begangen, zuschreiben wollen; und dennoch klagte er einst, und sprach zu GOtt: Du schrei- best mir an Betrübniße, und wilst mich umbringen um der Sünde willen meiner Jugend.
Nebst andern Sünden, denen ich ergeben, waren, warlich, das keine geringe, daß ich immer fleißiger studiren wolte, und doch immer die Spiel-Compagnien mich davon abhalten ließ: daß ich mir immer vornahm, den Tag des HErrn mehr zu heiligen, und doch den Tauben-Marckt und die Schacherey mit den Tauben unter wäh- rendem Gottesdienste nicht lassen konte: daß ich mit meinen Eltern und Geschwister es beynahe machte, wie oben der Fleischer mit seinem Weibe, und mir stets vorsetzte, gütig und sanfftmüthig ge- gen sie zu seyn, und doch immer den Vorsatz brach, und durch Wiederbellen, und Wiederkeuffen sie zum Zorn und Zanck bewegte. Ob ich gleich studirt hatte, und gelehrter, als sie, war, so sagte mir doch mein Gewißen, daß ich die Einfalt und Schwachheit der armen alten Eltern mit Gedult ertragen solte. Jch gieng vielmahl mit Furcht, und Zittern zu meinen Eltern und Ge- schwister hinaus; HErr JEsu CHrist, betete ich auf dem Wege, hilff mir doch, daß ich mit aller Freundlichkeit ihnen begegne, und mit ihnen nicht, wie die Brüder Josephs mit ihrem Bru-
der,
von ſeinen Suͤnden,
begangen, zuſchreiben wollen; und dennoch klagte er einſt, und ſprach zu GOtt: Du ſchrei- beſt mir an Betruͤbniße, und wilſt mich umbringen um der Suͤnde willen meiner Jugend.
Nebſt andern Suͤnden, denen ich ergeben, waren, warlich, das keine geringe, daß ich immer fleißiger ſtudiren wolte, und doch immer die Spiel-Compagnien mich davon abhalten ließ: daß ich mir immer vornahm, den Tag des HErrn mehr zu heiligen, und doch den Tauben-Marckt und die Schacherey mit den Tauben unter waͤh- rendem Gottesdienſte nicht laſſen konte: daß ich mit meinen Eltern und Geſchwiſter es beynahe machte, wie oben der Fleiſcher mit ſeinem Weibe, und mir ſtets vorſetzte, guͤtig und ſanfftmuͤthig ge- gen ſie zu ſeyn, und doch immer den Vorſatz brach, und durch Wiederbellen, und Wiederkeuffen ſie zum Zorn und Zanck bewegte. Ob ich gleich ſtudirt hatte, und gelehrter, als ſie, war, ſo ſagte mir doch mein Gewißen, daß ich die Einfalt und Schwachheit der armen alten Eltern mit Gedult ertragen ſolte. Jch gieng vielmahl mit Furcht, und Zittern zu meinen Eltern und Ge- ſchwiſter hinaus; HErr JEſu CHriſt, betete ich auf dem Wege, hilff mir doch, daß ich mit aller Freundlichkeit ihnen begegne, und mit ihnen nicht, wie die Bruͤder Joſephs mit ihrem Bru-
der,
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von ſeinen Suͤnden,
begangen, zuſchreiben wollen; und dennoch
klagte er einſt, und ſprach zu GOtt: Du ſchrei-
beſt mir an Betruͤbniße, und wilſt mich
umbringen um der Suͤnde willen meiner
Jugend.
Nebſt andern Suͤnden, denen ich ergeben,
waren, warlich, das keine geringe, daß ich immer
fleißiger ſtudiren wolte, und doch immer die
Spiel-Compagnien mich davon abhalten ließ:
daß ich mir immer vornahm, den Tag des HErrn
mehr zu heiligen, und doch den Tauben-Marckt
und die Schacherey mit den Tauben unter waͤh-
rendem Gottesdienſte nicht laſſen konte: daß ich
mit meinen Eltern und Geſchwiſter es beynahe
machte, wie oben der Fleiſcher mit ſeinem Weibe,
und mir ſtets vorſetzte, guͤtig und ſanfftmuͤthig ge-
gen ſie zu ſeyn, und doch immer den Vorſatz brach,
und durch Wiederbellen, und Wiederkeuffen ſie
zum Zorn und Zanck bewegte. Ob ich gleich
ſtudirt hatte, und gelehrter, als ſie, war, ſo ſagte
mir doch mein Gewißen, daß ich die Einfalt
und Schwachheit der armen alten Eltern mit
Gedult ertragen ſolte. Jch gieng vielmahl mit
Furcht, und Zittern zu meinen Eltern und Ge-
ſchwiſter hinaus; HErr JEſu CHriſt, betete
ich auf dem Wege, hilff mir doch, daß ich mit
aller Freundlichkeit ihnen begegne, und mit ihnen
nicht, wie die Bruͤder Joſephs mit ihrem Bru-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/148>, abgerufen am 22.11.2024.
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