zu halten, und in täglicher honetten Conver- sation zu leben. Ob nun wol solches nicht gantz zu mißbilligen, so lobe ich doch diejeni- gen, welche in der Jugend auf solche Dinge die wenigste, auf das Studiren aber die meiste Zeit wenden. Wenn einer erst was rechtes in der Welt gelernet, und sich zu einem nützli- chen Werckzeug, oder der Welt gar nothwen- dig gemacht, so wird es ihm hernach an Um- gang, oder Conversation nicht fehlen. Er wird nicht Compagnie suchen dürffen, sondern man wird ihn da und dort selbst suchen, und bald in diese, bald in jene Gesellschafft zu zie- hen trachten. Darinnen wird er schon so viel Höflichkeit und Civilite zur Noth lernen, als einem Gelehrten unentbehrlich ist. Es müs- sen auch eben nicht alle Gelehrte, dem Exte- rieur und der äußerlichen Aufführung nach, große Politici seyn, und alle Hof-Manieren ausstudiret haben, dafern sie nicht vor den Hof studiret. Eine große Erudition ist allemahl fähig eine kleine Pedanterie, so in äußerlichen Moribus und Sitten sich noch sehen lässet, zu- zudecken, wie Schurtzfleisches Exempel solches beweiset. Und wann Herr Wolff noch ietzo die Gewohnheit hätte, die er hatte, da er noch ein Magister legens in Leipzig war, und den- jenigen bey dem obersten Knopffe im Kleide
kriegte,
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auf dasExamengehindert:
zu halten, und in taͤglicher honetten Conver- ſation zu leben. Ob nun wol ſolches nicht gantz zu mißbilligen, ſo lobe ich doch diejeni- gen, welche in der Jugend auf ſolche Dinge die wenigſte, auf das Studiren aber die meiſte Zeit wenden. Wenn einer erſt was rechtes in der Welt gelernet, und ſich zu einem nuͤtzli- chen Werckzeug, oder der Welt gar nothwen- dig gemacht, ſo wird es ihm hernach an Um- gang, oder Converſation nicht fehlen. Er wird nicht Compagnie ſuchen duͤrffen, ſondern man wird ihn da und dort ſelbſt ſuchen, und bald in dieſe, bald in jene Geſellſchafft zu zie- hen trachten. Darinnen wird er ſchon ſo viel Hoͤflichkeit und Civilité zur Noth lernen, als einem Gelehrten unentbehrlich iſt. Es muͤſ- ſen auch eben nicht alle Gelehrte, dem Exte- rieur und der aͤußerlichen Auffuͤhrung nach, große Politici ſeyn, und alle Hof-Manieren ausſtudiret haben, dafern ſie nicht vor den Hof ſtudiret. Eine große Erudition iſt allemahl faͤhig eine kleine Pedanterie, ſo in aͤußerlichen Moribus und Sitten ſich noch ſehen laͤſſet, zu- zudecken, wie Schurtzfleiſches Exempel ſolches beweiſet. Und wann Herr Wolff noch ietzo die Gewohnheit haͤtte, die er hatte, da er noch ein Magiſter legens in Leipzig war, und den- jenigen bey dem oberſten Knopffe im Kleide
kriegte,
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auf das Examen gehindert:
zu halten, und in taͤglicher honetten Conver-
ſation zu leben. Ob nun wol ſolches nicht
gantz zu mißbilligen, ſo lobe ich doch diejeni-
gen, welche in der Jugend auf ſolche Dinge
die wenigſte, auf das Studiren aber die meiſte
Zeit wenden. Wenn einer erſt was rechtes
in der Welt gelernet, und ſich zu einem nuͤtzli-
chen Werckzeug, oder der Welt gar nothwen-
dig gemacht, ſo wird es ihm hernach an Um-
gang, oder Converſation nicht fehlen. Er
wird nicht Compagnie ſuchen duͤrffen, ſondern
man wird ihn da und dort ſelbſt ſuchen, und
bald in dieſe, bald in jene Geſellſchafft zu zie-
hen trachten. Darinnen wird er ſchon ſo viel
Hoͤflichkeit und Civilité zur Noth lernen, als
einem Gelehrten unentbehrlich iſt. Es muͤſ-
ſen auch eben nicht alle Gelehrte, dem Exte-
rieur und der aͤußerlichen Auffuͤhrung nach,
große Politici ſeyn, und alle Hof-Manieren
ausſtudiret haben, dafern ſie nicht vor den Hof
ſtudiret. Eine große Erudition iſt allemahl
faͤhig eine kleine Pedanterie, ſo in aͤußerlichen
Moribus und Sitten ſich noch ſehen laͤſſet, zu-
zudecken, wie Schurtzfleiſches Exempel ſolches
beweiſet. Und wann Herr Wolff noch ietzo
die Gewohnheit haͤtte, die er hatte, da er noch
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/195>, abgerufen am 28.11.2024.
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