen an ihn abgehen ließ, ſo unterſtund er ſich auch ſo gar, ein und das andere mahl des Nachtes außen zu bleiben, ohne mich wiſſen zu laſſen, wo er waͤre. Was auch ſein voriger Herr von ihm gehalten, ſo kunte ich ihn vor nichts anders, als vor einen Menſchen halten, an dem Hopffen und Maltz verdorben, und war Anfangs zwar geſonnen, ihn bey ſeinem Unge- horſam ſo hingehen zu laſſen, ob er etwan mit der Zeit anders werden moͤchte; allein das meiſte, was ich beſorgte, war, daß er nicht meinen Di- ſcipel anſteckte, der ſonſt keinen andern Umgang, als mit ihm, hatte. Er fuͤhrte auch mit dem- ſelben offters in der Stunde, wenn ſie etwas neben einander in der Stille elaboriren ſolten, ſolche Diſcurſe, dergleichen die Knaben, und Juͤnglinge in Schulen zu fuͤhren pflegen, wenn ſie, wie Beverland in ſeinem Tractat de fornica- tione cavenda redet, unter einander die Frage aufwerffen: Auf was vor Art, und Weiſe die Menſchen auf die Welt kommen? Zu welcher Zeit man, wie er ſpricht, nicht genung Acht auf ſie geben koͤnne. Jch will nicht ſagen, daß er auſſer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/242
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/242>, abgerufen am 24.11.2024.