und Gelaßenheit, und Vertrauen auf GOtt sol- ches vertragen, und wie er, als sein Sohn, her- nach so wunderbar in der Welt zu einem so an- sehnlichen Vermögen gekommen. Nur schiene mir es nicht recht gethan, und wohl geschlossen zu seyn, daß er bloß aus dieser zeitlichen Glückselig- keit immer ein Argument und Schluß machen wolte, wie ihn GOTT so lieb haben müsse. Vielleicht hatte ich damals schon in der Schule gehöret, quod a gratia creatoris ad gratiam Sal- vatoris non valeat consequentia. Die Frau Doctorin aber war desto gütiger und freygebiger, zum wenigsten gegen mich. Der Doctor gab mir vierdte halb Kayser-Böhmen die Woche vor meinen Tisch-Trunck; weil sie aber erkannte, daß das zu wenig vor mich seyn wolte, so sahe sie, wo sie es am Marckt-Gelde erspahren kunte, damit sie mir wöchentlich noch einmahl so viel ge- ben könte. Das kam mir ungemein sehr wohl zu statten. Denn mein Bruder wohnte nicht weit von uns, und schickte mir zum Tisch-Trunck so viel Bier umsonst, als ich nur trincken mochte; kunte also das Bier-Geld hinlegen, oder davor bald dieses, bald jenes gute Buch mir anschaffen. Das that ich auch. Jch kauffte mir schöne Autores Classicos, und Poeten, auch die guten Autores, und Oratores unserer Zeiten, die ich mit großem Vergnügen las. So las ich
Buchneri,
genießt da viel gutes,
und Gelaßenheit, und Vertrauen auf GOtt ſol- ches vertragen, und wie er, als ſein Sohn, her- nach ſo wunderbar in der Welt zu einem ſo an- ſehnlichen Vermoͤgen gekommen. Nur ſchiene mir es nicht recht gethan, und wohl geſchloſſen zu ſeyn, daß er bloß aus dieſer zeitlichen Gluͤckſelig- keit immer ein Argument und Schluß machen wolte, wie ihn GOTT ſo lieb haben muͤſſe. Vielleicht hatte ich damals ſchon in der Schule gehoͤret, quod a gratia creatoris ad gratiam Sal- vatoris non valeat conſequentia. Die Frau Doctorin aber war deſto guͤtiger und freygebiger, zum wenigſten gegen mich. Der Doctor gab mir vierdte halb Kayſer-Boͤhmen die Woche vor meinen Tiſch-Trunck; weil ſie aber erkannte, daß das zu wenig vor mich ſeyn wolte, ſo ſahe ſie, wo ſie es am Marckt-Gelde erſpahren kunte, damit ſie mir woͤchentlich noch einmahl ſo viel ge- ben koͤnte. Das kam mir ungemein ſehr wohl zu ſtatten. Denn mein Bruder wohnte nicht weit von uns, und ſchickte mir zum Tiſch-Trunck ſo viel Bier umſonſt, als ich nur trincken mochte; kunte alſo das Bier-Geld hinlegen, oder davor bald dieſes, bald jenes gute Buch mir anſchaffen. Das that ich auch. Jch kauffte mir ſchoͤne Autores Claſſicos, und Poeten, auch die guten Autores, und Oratores unſerer Zeiten, die ich mit großem Vergnuͤgen las. So las ich
Buchneri,
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genießt da viel gutes,
und Gelaßenheit, und Vertrauen auf GOtt ſol-
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nach ſo wunderbar in der Welt zu einem ſo an-
ſehnlichen Vermoͤgen gekommen. Nur ſchiene
mir es nicht recht gethan, und wohl geſchloſſen zu
ſeyn, daß er bloß aus dieſer zeitlichen Gluͤckſelig-
keit immer ein Argument und Schluß machen
wolte, wie ihn GOTT ſo lieb haben muͤſſe.
Vielleicht hatte ich damals ſchon in der Schule
gehoͤret, quod a gratia creatoris ad gratiam Sal-
vatoris non valeat conſequentia. Die Frau
Doctorin aber war deſto guͤtiger und freygebiger,
zum wenigſten gegen mich. Der Doctor gab
mir vierdte halb Kayſer-Boͤhmen die Woche vor
meinen Tiſch-Trunck; weil ſie aber erkannte,
daß das zu wenig vor mich ſeyn wolte, ſo ſahe ſie,
wo ſie es am Marckt-Gelde erſpahren kunte,
damit ſie mir woͤchentlich noch einmahl ſo viel ge-
ben koͤnte. Das kam mir ungemein ſehr wohl
zu ſtatten. Denn mein Bruder wohnte nicht
weit von uns, und ſchickte mir zum Tiſch-Trunck
ſo viel Bier umſonſt, als ich nur trincken mochte;
kunte alſo das Bier-Geld hinlegen, oder davor
bald dieſes, bald jenes gute Buch mir anſchaffen.
Das that ich auch. Jch kauffte mir ſchoͤne
Autores Claſſicos, und Poeten, auch die guten
Autores, und Oratores unſerer Zeiten, die ich
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/176>, abgerufen am 25.11.2024.
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