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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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hat keine gewisse Stäte,
schmar vom Sande, ich und mein Bruder mu-
sten ausziehen; da fielen also meine Bücher in
der That aus dem Repositorio, und es kam auch
ein anderer Kegel an des vorigen Stelle.

Anno 1693.
§. 21.

Von Ostern bis Michael in diesem 1693.
Jahr, und also das erste Jahr in Primo ordine,
hatte ich nirgends eine bleibende Stäte, sondern
vagirte hin und wieder herum, und fand nicht,
wo mein Fuß ruhen kunte. Bald schlief ich
einige Wochen bey meinen Eltern, die mich
aber lieber in der Stadt versorgt wünschten.
Bald substituirte ich bey Wirbitzen, einem Di-
stilli
rer, vor den Informator auf einige Zeit, der
verreiset war, und aß und schlief daselbst; wo mich
aber die Wantzen so entsetzlich plagten, daß ich
des Morgens dafür nicht sehen kunte, und die
Augen mit Beulen schier wie eine halbe geballte
Hand groß umgeben waren. Bald ließ mich
der Praeceptor in der Sieben-Rade-Mühle,
Herr Goeling, der vor kurtzem als Prediger auf
dem Neu-Begräbniß bey Breßlau gestorben,
auf einen Monat bey sich herbergen und schla-
fen; allwo ich aber die Biße der Korn-Würm-
gen eben so wenig vertragen kunte. Bald schlief
ich auf etliche Wochen bey dem Kretschmar

Tril-

hat keine gewiſſe Staͤte,
ſchmar vom Sande, ich und mein Bruder mu-
ſten ausziehen; da fielen alſo meine Buͤcher in
der That aus dem Repoſitorio, und es kam auch
ein anderer Kegel an des vorigen Stelle.

Anno 1693.
§. 21.

Von Oſtern bis Michael in dieſem 1693.
Jahr, und alſo das erſte Jahr in Primo ordine,
hatte ich nirgends eine bleibende Staͤte, ſondern
vagirte hin und wieder herum, und fand nicht,
wo mein Fuß ruhen kunte. Bald ſchlief ich
einige Wochen bey meinen Eltern, die mich
aber lieber in der Stadt verſorgt wuͤnſchten.
Bald ſubſtituirte ich bey Wirbitzen, einem Di-
ſtilli
rer, vor den Informator auf einige Zeit, der
verreiſet war, und aß und ſchlief daſelbſt; wo mich
aber die Wantzen ſo entſetzlich plagten, daß ich
des Morgens dafuͤr nicht ſehen kunte, und die
Augen mit Beulen ſchier wie eine halbe geballte
Hand groß umgeben waren. Bald ließ mich
der Præceptor in der Sieben-Rade-Muͤhle,
Herr Gœling, der vor kurtzem als Prediger auf
dem Neu-Begraͤbniß bey Breßlau geſtorben,
auf einen Monat bey ſich herbergen und ſchla-
fen; allwo ich aber die Biße der Korn-Wuͤrm-
gen eben ſo wenig vertragen kunte. Bald ſchlief
ich auf etliche Wochen bey dem Kretſchmar

Tril-
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[90/0136] hat keine gewiſſe Staͤte, ſchmar vom Sande, ich und mein Bruder mu- ſten ausziehen; da fielen alſo meine Buͤcher in der That aus dem Repoſitorio, und es kam auch ein anderer Kegel an des vorigen Stelle. Anno 1693. §. 21. Von Oſtern bis Michael in dieſem 1693. Jahr, und alſo das erſte Jahr in Primo ordine, hatte ich nirgends eine bleibende Staͤte, ſondern vagirte hin und wieder herum, und fand nicht, wo mein Fuß ruhen kunte. Bald ſchlief ich einige Wochen bey meinen Eltern, die mich aber lieber in der Stadt verſorgt wuͤnſchten. Bald ſubſtituirte ich bey Wirbitzen, einem Di- ſtillirer, vor den Informator auf einige Zeit, der verreiſet war, und aß und ſchlief daſelbſt; wo mich aber die Wantzen ſo entſetzlich plagten, daß ich des Morgens dafuͤr nicht ſehen kunte, und die Augen mit Beulen ſchier wie eine halbe geballte Hand groß umgeben waren. Bald ließ mich der Præceptor in der Sieben-Rade-Muͤhle, Herr Gœling, der vor kurtzem als Prediger auf dem Neu-Begraͤbniß bey Breßlau geſtorben, auf einen Monat bey ſich herbergen und ſchla- fen; allwo ich aber die Biße der Korn-Wuͤrm- gen eben ſo wenig vertragen kunte. Bald ſchlief ich auf etliche Wochen bey dem Kretſchmar Tril-

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/136>, abgerufen am 24.11.2024.