genug beschreiben und ausdrücken, was dieser Vers im Liede, als in welchem sich ein Christ des seligen Anschauens GOttes in der zukünfftigen Welt tröstet und versichert, in meinem Leben so- wol zur Stunde der Anfechtung, als auch außer solchem Zustande, so offt ich durch Göttliche und geistliche Betrachtungen, Liebe, Freude und Hoffnung zu GOtt erwecket, und das Zeugniß des Heiligen Geistes in meiner Seelen gefühlet, vor wunderbare, und ungemeine Krafft noch im- mer gehabt, mein Leben hier auf Erden in einen halben Himmel zu verwandeln. Bey dem voll- gedruckten, und gerüttelten Maaß des himmli- schen Trostes, das bey gewissen Fällen GOtt in meinen Schooß und Seele ausschüttet, sind diese Worte gemeiniglich das letzte, und beynahe wie das Siegel, welches der Geist GOttes auf alle vorhergegangene Tröstungen drücket, oder das, was gleichsam bey diesem Maaße überlaufft. Und wenn ich gleich eine zeitlang dieselben Worte ohne Bewegung ansehe, und singe, und schier auf die Gedancken kommen will, als ob sie nun die ehemalige alte Krafft zu bewe- gen, und das Hertze zu rühren verlohren hätten, so findet sich solche doch wieder, sobald der Hei- lige Geist, als der Gnaden-Wind GOttes, der da bläßet, wenn er will, bey gewissen Gelegen- heiten wiederum zu wehen anfänget. So gar
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Worte: Meinen lieben GOtt ꝛc.
genug beſchreiben und ausdruͤcken, was dieſer Vers im Liede, als in welchem ſich ein Chriſt des ſeligen Anſchauens GOttes in der zukuͤnfftigen Welt troͤſtet und verſichert, in meinem Leben ſo- wol zur Stunde der Anfechtung, als auch außer ſolchem Zuſtande, ſo offt ich durch Goͤttliche und geiſtliche Betrachtungen, Liebe, Freude und Hoffnung zu GOtt erwecket, und das Zeugniß des Heiligen Geiſtes in meiner Seelen gefuͤhlet, vor wunderbare, und ungemeine Krafft noch im- mer gehabt, mein Leben hier auf Erden in einen halben Himmel zu verwandeln. Bey dem voll- gedruckten, und geruͤttelten Maaß des himmli- ſchen Troſtes, das bey gewiſſen Faͤllen GOtt in meinen Schooß und Seele ausſchuͤttet, ſind dieſe Worte gemeiniglich das letzte, und beynahe wie das Siegel, welches der Geiſt GOttes auf alle vorhergegangene Troͤſtungen druͤcket, oder das, was gleichſam bey dieſem Maaße uͤberlaufft. Und wenn ich gleich eine zeitlang dieſelben Worte ohne Bewegung anſehe, und ſinge, und ſchier auf die Gedancken kommen will, als ob ſie nun die ehemalige alte Krafft zu bewe- gen, und das Hertze zu ruͤhren verlohren haͤtten, ſo findet ſich ſolche doch wieder, ſobald der Hei- lige Geiſt, als der Gnaden-Wind GOttes, der da blaͤßet, wenn er will, bey gewiſſen Gelegen- heiten wiederum zu wehen anfaͤnget. So gar
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Worte: Meinen lieben GOtt ꝛc.
genug beſchreiben und ausdruͤcken, was dieſer
Vers im Liede, als in welchem ſich ein Chriſt des
ſeligen Anſchauens GOttes in der zukuͤnfftigen
Welt troͤſtet und verſichert, in meinem Leben ſo-
wol zur Stunde der Anfechtung, als auch außer
ſolchem Zuſtande, ſo offt ich durch Goͤttliche und
geiſtliche Betrachtungen, Liebe, Freude und
Hoffnung zu GOtt erwecket, und das Zeugniß
des Heiligen Geiſtes in meiner Seelen gefuͤhlet,
vor wunderbare, und ungemeine Krafft noch im-
mer gehabt, mein Leben hier auf Erden in einen
halben Himmel zu verwandeln. Bey dem voll-
gedruckten, und geruͤttelten Maaß des himmli-
ſchen Troſtes, das bey gewiſſen Faͤllen GOtt in
meinen Schooß und Seele ausſchuͤttet, ſind dieſe
Worte gemeiniglich das letzte, und beynahe wie
das Siegel, welches der Geiſt GOttes auf alle
vorhergegangene Troͤſtungen druͤcket, oder das,
was gleichſam bey dieſem Maaße uͤberlaufft.
Und wenn ich gleich eine zeitlang dieſelben
Worte ohne Bewegung anſehe, und ſinge,
und ſchier auf die Gedancken kommen will,
als ob ſie nun die ehemalige alte Krafft zu bewe-
gen, und das Hertze zu ruͤhren verlohren haͤtten,
ſo findet ſich ſolche doch wieder, ſobald der Hei-
lige Geiſt, als der Gnaden-Wind GOttes, der
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/167>, abgerufen am 24.11.2024.
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